Mystic City Bd 1 - Das gefangene Herz
Eigenleben.
Misstrauisch betrachtet er es. »Warum hast du es mir nicht früher gezeigt?«
»Ich wollte es niemandem zeigen, bis ich weiß, wie man es öffnet«, sage ich. Dann erzähle ich ihm, dass ich es in meiner Handtasche gefunden habe.
»Du kannst es nicht öffnen?«, fragt Hunter erstaunt, streckt den Zeigefinger aus und tippt das Schmuckstück an. Es hüpft quasi in meiner Hand und wird noch wärmer, wie ein Ei, kurz bevor das Küken schlüpft. Lange kann ich es nicht mehr halten.
Ich schüttele den Kopf. »Ich habe alles ausprobiert.« Je näher das Medaillon Hunter kommt, desto stärker vibriert es. »So hat es allerdings noch nie reagiert. Vielleicht hat das mit – mit deiner Energie zu tun? Sieh nur, wie es auf deine Berührung antwortet!«
Ich nehme es ab und lege es ihm in die Hand. Es leuchtet wie eine kleine Sonne. »Unglaublich! Aber welchem Zweck dient es?«
Hunter holt tief Luft. »Also …«
Ehe er fortfahren kann, wird er von der Stimme meines Vaters unterbrochen. »Keine Bewegung!«
Hunter fährt herum.
Da steht Dad im schicken Anzug, das Haar vom Wind zerzaust. Hinter ihm hält Stiggson seine Waffe auf Hunter gerichtet. Und neben Stiggson erscheint Klartino.
»Treten Sie zur Seite, Aria«, ruft Stiggson mit rauer Stimme und Klartino nickt. Zwei noch imposantere Muskelpakete haben sich hinter ihnen aufgebaut, einer in Weiß, der andere in Schwarz. Beide sind an Hals und Armen tätowiert.
»Wir wollen nur den Mystiker«, sagt Klartino. »Überlassen Sie ihn uns und niemandem wird ein Haar gekrümmt.«
Erneut höre ich Schritte. Patrick Benedict tritt aufs Dach. Er wirkt aufgebracht und erschüttert. Sein Blick wandert von meinem Vater zu mir. Als er Hunter erblickt, stockt ihm der Atem. Hinter ihm kommt Kyle mit einer Eisenstange angerannt, als wollte er jemanden verprügeln.
»Ich gehe hier nicht weg«, sage ich lauter als beabsichtigt. Mit diesen Worten stelle ich mich vor Hunter. Nichts scheint mir natürlicher. Auch kommt es mir so vor, als hätte ich etwas Ähnliches schon einmal getan.
»Geh zur Seite«, flüstert mir Hunter ins Ohr. »Sie wollen nur mich.«
»Ich lasse dich nicht im Stich.«
»Wir sind alle hier, Aria«, sagt mein Vater ruhig. »Die Fosters, Thomas – unten im Haus. Mach dich nicht zum Narren.«
Stiggson zielt auf meinen Kopf. Wenn ich zur Seite trete, erschießt er Hunter sofort.
»Du hast gar nichts begriffen«, sage ich und sehe meinem Vater in die Augen, die Waffe beachte ich gar nicht.
»Ich verstehe sogar sehr gut«, erwidert er. »Du glaubst, du wärest in diesen … Mystiker verliebt. In dieses Etwas. Aber du kennst die Wahrheit über ihn nicht. Du weißt nicht, wozu er fähig ist.«
»Ich vertraue ihm mehr als dir!«
»Stell dich nicht dümmer, als du bist!«, ruft Kyle. Ich traue meinen Augen kaum, als er die Eisenstange in zwei Teile bricht, als wäre sie ein Stock. Er erinnert mich an Frank, der bei Bennies Party die Lampe zerbrochen hat. Kyle muss auf Stic sein! Er war es also, der mich ausspioniert hat.
»Aria, das ist zu gefährlich!«, sagt Hunter. Im Fenster des Wintergartens kann ich sein Spiegelbild sehen. Ich bemerke, wie er unauffällig das silberne Herz in die Gesäßtasche seiner Jeans steckt. »Überlasse sie alle mir – ich weiß mich zu wehren.«
»Nein«, entgegne ich leise. »Ich werde nicht riskieren, dich zu verlieren.«
»Was ist nun?«, ruft Stiggson. »Ich will nicht auf Sie schießen müssen.« Er entsichert die Waffe.
»Halte dich bereit«, flüstert Hunter. Ich habe die Arme weit ausgebreitet. Ich werde ihn beschützen.
»Ja«, antworte ich ihm.
»Jetzt habe ich aber genug von diesem Theater«, bellt mein Vater, nimmt Stiggson die Pistole ab und zielt auf uns. Doch ehe er den Abzug drücken kann, leuchtet Hunters Körper auf und er packt mich. Meine Haut fühlt sich an, als würde sie brennen. Geborgen in Hunters Armen sinke ich nach unten durch das Dach.
21
Hunter kann durch Wände gehen. Und sich durch Decken fallen lassen. Es geht rasend schnell, so wie beim U-Bahn-Eingang in Seaport. Gerade tue ich etwas, was allen physikalischen Gesetzen widerspricht: Mein Körper durchdringt Metall und Beton. Und ich spüre nichts als ein Kribbeln und eine leichte Veränderung des Luftdrucks. Das ist Magie.
Mitten in der Luft materialisieren sich unsere Körper wieder. Als meine Füße den Boden berühren, öffne ich die Augen: Wir stehen im Wohnzimmer, und Hunter hält mich so fest, als würde sein Leben davon
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