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Mysterium

Mysterium

Titel: Mysterium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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und ihm zugleich Hoffnung gegeben – eine Kombination, die er nicht beschreiben konnte. Letztendlich hatte Hunt ihm keine andere Wahl gelassen, als zu schweigen. Tom schüttelte den Kopf und war dankbar, dass Clare ihn nicht weiter mit dieser Frage bedrängte.
    »Am besten, du gehst unter die Dusche«, schlug sie vor, »und ruhst dich aus. Ich bringe dir was zu essen.«
    Tom war erschöpft, und die Aussicht, in seinem bequemen Bett zu liegen und zu entspannen, war verlockend, auch wenn er nicht sicher war, ob er in seinem aufgekratzten Zustand überhaupt schlafen konnte.
    Zehn Minuten später stieg er aus der Dusche und trocknete sich ab. Durch die Tür zum Schlafzimmer sah er, wie Clare mit einem Tablett mit Sandwiches und einem ihrer Kräutertees hereinkam, die sie ihm stets aufdrängte.
    Er zog einen Bademantel über und ging ins Schlafzimmer. Clare bemerkte, wie in seinem Blick Misstrauen aufflackerte, als er an der klaren grünen Flüssigkeit schnupperte.
    »Der Tee hilft dir einzuschlafen.«
    »Ich will nicht schlafen.«
    Sie stellte das Tablett ab und schüttelte ein Kissen für ihn auf. Tom streckte sich aus und lehnte sich zurück. Clare setzte sich neben ihn.
    »Komm schon«, sagte sie. »Probier den Tee.«
    Gehorsam nahm er die Tasse und trank. Wie alle Kräutertees, die er kannte, schmeckte auch dieser merkwürdig, aber nicht unangenehm. Die Sandwiches waren mit Hühnchen und gegrilltem Paprika belegt, was er sehr gern mochte, wie Clare wusste. Erst als er in eines der Sandwiches biss, erkannte er, wie hungrig er war. Während er aß, streichelte Clare ihm mit den Fingerspitzen übers Gesicht.
    »Als du weg warst, habe ich über alles nachgedacht«, sagte sie. »Die ganze Nacht.«
    »Es tut mir Leid«, murmelte Tom mit belegter Stimme. »Ich hätte anrufen sollen. Ich habe versucht …«
    »Schon gut, Liebling. Red nicht mehr drüber. Ich wollte dir nur sagen, dass ich darüber nachgedacht habe … und ich kann mir unmöglich vorstellen, dass du jemandem etwas angetan hast oder antun würdest. Das ist unvorstellbar für mich.«
    Tom wollte ihr von dem Haus erzählen. Aber noch mehr wollte er glauben, dass Hunt Recht hatte und dass es am Ende eine andere Erklärung gab. »Ich weiß.« Mehr konnte er nicht sagen. Er blickte zu ihr hoch. »Ich liebe dich.«
    Clare legte die Arme um seine Schultern und bettete den Kopf an seiner Brust. »Ich liebe dich auch.«
    Wieder schwiegen sie. Plötzlich war Tom nicht mehr danach, die andere Hälfte seines Sandwiches zu essen. Vielleicht klammerte er sich an eine Hoffnung, die es gar nicht gab. Wenn das stimmte, konnte sich dieser Moment als der letzte gute Augenblick ihres gemeinsamen Lebens erweisen – seines und Clares.
    Und Julias.
    Und … ?
    Und dieses andere, körperlose Leben, das so bösartig Besitz von ihr ergriffen hatte? Ein Leben, das buchstäblich aus dem Grab gestiegen war, um ihre Zukunft zu zerstören? Seinetwegen? Wegen etwas, das er getan hatte? In einem – wenn auch nur im übertragenen Sinne – anderen Leben?
    »Wir schaffen das schon«, sagte Clare leise, und ihre Worte erschreckten ihn fast, weil sie wie eine Antwort auf seine Gedanken klangen. Aber er wusste, dass Clare ihm lediglich ihre Kraft anbot, ihren Glauben an ihn. Genug, um seinen eigenen Glauben zu stärken.
    »Ja, sicher«, murmelte er. »Natürlich schaffen wir das.«

42
    Er war eingeschlafen, ohne es zu merken. Als er aufwachte, sah er, dass die Vorhänge teilweise zugezogen waren. Das Licht des Spätnachmittags fiel ins Zimmer. Er lag jetzt richtig im Bett, nicht bloß darauf. Irgendwie hatte Clare ihm den Bademantel ausgezogen, ohne ihn zu wecken.
    Plötzlich spürte Tom, dass jemand in der Nähe war, und drehte sich abrupt um. In der Tür stand Julia und beobachtete ihn mit ernster Miene. Tom setzte sich auf und schreckte dabei vor dem furchtbaren Gefühl zurück, auf den Anblick seines eigenen Kindes mit Angst zu reagieren.
    Aber war dies sein Kind? Oder war es das andere, das zurückgekehrt war, um ihn zu verfolgen?
    »Entschuldigung, Daddy. Ich wollte dich nicht wecken.«
    Es war Julias Stimme. Tom wurde jetzt erst bewusst, dass er den Atem angehalten hatte. Er holte tief Luft und schluckte schwer.
    »Du hast mich nicht erschreckt. Komm her, mein Schatz.«
    »Mommy hat gesagt, ich soll nicht zu dir. Sie hat gesagt, du bist sehr müde.«
    »Das ist schon in Ordnung. Es geht mir gut.«
    Tom schob sich ein Stück zur Seite und machte Platz für sie. Julia hüpfte aufs Bett,

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