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MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition)

MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition)

Titel: MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freund
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Flüssigkeiten in allen Farben enthielten, getrocknete, gemahlene und zerstoßene Kräuter sowie Mixturen aller Art. Auch große Glasgefäße waren darunter, in denen sich allerlei totes Getier befand: Schlangen, Skorpione, Kröten, riesige Spinnen, Tausendfüßler, haarige Würmer.
     
    Etwas abseits davon, in einer nischenhaften Ausbuchtung der Höhlenwand, stand ein kleiner altarähnlicher Tisch - und darauf ruhte das abgeschlagene Haupt eines greisen Mannes, das erstaunlich lebendig wirkte. Die langen Haare waren schlohweiß und die Augen geschlossen. Seine Wangen aber waren verblüffend rosig und die Lippen von einem frischen Rot, sodass es so aussah, als sei er in Wahrheit noch am Leben und schliefe nur.
     
    Schemenhafte Flügelwesen geisterten durch die von Rauchschwaden durchwölkte Höhle: große Vampirfledermäuse, deren Schnauzen vom Blut der Beutetiere befleckt waren, von denen sie sich ernährten. Um einen der Stützbalken, die sich in luftiger Höhe quer durch die Höhle zogen, ringelte sich eine Schlange.
     
    In der Nähe des Feuers an einem Tisch saß eine Frau mit pechschwarzen Haaren, die ihr wirr vom Kopf standen. In ein enges Kleid aus rotschwarzer Schlangenhaut gehüllt, war sie in ein großes Buch vertieft, das aufgeschlagen vor ihr lag. Während sie darin las, murmelte sie ohne Unterlass kaum hörbare Worte vor sich hin. Ihre Reptilienaugen - die Hornhaut flammend rot und die Iris rund um die tiefschwarzen Schlitzpupillen phoshorgelb gezeichnet - glühten wie im Fieber. Der Zeigefinger ihrer rechten krallenartigen Hand, an dem ein großer goldener Ring steckte, unterstrich dabei Zeile für Zeile. Ihre Linke dagegen ruhte reglos auf dem Tisch. Eine Spinne, schwarz behaart und beinahe krebsgroß, hatte es sich darauf bequem gemacht, was die Frau jedoch nicht im Geringsten zu stören schien.
     
    Dicht an der vorderen Tischkante stand ein dreibeiniger, reich mit Symbolen verzierter kleiner Silberkessel, vielleicht fußbreit im Durchmesser und ebenso hoch. Das seltsame Gefäß war mit einer Flüssigkeit gefüllt, die an schwarze Tinte erinnerte. Mit einem Mal und ohne erkennbaren Grund begann die Tinktur zu blubbern, leise und kaum vernehmlich, wurde dann lauter und lauter, bis sie schließlich deutlich hörbar brodelte.
     
    Mit einem jähen Ruck löste die Frau den Blick vom Buch und starrte mit flammenden Augen auf den Silberkessel. »Odhur!«, flüsterte sie. »Was hast du mir zu sagen, Odhur?«
     
    Eine dunkle Wolke stieg nun aus der brodelnden Tinte empor und formte einen Kegel von der Größe eines Menschenkopfes, der das Gefäß bald vollständig verhüllte und sich schneller und schneller um die eigene Achse drehte. Nun erst war zu erkennen, dass der rasende Wirbel keineswegs aus Dampf bestand, sondern aus einer Vielzahl winzig kleiner Partikel, die den Zeichen und Symbolen auf der Außenwand des Kessels glichen.
     
    Mit gespannter Erregung sprang die Frau auf. »Sprich zu mir, Odhur!«, rief sie. »Überbringe deiner Dienerin Sâga deine Botschaft!« Damit streckte Sâga die Krallenhand nach vorne und fächelte durch den dunklen Wirbel. Die Zeichenwolke fiel augenblicklich in sich zusammen und rieselte in das silberne Gefäß zurück, in dem die pechschwarze Tinte zu einer kristallklaren Flüssigkeit geworden war.
     
    Die Magierin beugte sich über den Kessel und blickte auf seinen Grund, auf dem nun wie in endloser Ferne, aber dennoch klar und deutlich erkennbar, eine saftig grüne Hochebene zu sehen war. Ein Reiter auf einem schwarzen Pferd preschte darüber hinweg und hielt geradewegs auf einen Jungen zu, der sich eben vom Boden aufrappelte und sich einen unscheinbaren blassblauen Umhang um die Schultern warf. Noch im gleichen Augenblick stieg Nebel auf, und als er sich wieder lichtete, war der Junge verschwunden.
     
    »Bei allen …«, hauchte die Frau ungläubig. »Es ist... ein Knabe! Aber wie nur … ist er in den Besitz deines Mantels gekommen?«
     
     
     
     
     
    N iko war fassungslos. Eben war er noch um sein Leben gerannt - und jetzt befand er sich urplötzlich wieder auf dem Dachboden von Opa Melchior, wie er zu seiner großen Erleichterung durch den sich rasch lichtenden Nebel erkennen konnte.
     
    In seinem Kopf drehte sich alles - Angst, Verwirrung, Erleichterung -, der Schwindel zwang ihn in die Knie und mit einem Mal war ihm alles wirklich zu viel. Niko stürzte auf den staubigen Boden. Er wurde verrückt - es konnte nicht anders sein! Hatte er sich nicht in den

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