MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition)
erneut ein magisches, leicht flackerndes Licht aus!
Niko hielt für einen Moment den Atem an. Dann streckte er die Hand aus und nahm den Umhang vom Bügel. Obwohl er fast bis zum Boden reichte, war er so leicht, als hätte er nicht das geringste Gewicht. Niko wunderte sich noch darüber, als er auch schon das Zeichen erblickte, das knapp über dem Kapuzenrand eingestickt war: Es war die Mannaz-Rune! Sie war es, die den geheimnisvollen Lichtschein aussendete, den er vom Eingang des Speichers aus wahrgenommen hatte - auch wenn das eigentlich völlig unmöglich war: Seit wann konnten Stickereien denn leuchten?
Was unmittelbar darauf geschah, machte Niko vollends fassungslos: Wie zur Antwort leuchtete nämlich auch die Dagaz-Rune auf, die auf seinem Medaillon eingraviert war. Fast schien es, als hätten die beiden Zeichen sich gesucht und gefunden.
Ohne weiteres Nachdenken legte Niko sich den Umhang um die Schultern. Augenblicklich durchströmte ein Gefühl prickelnder Wärme seinen gesamten Körper, vom Scheitel bis zu den Fußsohlen, und noch im selben Moment stieg eine Wolke aus weißem Nebel um ihn auf, wurde größer und größer, bis sie ihn schließlich zur Gänze umhüllte und ihm jegliche Sicht nahm. Trotz des unheimlichen Geschehens verspürte Niko keinerlei Furcht. Im Gegenteil: Er konnte kaum mehr erwarten, was nun geschehen würde - aber da lichtete sich der Nebel schon genauso schnell, wie er aufgestiegen war. Die grauen Schlieren lösten sich auf wie Schatten im Licht. Als Niko sich umblickte, wollte er seinen Augen nicht trauen. Er befand sich nicht mehr auf dem Speicher.
Niko Niklas war in einer völlig fremden Welt.
KAPITEL 8
MYSTERIA
S taunend sah Niko sich um. Eine so wilde und urwüchsige Landschaft hatte er noch nie zuvor gesehen. Höchstens in den Fantasy-Filmen, die Hollywood in den letzten Jahren mit riesigem Aufwand produziert hatte. Aber diese fantastischen Gegenden waren ja meistens nicht real, sondern wurden für Unmengen von Geldern im Computer geschaffen oder zumindest stark bearbeitet und verändert. Was Niko nun aber mit eigenen Augen erblickte, war zweifelsohne echt. Weit und breit war keine Ansiedlung zu sehen, keine Stadt und auch kein Dorf, ja noch nicht einmal die kleinste Andeutung eines Gebäudes. Niko stand auf einer einsamen weitläufigen Hochebene, die in nördlicher Richtung - dem Stand der Sonne nach zu urteilen - von einer schroffen Hügelkette begrenzt wurde. Eine fast paradiesische Stille lag über dem Land. Nur das fröhliche Zwitschern von Vögeln, das Summen und Brummen von Insekten waren zu hören und auch das Rauschen des Windes, der durch das üppig wuchernde Grün strich, das Niko auf allen Seiten umgab: kniehohes, von farbenprächtigen Wildblumen und blühenden Kräutern durchsetztes Steppengras, aus dem einzelne Bäume und Baumgruppen aufragten. Rechts von Niko erstreckte sich ein dichter Laubwald aus Eichen, Buchen, Ahorn und Birken.
Als der Junge jedoch näher hinsah, wurde ihm klar, dass er nur gedacht hatte, die Baumarten zu kennen. In Wirklichkeit musste es sich doch um andere Laubbäume handeln, die den ihm bekannten nur verblüffend ähnlich sahen.
Zu seiner Linken, kaum zwanzig Schritte entfernt, stand eine dichte, scheinbar undurchdringliche Hecke aus übermannshohen Sträuchern und Büschen, die sich über viele hundert Meter dahinzuziehen schien.
Mit einem Mal fühlte Niko ein ungewohntes Gewicht an seinem Hals. Verwundert senkte er den Blick und erkannte, dass der unscheinbare Anhänger an seiner Kette in einem strahlenden Goldton leuchtete. Gleichzeitig schien er schwerer geworden zu sein, sehr viel schwerer sogar. Wie war das zu erklären? Doch Niko kam nicht dazu, länger darüber nachzusinnen. Urplötzlich hörte er nämlich einen Schrei - und dann neue Geräusche: hastende Schritte und das dumpfe Trommeln von Pferdehufen. Überrascht drehte Niko sich um und erblickte ein Mädchen, das hinter den vor ihm aufragenden Hügelkuppen zum Vorschein kam und auf bloßen Füßen wie ein gehetztes Tier auf ihn zurannte. Es sah aus, als käme es direkt aus dem Wasser, denn es war klatschnass von Kopf bis Fuß, und das schlichte Kleid klebte wie eine zweite Haut an seinem schlanken Leib.
Dann sprengten Pferde über die Hügel: zwei riesige Streitrosse mit pechschwarzem Fell, die mit einem Abstand von gut drei Pferdelängen eins nach dem anderen heranstürmten. Auf ihren Rücken saßen finstere Recken in
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