MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition)
zeigte.
Sein Gesicht!
Nalik Noski schaltete den Ton ein. Die Meldung, die der Nachrichtensprecher verlas, war so entsetzlich, dass sie ihn mit der Wucht eines Keulenhiebes traf und ihn um ein Haar von den Beinen gerissen hätte. Nalik begriff sofort, was die Nachricht bedeutete: Sie drohte mit einem Schlag alles zunichtezumachen!
All das, worauf er die ganze Zeit über hart und zielstrebig hingearbeitet hatte!
Aber was noch viel schlimmer war: Von nun an waren ihm die Hände gebunden. Er selbst würde kaum mehr eingreifen können und musste hilflos mit ansehen, wie sich die Dinge entwickelten.
Ein Laut, ähnlich dem Schrei eines Tieres, löste sich tief aus seiner Kehle. Er ließ den Rucksack fallen, sank kraftlos auf die Couch und schlug die Hände vors Gesicht.
Rieke trat mit Macht auf die Bremse. Während das Heck leicht ausbrach, schlitterte der Wagen mit laut quietschenden Reifen über den feuchten Asphalt.
In diesem Augenblick teilten sich die Zweige der dichten Haselnusshecke am rechten Straßenrand, und ein Mädchen mit einer roten Basecap auf den hellen blonden Haaren sprang, ohne nach links oder rechts zu blicken, auf die Fahrbahn. Erst nach drei Schritten bemerkte es das Auto, blieb wie angewurzelt stehen und starrte mit großen Augen auf den Golf - wie ein Kaninchen auf die Schlange. Der Wagen schien unaufhaltsam näher zu rutschen und kam erst im allerletzten Augenblick zum Stehen. Die Stoßstange berührte bereits die Hosenbeine des Mädchens!
»Oh, nein!«, schrie Rieke fassungslos und erleichtert zugleich. »Das kann ja wohl nicht wahr sein! Hat die Tomaten auf den Augen?« Hastig öffnete sie die Fahrertür, sprang aus dem Auto und eilte auf das Mädchen zu, das ungefähr in Nikos Alter sein musste. »Bist du in Ordnung?«, fragte Rieke besorgt. »Du hast dir doch nicht wehgetan, oder?«
»Nein«, flüsterte das Mädchen erschrocken und schüttelte den Kopf. Ihr schulterlanges blondes Haar flog wie ein Schleier aus heller Seide von einer Seite zur anderen. »Es... es ist alles okay. Tut mir leid, dass ich nicht aufgepasst habe, aber …« Das Mädchen brach ab und blickte ruckartig zur Seite. Angst stand in ihren tiefblauen Augen, während sie auf die dichte Haselnusshecke starrte, als lauere dort eine Gefahr.
Jedenfalls hatte Niko diesen Eindruck. Plötzlich war ihm, als würde er das Entsetzen des Mädchens am eigenen Leib spüren. Überrascht blickte er auf die Hecke am Straßenrand - und zuckte noch im gleichen Moment zurück. Einen Herzschlag lang geisterte das Bild des Monsters, das er am Vortag vor dem Antiquariat zu sehen geglaubt hatte, durch seinen Kopf! Das Ungeheuer mit den blutroten Augen, der gekrümmten Nase und den Hörnern auf der Stirn. Niko stieß einen jähen Schreckenslaut aus, aber da war alles schon wieder vorbei.
Hatte er sich die Monsterfratze nur eingebildet? Schon wieder? Oder war dieses Ungeheuer der Grund für die Furcht des Mädchens? War sie vielleicht vor ihm geflüchtet? Ihr verschwitztes T-Shirt, das sie unter einer blauen Jeans-Latzhose trug, ließ jedenfalls vermuten, dass sie wie irre gerannt sein musste.
Während Niko noch grübelte, drangen die Worte seiner Mutter wieder an sein Ohr, die sich noch immer mit dem Mädchen unterhielt. »Kann ich dir irgendwie helfen?«, fragte Rieke.
»Nein, nein!« Erneut schüttelte das Mädchen den Kopf. »Wie gesagt - es … es ist alles okay!« Obwohl ihre Miene das Gegenteil ausdrückte, wandte sie sich abrupt ab und hastete davon. Nur Augenblicke später war sie in dem schmalen Streifen Wald verschwunden, der sich auf der anderen Seite der Landstraße quer durch die Talwiese zog.
Kopfschüttelnd setzte Rieke sich wieder hinter das Lenkrad. »Wie unvorsichtig von ihr, einfach blindlings auf die Fahrbahn zu rennen! Dabei muss sie uns doch schon von Weitem gehört haben - bei dem Krach, den die alte Karre macht.« Noch einmal schüttelte sie den Kopf. »Wenn du mich nicht rechtzeitig gewarnt hä -« Mitten im Wort brach die Mutter ab und schaute Niko stirnrunzelnd an. »Woher wusstest du eigentlich, was passieren würde? Die Kleine war doch noch gar nicht zu sehen, als du geschrien hast, ich solle bremsen?«
Was?, fragte sich Niko. Warum erzählte seine Mutter so einen Unsinn? Er hatte sie doch erst gewarnt, als er das Mädchen bemerkt hatte - und ganz bestimmt nicht vorher. Das machte doch überhaupt keinen Sinn! Es gab nur eine Erklärung: Rieke
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