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Mystic River

Titel: Mystic River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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Herzens beruhigen.
    Das Erste trank er, während er in der leeren Wohnung herumlief. Vielleicht war Celeste ja zurückgekommen und dann zur Arbeit gegangen, während er fort gewesen war. Er überlegte, bei Ozma anzurufen und zu fragen, ob sie jetzt da war, Haare schnitt, mit den Damen plauderte oder mit Paolo flirtete, dem Schwulen, mit dem sie immer Schicht hatte. Oder sollte Dave doch lieber in Michaels Schule gehen, seinen Sohn zu sich winken, ihn in den Arm nehmen, ihn nach Hause bringen und ihm unterwegs einen Kakao kaufen?
    Aber Michael war nicht in der Schule und Celeste nicht bei der Arbeit. Dave ahnte, dass sie sich vor ihm versteckten, und so leerte er sein zweites Bier am Küchentisch und merkte, wie es sich in seinem Körper auszubreiten begann, beruhigend wirkte, den Raum vor ihm ein bisschen silbrig und ein bisschen schummrig machte.
    Er hätte es ihr sagen sollen. Von Anfang an hätte er seiner Frau sagen sollen, was wirklich passiert war. Er hätte ihr vertrauen sollen. Nicht viele Frauen hielten zu ehemaligen Highschoolsportlern, die als Kinder missbraucht worden waren und keinen anständigen Job hatten. Celeste schon. Wenn er sich nur vorstellte, wie sie sich über die Spüle gebeugt und seine Klamotten gewaschen hatte, wie sie gesagt hatte, sie würde sich um die Spuren kümmern – Scheiße, Mann, das war toll. Wie hatte Dave das aus den Augen verlieren können? Wann kam man an den Punkt, jemanden nicht mehr wahrzunehmen, der ständig um einen herum war?
    Dave holte das dritte und letzte Bier aus dem Kühlschrank und lief erneut durch die Wohnung. Ihm wurde klar, wie sehr er seine Frau und seinen Sohn liebte. Er wollte sich an den nackten Körper seiner Frau schmiegen, während sie sein Haar streichelte, wollte ihr sagen, wie sehr sie ihm in dem kalten Vernehmungsraum mit dem kaputten Stuhl gefehlt hatte. Da hatte er noch geglaubt, er sehne sich nach menschlicher Wärme, aber in Wahrheit hatte er sich nur nach Celestes Wärme gesehnt. Er wollte von ihr umschlossen werden, sie zum Lachen bringen, sie auf die Augenlider küssen, ihr den Rücken streicheln und sich in ihr verstecken.
    Es ist nicht zu spät, würde er ihr sagen, wenn sie nach Hause kam. In meinem Kopf ist nur irgendwas in letzter Zeit falsch gepolt, irgendwas ist einfach durcheinander. Dieses Bier hier in meiner Hand hilft nicht gerade, nehme ich an, aber ich brauche es, bis ich dich zurückhabe. Dann höre ich auf. Ich höre auf zu trinken, nehme Computerunterricht oder so und besorge mir einen anständigen Bürojob. Wenn man für die Nationalgarde arbeitet, übernimmt sie einen Teil der Ausbildungskosten, da kann ich mich ja mal drum kümmern. Ich muss ein Wochenende pro Monat und ein paar Wochen im Sommer da arbeiten. Das kann ich für meine Familie ja wohl mal tun. Für meine Familie stelle ich mich auf den Kopf. Das wird mir helfen, wieder festen Boden unter den Füßen zu bekommen, den Bierbauch loszuwerden, einen klaren Kopf zu kriegen. Und wenn ich einen Bürojob finde, ziehen wir hier weg, verlassen wir diese Gegend mit ihren ständig steigenden Mieten, dem geplanten Stadion und der Luxussanierung. Warum dagegen kämpfen? Früher oder später werfen sie uns sowieso raus. Werfen uns raus und bauen sich eine Welt wie aus dem Versandhauskatalog, wo sie in den Cafés und in den Gängen der Biomärkte über ihre Ferienhäuser quatschen können.
    Aber wir ziehen an einen schönen Ort, würde er zu Celeste sagen. Wir ziehen an einen sauberen Ort, wo unser Sohn ungestört groß werden kann. Wir fangen von vorne an. Und ich erzähle dir, was passiert ist, Celeste. Es ist nicht schön, aber es ist auch nicht so schlimm, wie du denkst. Ich erzähle dir, dass ich gruselige, perverse Sachen im Kopf habe und vielleicht professionelle Hilfe brauche. Ich habe Gelüste, die mich anekeln, aber ich kämpfe dagegen an, Schatz. Ich versuche, ein guter Mann zu sein. Ich versuche, den Jungen zu begraben. Oder ihm wenigstens ein bisschen Mitgefühl zu vermitteln.
    Vielleicht war es das gewesen, wonach der Typ im Cadillac gesucht hatte – ein bisschen Mitgefühl. Aber der Junge, der den Wölfen entkam, hatte am Samstag keinen Bock auf verwichstes Mitgefühl gehabt. Er hatte die Pistole in der Hand gehalten und dem Typen im Cadillac damit durch das offene Fenster eine übergebraten, und Dave hatte Knochen krachen hören, während sich der rothaarige Junge aufrappelte, sich durch die Beifahrertür verdrückte und dann mit offenem Mund dastand, als

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