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Mystic River

Titel: Mystic River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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Besseres erwartet, nickte jedoch nur kurz und klopfte Sean auf den Arm, bevor er sich von der Bühne entfernte und zu den Sitzplätzen ging, wo Lieutenant Krauser vom Boston Police Department stand und mit seinem Chef, Captain Gillis vom D-6, sprach. Alle warfen Sean und Whitey vielsagende Blicke zu, die ihnen zu verstehen geben sollten: »Versaut es ja nicht!«
    »Wir kriegen den Kerl?«, wiederholte Whitey. »Vier Jahre College und das ist alles, was dir einfällt?«
    Noch einmal trafen sich kurz die Blicke von Friel und Sean. Sean nickte seinem Chef zu, was, wie er hoffte, Kompetenz und Zuversicht ausstrahlte. »Steht im Lehrbuch«, sagte er zu Whitey. »Direkt zwischen ›Wir nageln das Schwein fest‹ und ›Lobe den Herrn‹. Nicht gelesen?«
    Whitey schüttelte den Kopf. »Da war ich krank.«
    Sie drehten sich um, als ein Assistent des Coroners die Hecktüren des Wagens zuschlug und zur Fahrertür ging.
    »Schon irgendeinen Verdacht?«, fragte Sean.
    »Vor zehn Jahren«, entgegnete Whitey, »hätte ich auf das Aufnahmeritual einer Gang getippt. Aber heute? Scheiße! Wenn die Kriminalität sinkt, ist alles viel weniger vorhersagbar. Und du?«
    »Eifersüchtiger Freund, aber das ist die Nullachtfünfzehn-Erklärung.«
    »Der schlägt sie mit einem Stock. Der hätte mal besser vorher ‘ne Aggressionsvermeidungstherapie machen sollen.«
    »Das haben die doch alle nötig.«
    Der Assistent des Coroners öffnete die Fahrertür und sah sich zu Whitey und Sean um. »Es wollte doch jemand vorfahren.«
    »Wir«, erklärte Whitey. »Wenn wir aus dem Park raus sind, fahren Sie vor, aber denken Sie dran, wir haben die Angehörigen im Wagen, also lasst das Mädchen nicht auf dem Flur stehen, wenn wir in der Stadt sind. Ja?«
    Der Mann nickte und stieg in den Einsatzwagen des Coroners.
    Whitey und Sean stiegen ihrerseits in einen Streifenwagen und Whitey fuhr vor dem Einsatzwagen los. Zwischen gelbem Absperrband tuckerten sie den Hang hinunter und Sean sah durch die Bäume, wie die Sonne langsam unterging, den Pen-Park in rostiges Gold tauchte und die Baumwipfel rot erglühen ließ. Er überlegte sich, dass dies eine der Sachen war, die er am meisten vermissen würde, wenn er tot wäre: diese Farben, die aus dem Nichts kamen und einen zum Staunen brachten, auch wenn sie einen ebenfalls ein bisschen traurig machten, man sich klein fühlte, als ob man nicht hierher gehörte.
     
    In der ersten Nacht, die Jimmy damals im Gefängnis Deer Island verbrachte, blieb er von neun Uhr abends bis sechs Uhr morgens wach und fragte sich, wann sein Zellengenosse loslegen würde.
    Es war ein Biker aus New Hamsphire namens Woodrell Daniels, der eines Abends wegen eines Amphetamin-Deals nach Massachusetts gefahren, auf ein paar Whiskeys als Absacker in eine Bar gegangen war und am Ende jemandem mit dem Billardqueue ein Auge ausgestochen hatte. Woodrell Daniels war ein Berg von einem Mann, übersät mit Tattoos und Narben. Er hatte Jimmy angeguckt und ein heiseres, trockenes Kichern von sich gegeben, das Jimmy wie eine Klinge ins Herz gefahren war.
    »Wir sehen uns noch«, sagte Woodrell, als das Licht ausgeschaltet wurde. »Wir sehen uns«, wiederholte er und gab wieder dieses heisere Kichern von sich.
    Deshalb blieb Jimmy die ganze Nacht wach, wartete auf ein plötzliches Ächzen im Feldbett über sich, wohl wissend, dass er Woodrell an die Gurgel gehen musste, wenn es so weit war. Jimmy fragte sich, ob er an Woodrells massigen Armen vorbei überhaupt einen Treffer landen konnte. Auf die Gurgel, sagte er sich vor. Auf die Gurgel, auf die Gurgel, auf die Gurgel, o Scheiße, jetzt kommt er …
    Aber Woodrell drehte sich nur im Schlaf um und die Federn ächzten, sein schwerer Körper hing in der Matratze über Jimmy wie der Bauch eines Elefanten.
    In jener Nacht kam Jimmy der Knast wie ein lebendiges Wesen vor. Eine atmende Maschine. Er hörte Ratten mit irrer, schriller Verzweiflung kämpfen, nagen und kratzen. Er hörte Flüstern, Stöhnen und das wippende Ächzen der Sprungfedern, hoch und runter, hoch und runter. Wasser tropfte, Männer redeten im Schlaf und die Schritte eines Wächters hallten aus einem fernen Gang. Um vier hörte er einen Schrei – nur einen –, der so schnell erstarb, dass das Echo und die Erinnerung daran länger waren als der Schrei selbst, und in dem Moment überlegte Jimmy, ob er sein Kopfkissen nehmen, zu Woodrell Daniels hochklettern und ihn damit ersticken sollte. Aber seine Hände waren zu glitschig und zu

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