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Mystic City Bd 1 - Das gefangene Herz

Mystic City Bd 1 - Das gefangene Herz

Titel: Mystic City Bd 1 - Das gefangene Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Lawrence
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wahrscheinlich hat er ewig vor dem Spiegel gestanden, um es genauso hinzukriegen. Irgendwie rührt es mich, dass er Bennie immer noch beeindrucken will, obwohl sie schon so lange zusammen sind.
    »Du hast Davida losgeschickt?«, fragt er. »Das glaube ich nicht. Das wäre ja, als würde Kiki sich ein Kleid aus dem Sonderangebot kaufen.«
    »Ist mir egal, ob du mir glaubst oder nicht«, erwidere ich. »Lass mich durch.«
    Er rührt sich nicht. »Du hast Davida noch nie um etwas gebeten. Selbst Magdalena beanspruchst du kaum. Warum jetzt?«
    »Ich habe sie schon oft um etwas gebeten.«
    »Nein«, sagt er. »Hast du nicht. Wo ist sie wirklich?«
    »Wie ich schon zu Mom gesagt habe: Sie bringt mein Armband zur Reparatur.«
    Kyle tritt näher an mich heran. »Welches Armband denn?«
    Weil ich nicht sofort antworte, flüstert er: »Erwischt.« Dann lässt er mich endlich durch. Und ich eile hinauf, ohne mich umzusehen.
    Als Kyles Schritte auf dem Flur verklungen sind, schleiche ich hinüber zum Dienstbotenflügel auf der anderen Seite des Stockwerks.
    Ich war seit Jahren nicht mehr in Davidas Zimmer, aber ihre Ordentlichkeit überrascht mich nicht. Der Raum ist schlicht: leere, weiße Wände, ein grauer Teppich, ein schmales Bett und eine hohe Kommode. Ein kleiner Wandschrank und ein Fenster zum Hudson. Nur die bestickten Vorhänge zeigen eine persön-liche Note. Ich betrachte sie genauer: ein Muster aus Monden und Planeten in Rot und Blau und silbernen Sternen.
    Wo würde Davida so etwas Privates wie ein Tagebuch aufbewahren? Ich durchsuche den Kleiderschrank, finde dort aber nur mehrere Arbeitsuniformen und ein paar langweilige Oberteile für freie Tage.
    Bisher habe ich Davida immer vertraut. Nun aber bin ich misstrauisch: Erst der Schmutz an ihren Handschuhen, der nur aus der Tiefe stammen kann, und jetzt schleicht sie sich auch noch mitten in der Nacht fort. Was verheimlicht sie mir?
    Ich taste unter ihrem Bett herum und stoße mit dem Daumen an die scharfe Kante eines Metallkastens. Ich packe ihn an beiden Seiten und ziehe ihn hervor. Er ist groß genug für ein Gewehr, so eins, wie es mein Vater in der Vitrine der Bibliothek aufbewahrt. Ich öffne die beiden Verschlüsse und hebe den Deckel an.
    Drinnen finde ich einige der Geburtstagsgeschenke, die Davida im Laufe der Jahre von mir bekommen hat: einen AmuseMe mit ihren Lieblingssongs, winzige Porzellanpüppchen mit fein gearbeiteten Gesichtern, Ringe und Ketten, ein Lesegerät, das einige meiner Lieblingsbücher enthält.
    Und Handschuhe. Dutzende von Handschuhen, alle schwarz. Ordentlich gefaltet und paarweise gestapelt. Sie sehen ungetragen aus, makellos gebügelt.
    Ich nehme ein Paar und betrachte es: Es wird von einer winzigen Metallklammer zusammengehalten, die ich löse. Die Handschuhe fühlen sich unerwartet fest an, so als könnte man eine Messerklinge über den Stoff ziehen, ohne ihn zu durchschneiden. An den Fingerspitzen haben sie auf den ersten Blick kaum sichtbare, runde Kringel.
    Ich schlüpfe in einen der Handschuhe hinein, er passt perfekt. Ich bewege meine Hand, die Kringel an den Fingerspitzen erwärmen sich schnell und lassen meinen Körper glühen. Erstaunt betrachte ich meine Hand. Was ist das?
    Rasch streife ich den Handschuh ab und befestige ihn wieder an seinem Gegenstück. Ich lasse ein Paar mitgehen. Bei diesen Unmengen an Handschuhen wird Davida kaum merken, dass zwei fehlen.
    Schließlich räume ich alles wieder zusammen, wie ich es vorgefunden habe, und gehe.
    Zurück in meinem Zimmer, verstaue ich die Handschuhe und mein Täschchen in der hintersten Ecke meines Kleiderschranks.
    Nach einem heißen Bad schlüpfe ich in ein altes Flanellnachthemd und mache das Licht aus. Dann drücke ich auf den Vorhangöffner und sehe zu, wie immer mehr Fenster erhellt werden und sich die nächtliche Stadt vor mir entfaltet. Die mystischen Türme leuchten abwechselnd weiß, gelb und grün. Vielleicht hilft mir das pulsierende Spektakel dabei, müde zu werden. Schließlich klettere ich ins Bett, schließe die Augen und warte auf den Schlaf.
    »Komm«, sagt er und nimmt meine Hand. Der Mond scheint und wir flüchten vor dem Lärm am Hauptkanal in eine schmale Straße, auf der wir gerade so nebeneinander gehen können.
    Die Häuser spiegeln sich im Wasser. Wir rennen über eine Brücke. Er ist vor mir, sein Haar flattert im Wind.
    »Warte!«
    »Keine Zeit! Sie sind hinter uns.«
    Er dreht sich zu mir um. Aber nicht Thomas’ Gesicht erscheint vor mir,

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