Mystic City Bd 1 - Das gefangene Herz
Glück habe ich Davidas Handschuhe.
Aber ich habe mich zu früh gefreut: Auf der anderen Seite der Station fährt schon wieder ein Wagen mit Franklin und Montgomery ein. Franklin rennt auf mich zu, mit einer Miene, als wollte er mir den Hals umdrehen. Ich schlage auf den Türschließer und fahre nach Downtown. Die Hände balle ich zu Fäusten, damit das Zittern aufhört.
An der nächsten Station springe ich erneut aus dem Wagen, haste über den Bahnsteig und lege meine Hand auf einen weiteren Scanner. Diesmal heiße ich Gustav Larsson. Mein neuer Wagen gleitet leise nach Uptown davon, während aus der anderen Richtung die nächste Leichtbahn einfährt. Ob die Männer meines Vaters darin sitzen, kann ich nicht erkennen.
An der Canal Street wechsele ich nochmals den Wagen, diesmal als Terri-Lynn Postlewaite. Sobald ich sitze, ducke ich mich, bis sich der Wagen in Bewegung setzt. Hoffentlich fällt ihnen nicht auf, dass ein scheinbar leerer Wagen zum Battery Park fährt. Vielleicht glauben sie, dass ich von der Leichtbahn zu einem AP gewechselt habe. Aber möglicherweise sind sie auch einfach zu erschöpft für eine weitere Verfolgungsjagd, genau wie ich.
Schließlich erreiche ich Battery Park. Mein Wagen ist momentan der einzige, der sich in der Station befindet. Nachdem die Türen aufgegangen sind, sage ich: »Union Square!«, und springe hinaus. Dann renne ich in Richtung Treppe. Als ich sie fast erreicht habe, höre ich das schrille Pfeifen eines einfahrenden Wagens.
Voller Verzweiflung werfe ich mich auf den Bauch und robbe den Kopf voran ins Treppenhaus, als noch ein Wagen einfährt und mit einem dumpfen Geräusch die stehende Luft verdrängt.
Vielleicht suchen sie ja nur oben nach mir. Hinter den Trick mit den Handschuhen sind sie sicher schon gekommen. So langsam wie nötig, um keinen Lärm zu machen, und so schnell wie möglich, um außer Sichtweite des Bahnsteigs zu kommen, laufe ich die Treppe herunter.
Ich höre ein schrilles Trillern, als der Wagen, in dem ich gekommen bin, beschleunigt. Dröhnend gleitet er in Richtung Uptown davon. Die donnernden Schritte von zwei Personen hallen über den Bahnsteig, und jemand ruft: »Dieses verfluchte Gör!« Wagentüren öffnen sich zischend, Motoren drehen höher, und mit einem Knall beschleunigt der Wagen in Richtung Union Square.
Vor Erleichterung seufze ich. Am liebsten würde ich mich auf die Stufen setzen und ein paar Takte verschnaufen, doch das kann ich nicht riskieren: Falls Franklin und Montgomery merken, dass ich sie abgehängt habe, könnten sie die Spur zurückverfolgen. Ich muss nach Hause. Schnell. Hunter muss warten.
Dort angekommen, reiße ich mir sofort die Kleider vom Leib und springe unter die kalte Dusche. Ich schrubbe meine Haut, bis sie rot wird. Fest umklammere ich das Medaillon. Wenn ich doch seine Kräfte kennen würde! Und wie nur soll ich Hunter aufspüren?
Ich trockne mich ab, schlüpfe in meinen weißen Frotteebademantel und wickele meine Haare in ein Handtuch.
In diesem Augenblick platzt mein Vater herein.
Er trägt noch Smoking. Eigentlich ist die Oper erst in einer Stunde vorbei, ich habe ihn und meine Mutter nicht vor Mitternacht erwartet. Sein Haar ist glatt nach hinten gekämmt, sein Kinn sauber rasiert und er sieht unglaublich gut aus. Aber sein Gesicht ist zornentflammt.
Ihm folgt ein total verschwitzter Franklin. Schnaufend zeigt er auf mich. »Sie hat uns durch die ganze Stadt gehetzt! Ständig hat sie die Richtung geändert. Und nirgendwo wurde ihr Name angezeigt. Wir haben keine Ahnung, wie sie das angestellt hat. Sie muss irgendeine Form von … von Magie angewandt haben.«
Jetzt folgt eine maßlos übertriebene Version der Ereignisse: Angeblich bin ich in ein Dutzend verschiedene Wagen gestiegen, kreuz und quer durch die ganze Stadt gefahren und habe mich obendrein auch noch in Gefahr gebracht, weil ich über die Brücken der Bahnsteige gerannt bin. Ich muss unwillkürlich grinsen und das treibt meinen Vater erst recht zur Weißglut.
»Da lässt man dir ein bisschen Freiheit und schon fängst du an, alberne Spielchen zu spielen!«, sagt er.
»Spielchen?« Meine plötzlich aufkeimende Wut überrascht mich selbst. » Du bist doch hier derjenige, der Spielchen spielt!«
Mein Vater versetzt mir eine schallende Ohrfeige. Meine Wange brennt, aber die Demütigung ist schlimmer als jeder körperliche Schmerz.
»Los, raus damit! Sag mir, wohin du wolltest! Besitzt du irgendwelche mystischen Gegenstände?«
Mein Mund
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