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Mysterium

Mysterium

Titel: Mysterium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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sich für die Kneipe, die auch Jack Edwards’ bevorzugte Wahl war, wie Tom vermutete: Falls Edwards auch nur einen Augenblick geglaubt hatte, dass das Pfefferminz, das er lutschte, vor einem alten Hasen wie Tom den Alkoholgeruch seines Atems verbergen konnte, hatte er sich gründlich getäuscht. Es war keine Überraschung für Tom, als Edwards sich einen doppelten Wodka und zum Nachspülen ein Bier bestellte. Lewis entschied sich ebenfalls für ein Bier. Als Tom sein übliches Mineralwasser bestellte, bemerkte er ein beinahe feindseliges, wissendes Funkeln in Edwards’ Augen. Die beiden Männer waren einander noch nie begegnet, doch auf einer bestimmten Ebene kannten sie sich nur zu gut.
    »Okay«, sagte Edwards, »Murray hat mich darüber informiert, was Sie wollen. Sie verlangen eine Menge – ich hoffe, Sie wissen das. Aber Murray und ich haben uns im Lauf der Jahre gegenseitig schon so manchen Gefallen getan.«
    Er nahm einen Schluck Wodka und spülte mit Bier nach.
    »Wir sind Ihnen sehr dankbar, dass Sie sich Zeit für uns nehmen, Sergeant Edwards«, sagte Tom. »Ich weiß, dass Sie ein viel beschäftigter Mann sind. Wir möchten nur alles erfahren, was Sie über die Suche nach Melanie Hagan wissen.«
    Edwards zog ein Blatt aus seiner schäbigen Jacke und faltete es auseinander. »Okay«, sagte er, »hier ist ein Ausdruck von allem, was wir haben. Viel ist es nicht.«
    Seine Hände zitterten leicht, was er die meiste Zeit zu verbergen verstand, indem er sie ständig bewegte oder in die Taschen steckte. Es gab noch eine Möglichkeit, wie Tom aus Erfahrung wusste: sich an etwas festzuhalten, selbst an einem Bierglas. Papier jedoch war immer verräterisch, besonders, wenn man es lange genug halten musste, um zu lesen, was darauf stand – und genau diesen Fehler hatte Edwards gerade gemacht. Er konnte nicht viel älter als fünfzig sein, war mittelgroß, wurde allmählich kahl und besaß die wächserne Blässe eines Menschen, der nur noch durch schiere Willenskraft angetrieben wird und keine Ahnung hatte, dass sein Vorrat an Nervenstärke fast aufgebraucht war.
    »Wann genau hat man Sie informiert, dass das Mädchen gefunden wurde und wieder zu Hause ist?«, fragte Tom.
    »Da steht das Datum. Der Vierzehnte. Sechs Tage, nachdem sie als vermisst gemeldet wurde.«
    »Und wer hat Ihnen gesagt, dass sie wieder da ist?«
    »Darüber habe ich keine Aufzeichnung.«
    »Wer würde normalerweise eine solche Meldung machen?«
    »Die Familie natürlich. Oder wer das Mädchen sonst als vermisst gemeldet hat.«
    »Sergeant Edwards.« Lewis beugte sich vor und schaltete sich auf jene diskrete und diplomatische Weise in das Gespräch ein, die ihm eigen war. »Gibt es irgendeine routinemäßige Prozedur, um zu überprüfen, dass eine vermisste Person, besonders ein Kind, tatsächlich wieder zu Hause ist, wenn jemand dies meldet?«
    Edwards zuckte die Schultern. »Kommt darauf an. Kommt auf eine Menge Dinge an.«
    »Als da wären?«
    »Die Umstände. Wenn es irgendwelche verdächtigen Umstände gibt, zum Beispiel.«
    »Die es in diesem Fall nicht gab?«
    »Keine, die in den Bericht aufgenommen wurden.« Edwards klopfte mit den Knöcheln auf das Papier, das er auf den Tisch gelegt hatte. »Und keine, an die ich mich erinnern könnte. Das Mädchen nimmt einen Bus, fährt dann per Anhalter weiter, überquert nicht die Grenze des Bundesstaates und ist nicht in Begleitung einer Person, über die Nachteiliges bekannt ist. Wenn das Mädchen in diesem Fall wieder nach Hause fährt und die Familie eine Woche später meldet, dass sie wieder daheim ist, dann ist es das Ende der Geschichte.«
    »Hatten Sie selbst mit einem Familienangehörigen zu tun?«, fragte Tom.
    »Ja, mit dem Bruder.« Edwards sah wieder auf das Blatt. »Jim Sawyer.«
    »Der Schwager.«
    »Genau. Der Schwager. Das ist der einzige Name, der hier auftaucht.«
    »Erinnern Sie sich an den Mann?«
    Edwards setzte ein mattes Lächeln auf, das signalisierte, dass er es mit Leuten aus einer unteren Liga zu tun hatte, für die er besser nicht seine Zeit verschwenden sollte.
    »Nach zehn Jahren? Haben Sie eine Ahnung, wie viele Leute ich allein in einer Woche sehe? Geschweige denn in einem Jahr?«
    »Tut mir Leid«, sagte Tom. »Das war ein Schuss ins Blaue, ich weiß. Aber Sie wissen, dass das Mädchen den Bus nach Buffalo genommen hat und dann per Anhalter nach Rochester gefahren ist. Dann müssten Sie doch auch wissen, mit wem sie damals gefahren ist.«
    Edwards blickte wieder

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