MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition)
heißen, Weib?«, fuhr er die Hexe an. »Sprich deutlich, wenn du was zu sagen hast!«
Orsana öffnete den Mund, bekam aber zunächst kaum einen Ton heraus. »Der... der Tag ist nicht mehr fern, an dem Sinkkâlion über Euer Schicksal bestimmen wird«, stammelte sie schließlich.
»Was?« Mit weit aufgerissenen Augen starrte der Herrscher sie an. »Willst du damit andeuten, dass diese Legende wahr ist, die man sich unter den Alwen erzählt?«
»Das... das habe ich nicht gesagt, Herr«, erwiderte Orsana und duckte sich furchtsam, als erwarte sie Schläge. »Das Orakel besagt lediglich …«
»Nun, was denn?«, rief Rhogarr.
»Es besagt nur, dass das Königsschwert schon bald von entscheidender Bedeutung für Euch sein wird. Das Zeichen der Unsichtbaren kündet stets von großer Veränderung und einer Wende des Schicksals. Dass das Königsschwert Euch in Euren Träumen mit dem Tode bedroht hat, bedeutet keineswegs …«
»Ja?« Rhogarrs Hand schnellte nach vorne wie die Pranke eines Mähnenbären und krallte sich so heftig in die Schulter der alten Frau, dass die vor Schmerz das Gesicht verzog. »Jetzt sprich endlich!«
»Es bedeutet nicht, dass Ihr sterben werdet«, flüsterte Orsana. »Nur ein Narr glaubt, dass Träume wörtlich zu verstehen sind. Sie haben vielmehr eine tiefere Bedeut -«
»Verschon mich mit deinem Geschwätz!« Rhogarrs Stimme war jetzt noch lauter und drohender geworden. »Ich rate dir gut: Komm endlich zur Sache, wenn dir dein Leben lieb ist. Was bedeutet dieser verfluchte Traum?«
»Er besagt, dass Euer Leben nicht weiter in den gleichen Bahnen verlaufen wird wie bisher. Es wird sich schon bald entscheidend verändern. Auf welche Weise das geschieht …« Orsana musterte Rhogarr jetzt überraschend ruhig, als wäre das, was sie zu sagen hatte, ohnehin jenseits jeder Herrschermacht. »… das kann ich nicht entschlüsseln - leider!«
»Aber...« Rhogarr kniff lauernd seine Augen zusammen. »Du hast einen Verdacht, nicht wahr?«
»Ihr habt recht, Herr. Falls die alte Legende der Wahrheit entspricht, dann ist der Tag nahe, an dem die zwei sich finden werden. Dann wird das Tor des Feuers sich wieder öffnen und das Königsschwert freigeben, damit König Nelwyns rechtmäßiger Nachfolger Sinkkâlion aus dem Schicksalsstein ziehen und Anspruch auf den Thron von Helmenkroon erheben kann. Und dann...« Die Alte brach ab und schien wieder zutiefst in sich versunken.
»Bei allen Dämonen der Hölle!«, fluchte der Herrscher. »Was wird dann geschehen?«
Orsana wiegte den Kopf. »Ich weiß es nicht, Herr, ich weiß es wirklich nicht.«
»Verflucht!« Mit wutverzerrter Miene sprang Rhogarr auf und verpasste dem Schemel neben seinem Thronsessel einen Tritt, sodass der quer durch den Thronsaal schepperte. »Und was geschieht, wenn die Legende nichts als ein dummer Aberglaube ist?«
»Auch dann wird Sinkkâlion schon bald über Euer weiteres Schicksal entscheiden, Herr.« Orsana verneigte sich. »Entweder werdet Ihr selbst es in Euren Besitz bringen …«
»Das will ich doch hoffen, verflucht noch mal!«, brüllte der Tyrann.
»...oder ein anderer«, fuhr die Hexe fort, als habe sie den Einwurf überhört. »Dann wird sich entscheiden, wer fortan die Geschicke des Nivlandes bestimmt: Ihr selbst, Rhogarr von Khelm, oder ein neuer Herrscher, den im Moment noch niemand kennt.«
Wieder kniff Rhogarr seine Augen zusammen. »Das Letzte, was ich von dir jetzt noch wissen will, ist, welche dieser Möglichkeiten zutrifft. Wem wird es gelingen, Sinkkâlion zu erringen?«
»Es tut mir leid, mein Herr, aber Euch das zu sagen, übersteigt meine Kräfte. Die Einzige, die Euch bei dieser Frage weiterhelfen kann, ist die Schwarzmagierin Sâga.«
»Sâga? Bei allen Dämonen!« Jede Farbe war aus Rhogarrs Gesicht gewichen. Er starrte für einen Moment wie abwesend vor sich hin. Dann nickte er. »Nun denn, so sei es. Mir bleibt wohl keine andere Wahl. Auch wenn Sâgas Kräfte so groß sind, dass ich sie niemals wieder in meiner Burg sehen wollte«, murmelte er vor sich hin und wandte sich schließlich an den Herzog. »Hör zu!« Sein Zeigefinger schnellte nach vorne und bohrte sich in Dhragos Brust. »Lass diesem Dämonenweib eine Botschaft zukommen, dass ich schnellstens mit ihr reden möchte.«
»Aber... Herr.« Das Gesicht des Herzogs erbleichte, sodass seine rote Narbe noch deutlicher hervortrat. »Wie stellt Ihr Euch das
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