MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition)
der doch noch gar nicht!«
»Herzinfarkt«, antwortete Melchior mit vielsagendem Blick. »Ich habe neulich seine Schwester auf dem Friedhof getroffen - Schorschs Grab liegt genau neben dem von Mutter -, und da hat sie es mir erzählt. Aber das war auch schon alles. Als ich sie nämlich gefragt habe, was Walter so getrieben hat, ist sie sofort gegangen, als wäre ihr das irgendwie peinlich gewesen.«
»Na ja.« Rieke nickte nachdenklich. »Ein komischer Kauz war er schon.« Während sie krachend in ihren Apfel biss, fragte Niko etwas, was er eigentlich schon als Kind hatte wissen wollen: »Warum heißt der Hof eigentlich Pfortnerhof?«
»Ah, das ist eine interessante Geschichte.« Opa Melchior legte die Stirn in Falten und zog wieder an seiner Pfeife. »In früheren Zeiten, vor ein paar hundert Jahren, hat man gemunkelt, dass es irgendwo auf dem Hofgelände eine geheime Pforte gäbe, durch die man in eine fremde Welt gelangen kann - und so ist der Name Pfortnerhof entstanden.«
»Aber das sind doch alles nur Märchen, Papa«, wandte Rieke ein. »Erzähl dem Jungen doch nicht immer so einen Quatsch!«
»Entschuldigung!« Während eine Qualmwolke aus seiner Pfeife aufstieg, hob Melchior wie zur Abwehr die Hände. »Ich habe doch gar nicht behauptet, dass das stimmt. Ich habe Niko nur erklärt, wie der Name entstanden ist.«
»Genau«, pflichtete Niko dem Opa bei und blickte die Mutter genervt an. »Als ob ich nicht selbst wüsste, dass es so was überhaupt nicht gibt. Du hältst mich wohl immer noch für ein Baby, was?« Aber da fiel ihm sein seltsames Erlebnis auf dem Dachboden wieder ein, und er war sich mit einem Mal gar nicht mehr so sicher, was es wirklich gab und was nicht. Um den verstörenden Gedanken zu verscheuchen, wandte Niko sich wieder an den Opa. »Warum haben die Andersens ausgerechnet diesen alten Schuppen gekauft?« Er konnte sich überhaupt nicht vorstellen, dass jemand nach Oberöderkaff zog, und noch dazu freiwillig!
»Woher soll ich das wissen?« Melchior zuckte mit den Schultern. »Seit sie hier wohnen, habe ich höchstens zwei- oder dreimal mit ihnen gesprochen. Oder besser gesagt: nicht mit ihnen, mit Jessies Mutter. Sie heißt Lena. Ihren Vater dagegen habe ich noch überhaupt nicht zu Gesicht bekommen. Ich weiß nur, dass er Thomas heißt und Bücher schreibt.«
»Echt?« Niko schaute den Opa gespannt an. »Und welche?«
»Oh, das weiß ich nicht so genau. Ich glaube, Fantasy-Bücher oder so was Ähnliches.«
»Cool«, sagte Niko beeindruckt.
»Ich weiß ja nicht.« Melchior wiegte den Kopf hin und her. »Jessie scheint das anders zu sehen. Sie sagt, wenn er längere Zeit an einem Manuskripts sitzt, wie gerade jetzt wieder, lebt er nur noch in seiner Fantasiewelt und hat für nichts anderes mehr Zeit. Weder für ihre Mutter noch für sie.«
»Na, ja«, entfuhr es Niko, bevor er so richtig darüber nachdenken konnte. »Wenigstens hat Jessie einen Vater.« Als er das betroffene Gesicht seiner Mutter sah, fügte er rasch hinzu: »Sorry, Mama! Das war nicht als Vorwurf gemeint.«
»Weiß ich doch«, antwortete Rieke betont gleichgültig. Aber ihr Lächeln war doch eine Spur zu bemüht.
Niko wechselte rasch das Thema und wandte sich wieder an den Opa: »Und woher kennst du dann Jessie?«
»Ganz einfach: weil sie fast jeden Tag vorbeikommt, um meine Pferde zu reiten«, erklärte der Opa. »Wofür ich ihr ausgesprochen dankbar bin. Pferde brauchen ausreichend Bewegung, sonst verkümmern sie. Und Jessie macht ihre Sache richtig gut. Ich glaube, ihr beide werdet euch gut verstehen.«
»Verstehen?«, fragte Niko verwundert. »Warum das denn?«
»Na …« Der Opa schmunzelte. »Wenn ich mich recht entsinne, bist du früher mit großer Begeisterung geritten, auch wenn das schon ein paar Jährchen her ist.«
Niko schwante nichts Gutes. »Ja, und?«
»Deshalb habe ich mir gedacht, dass du vielleicht Lust haben könntest, es wieder mal zu probieren. Damit die Zeit schneller vergeht und es dir hier nicht so ›krass‹...«, bei diesem Wort grinste Melchior verschmitzt, »… langweilig wird.«
Vielleicht gar keine blöde Idee, überlegte Niko. Und trotzdem … »Aber was hat das mit dieser Jessie zu tun?«
»Ich nehme an, dass du etwas aus der Übung gekommen bist und jemanden brauchen könntest, der dir ein paar Tipps gibt und ein bisschen auf die Sprünge hilft. Jessie ist eine ganz ausgezeichnete
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