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Mysterium

Mysterium

Titel: Mysterium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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Bewusstsein verdrängt habe, woran ich mich aber im Traum erinnere. Das lässt sich kaum abstreiten, oder?«
    »Und was genau war es, woran Sie sich in diesem Traum erinnern?«
    »Sie wissen, wovon ich spreche«, sagte Tom, der ungeduldig wurde, weil er das Gefühl hatte, dass Hunt ihm ausweichen wollte. »Ich rede vom Mord an diesem Mädchen.«
    Eine weitere Pause. Hunt starrte auf seine Hände, die unter dem Lenkrad in seinem Schoß ruhten. »Fälle von Personen, die tun, wovon Sie reden – einen Menschen umbringen und dann alles vergessen –, sind extrem selten.« Er blickte Tom an und überzeugte sich davon, dass seine Worte Wirkung zeigten. »Ich würde gern erst eine andere Erklärung suchen, bevor ich etwas so Unwahrscheinliches akzeptiere.«
    »Aber es ist möglich, oder? Es hat solche Fälle gegeben.«
    »Das leugne ich nicht. Ich sage nur, dass solche Fälle äußerst selten sind.«
    Diesmal war es Tom, der schwieg, entmutigt und enttäuscht von Hunts Ablehnung, die Dinge auf seine Weise zu sehen – die einzig mögliche Art und Weise, wie schmerzvoll sie auch sein mochte. »Ich werde das Rätsel dieses Hauses lösen«, sagte er plötzlich. »Ich muss herausfinden, wem es gehört, und die Erlaubnis bekommen, den Keller aufzugraben.«
    »Niemand wird Ihnen das wegen eines Traumes erlauben, Tom.«
    Tom platzte der Kragen. »Es ist mehr als ein Traum!«, stieß er wütend hervor. »Das Haus gibt es wirklich. Es steht vor Ihnen. Sehen Sie hin!«
    Hunt blieb gelassen; seine Stimme war ruhig und von besänftigender Professionalität. »Ich sehe das Haus. Und ich stimme Ihnen zu, dass es große Ähnlichkeit mit dem Haus hat, das Sie beschrieben haben – aber ich habe nur Ihr Wort, dass es dasselbe Haus ist.«
    »Mein Gott! Das ist die Ecke, wo ich in der Nacht gefunden wurde, River Drive und Pike Way! Von diesem Haus habe ich geträumt … habe es in jener Nacht gesehen. Ich bin weggelaufen … geflüchtet vor dem, was ich getan habe, und wurde von einem Laster angefahren …«
    Hunt machte eine Geste, mit der er versuchte, an Vernunft und gesunden Menschenverstand zu appellieren. »Tom, hören Sie mir zu. In Ordnung, sagen wir, dass Sie das Haus in jener Nacht gesehen haben. Wahrscheinlich war es die schlimmste Nacht Ihres Lebens. Nicht weil Sie durchgedreht sind und jemanden getötet haben, sondern weil Sie sich beinahe selbst umgebracht haben. Als diese Nacht vorüber war, haben Sie sich zusammengerissen und wurden der Mann, der Sie in den letzten zehn Jahren gewesen sind. In der Nacht, als Sie dieses Haus gesehen haben, in dem Sumpf aus Suff und Drogen, war es vielleicht Ihr letzter Eindruck, bevor der Unfall geschah. Natürlich erinnern Sie sich daran. Es symbolisiert etwas, weil diese Nacht die Trennlinie zwischen Ihrem alten und Ihrem neuen Leben war. Denken Sie daran, was ich Ihnen gesagt habe: Ein Traum über einen Mord kann in Wirklichkeit Veränderung oder Wachstum symbolisieren. In Wirklichkeit haben Sie selbst sich in jener Nacht getötet. Sie haben Ihr altes Selbst umgebracht und ein neues Leben angefangen.«
    Tom schüttelte den Kopf Er wollte von Hunt keine Erklärungsversuche. Er brauchte jemanden, der seine Schuld bestätigte , der ihm einen erkennbaren Grund dafür lieferte, dass er sich so miserabel fühlte, wie es der Fall war. »Verdammte Scheiße! Sie wollen einfach nicht sehen, was vor Ihrer Nase ist!«
    Hunt ignorierte den Wutausbruch. »Tom, die offensichtlichste Erklärung – wenn überhaupt – ist selten die richtige. Versuchen Sie, das nicht zu vergessen, Clare und Ihnen selbst zuliebe. Und Julia zuliebe.«

41
    Den größten Teil des Weges legten sie schweigend zurück. Als sie in die Straße einbogen, in der Tom wohnte, fuhr Hunt vor dem Haus an den Bordstein und stellte den Motor ab. Tom wollte die Tür öffnen, doch Hunt legte ihm die Hand auf den Arm und hielt ihn zurück.
    »Tom, nur eines noch, bevor Sie hineingehen.« Als hätte er längere Zeit darüber nachgedacht, fuhr er nach kurzer Pause fort: »Ich halte es für wichtig, dass Sie vorläufig niemandem von der Sache erzählen.«
    Tom blickte Hunt an. »Sie meinen, ich soll Schenk nichts davon sagen? Oder Oliver Lewis?«
    »Keinem«, wiederholte Hunt mit Nachdruck.
    »Nicht einmal Clare?« In Toms Stimme lag Verwunderung.
    »Nicht einmal Clare. Das halte ich für besser. Vorerst jedenfalls.«
    »Wieso?«
    »Aus all den Gründen, über die wir geredet haben. Warum sollten Sie Clare wegen etwas Angst machen, von dem Sie

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