Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mysterium

Mysterium

Titel: Mysterium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
Vom Netzwerk:
sinnvollsten, wenigstens in den nächsten paar Wochen. Dann können wir sehen, wie wir weiter vorgehen.«
    »Wären wir daran beteiligt?«, fragte Tom, »oder würden Sie allein mit Julia sprechen?«
    »Sie können dabei sein, wenn Sie möchten. Und Sie sollten dabei sein, wenn Julia es wünscht, was bei den ersten ein oder zwei Sitzungen oft der Fall ist. Aber selbst ein so kleines Kind wie Julia muss manchmal Dinge sagen, von denen es vielleicht nicht weiß, wie es sie im Beisein seiner Eltern ausdrücken soll. Und es ist Teil der Arbeit des Therapeuten, diese Dinge vertraulich zu behandeln, wenn es angemessen erscheint. Ich gebe den Eltern stets einen Überblick, was bei der Behandlung abläuft, aber keinen detaillierten Bericht.«
    »Wie definieren Sie ›angemessen‹?«
    Hunt lehnte sich zurück. »Kommt darauf an. Wenn das Kind mich bittet, den Eltern nichts zu sagen, tue ich das in der Regel auch nicht. Jedenfalls nicht sofort, oder wenn es etwas von übergeordneter Bedeutung gibt, das mir keine andere Wahl lässt. Da gibt es keine starren, eindeutigen Regeln.«
    »Nehmen Sie die Sitzungen auf?«, fragte Tom.
    »Das kommt auf den Fall an. Manchmal kann es hilfreich sein, wenn ich mit dem Kind allein spreche, um das Band hinterher den Eltern vorzuspielen. So verfahre ich manchmal bei ganz jungen Patienten, aber bei älteren Kindern kann der Schuss nach hinten losgehen – Sie wissen schon, die Vertraulichkeit.«
    Tom und Clare sahen sich an. »Also gut«, wandte Tom sich schließlich an Hunt. »Was immer Sie für das Beste halten – wir machen mit.«

12
    Zwei Tage später hatte Julia die erste richtige Sitzung. Ihre Eltern waren zu dem Schluss gelangt, dass es ein wenig zu viel des Guten wäre, wenn sie beide mitkämen, und so war Clare beim ersten Mal dabei, Tom beim zweiten Mal. Die »Spieltherapie« erwies sich als genau das, wonach es sich anhörte. Sie fand in einem Zimmer statt, das bis auf Stühle, einen Tisch, einen weichen Teppich und haufenweise Kissen völlig leer war. An einer Wand gab es verschiedene Schubladen, von denen jede anderes Spielzeug enthielt. Jedes Kind, das hierher kam, hatte seine eigene Schublade, die zu Anfang einer Sitzung stets ausgeräumt und am Ende wieder eingeräumt wurde.
    Ein großer Teil der ersten Sitzung bestand darin, berichtete Clare später Tom, dass Julia die Spielsachen auswählte, die in ihre Schublade kommen sollten. Als Tom an der zweiten Sitzung teilnahm, hatte sie bereits Mommy-und-Daddy-Puppen für Clare und ihn selbst plus zwei weitere Puppen für ihre imaginären Eltern gewählt. Während die Puppen für die »wirklichen« Eltern, Clare und Tom, offensichtlich ein Paar waren und immer dicht beieinander blieben, waren die imaginären Eltern getrennt, und der Vater war lediglich eine Art Symbolfigur, die kaum eine Rolle spielte.
    Weder Tom noch Clare versuchten zu entschlüsseln, was das alles zu bedeuten hatte. Hunt erklärte ihnen, dass es selbst für ihn zu früh sei, sich irgendwelche klaren Vorstellungen zu machen. Allerdings war es für die Eltern offensichtlich, wie sehr Julia den liebenswerten Psychiater mochte und ihm vertraute. Clare war bei der dritten Sitzung noch einmal dabei; danach gefiel Julia besser, wenn ihre Eltern sie allein ließen. Wer immer sie zur Sitzung in die Klinik fuhr, verbrachte ungefähr eine Stunde in einem gemütlichen Wartezimmer, las in einem Buch oder blätterte in einer Zeitschrift. Anschließend gab Hunt stets eine kurze Zusammenfassung des Sitzungsverlaufs.
    »Ich benutze eine ganz leichte Form der Hypnose«, erklärte er Tom im Anschluss an eine Sitzung ungefähr zwei Wochen nach Beginn der Therapie. »Das hört sich dramatischer an, als es ist. Kinder sind wegen ihrer Fantasie der Hypnose sehr zugänglich. Ich wende sie nur an, damit sie sich besser konzentrieren.«
    »Soll das heißen, Julia ist in Trance?«
    »Nein. Sie würden nicht einmal merken, dass sie hypnotisiert wurde. Sie bewegt sich ganz normal, mit offenen Augen. Vielleicht nehmen Sie nächstes Mal an der Sitzung teil und sehen es sich an.«
    Es war Clare, nicht Tom, die Hunts Vorschlag akzeptierte. Es sei nichts Großartiges geschehen, erzählte sie Tom hinterher; Hunt habe Julia lediglich gebeten, sich vorzustellen, auf einem fliegenden Teppich zu sitzen, der sie überall hinbringen würde. Dann gab es da einen Zauberhut, einen Zauberring und sogar einen Zauberhund, der ihr Geheimnisse verriet, die nur sie allein hören konnte.
    Es gab keinen Zweifel,

Weitere Kostenlose Bücher