Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)
Er hat an eure Vernunft geglaubt. Deshalb kam er unbewaffnet vor die Tür. Er wollte mit euch reden. « Sie kann nicht weitersprechen, denn ein Schluchzer schüttelt sie. Richard legt ihr von hinten die Hände auf die Schultern.
» Ich habe getan, was getan werden musste, Emily. Wir dachten dich in Gefahr. «
Sie wirbelt herum, sieht ihn lange an und sagt ruhig: » Wenn du mich noch einmal berührst, verstoße ich dich, Richard. Nicht mich wolltest du schützen, sondern deine Eitelkeit befriedigen. Ich schäme mich für dich! «
» Aber ... «
» Sage nichts mehr. Sage ganz einfach nichts mehr! «
Frauen und Männer stöhnen. Bei Gott, das haben sie nicht gewollt. Sie haben sich versündigt, haben eine Familie auseinandergerissen. Sie haben ihren Verstand vergessen und sind alle zu Mördern geworden, denn hätte Richard es nicht getan, wäre es einer von ihnen gewesen oder alle gemeinsam.
Vater McClure, dieser verdammte Ire, hatte Recht. Sie haben den Gottesmann beleidigt, und nun steht er abseits und zögert. Warum geht er nicht zu Clifford Gald, um ihm den letzten Segen zu schenken?
Sie wollen zurück nach Bluehaven, ins Warme, am besten an den heimischen Kamin oder Herd. Bierdurst hat niemand mehr. Ihre Kinder warten. Und die Bibel, in der sie lesen werden, um zu begreifen, was in sie gefahren ist, welcher Dämon sich ihrer bemächtigt hat. Die meisten von ihnen kennen Emily Blackmore, seitdem sie ein Kind war. Und viele begreifen, dass sie dem Mann nahe stand, und dass Richards Schuss etwas sehr wichtiges und Großes zerstört hat.
Endlich kommt Vater McClure zu Emily. Er setzt an, vermutlich um tröstende Worte zu sagen, doch sie spuckt aus. » Wie kann sich ein Mann der Kirche so sehr erniedrigen, um bei einem so schmutzigen Spiel mitzumachen? Wie soll ich Ihren Worten jemals wieder Glauben schenken? «
Der Vater schnappt nach Luft, ringt nach Worten, dann geht er durch den Regen zu Blackmore und Gald, deren Schemen aussehen wie zwei Haufen Lehm, die man dort aufgeschichtet hat.
» Ich liebte ihn « , flüstert Emily. » Ich liebte Galahad. «
Vermutlich hat man nur das letzte Wort als Gald wahrgenommen, oder Emilys Worte waren zu leise, aber ihre Lippenbewegungen sprechen Bände. Nun hört man eine, vielleicht auch zwei Frauen, deutlich weinen. Männer schimpfen vor sich hin, und einige machen sich auf, den Ort des Schreckens zu verlassen. Emily überlegt, ihnen einen Fluch hinterherzuschicken, doch sie will sich nicht versündigen.
Sie dreht sich weg vom Mob, angewidert und traurig. Während sie zu Galahad geht, schenkt sie Richard nicht einen Blick.
Nicht weit entfernt auf einer Anhöhe steht ein Mann. Er lächelt, hebt den Kopf, blinzelt in den Regen, macht eine ausladende Handbewegung, und noch bevor seine Hände sinken, hört der Regen auf.
Gut so, jetzt hat er eine bessere Sicht auf das, was sich dort unten abspielt.
Er lauscht, obwohl er die Stimmen in seinem Kopf hört. Lange ist er unterwegs und endlich angekommen. Sie dort unten, diese Meute Menschen, sind wie jene Tiere, die sie züchten, Schafe allesamt. Sie rennen hinter dem Bock her, oder sind sie gar Lemminge, die sich mit Vergnügen über die Klippen stürzen? Sie sind gefangen im Aberglauben, gefesselt in ihren Ängsten und suchen den Ausweg, der sich viel zu oft, wie er es immer wieder erlebte, in Gewalt äußert, in einer Eskalation der eigenen Furcht. Was sie nicht begreifen, hassen sie, und würde man sie fragen, was genau sie hassen, meinen sie Antworten zu finden, die letztendlich ihrer eigenen Phantasie entspringen. Viele Gedanken vereinen sich und werden zu einer Idee. Und eine Idee lässt sich nicht vernichten.
So ist es mit Galahad geschehen, der dort unten im Schlamm liegt, jetzt mit dem Rücken nach oben und ahnen wird, dass er, Merlin, nicht weit entfernt ist.
Der Mann, ein ewiger Wanderer, Sucher und Jäger, sein Name ist Merlin, ahnt, dass seine Suche bald ein Ende haben wird. Was ihn lockte, war die Schwingung der Liebe, gepaart mit dem Salz der Unsterblichkeit, des Ewigen. Eine seltsame, unvertraute Schwingung, die er sofort erkannte. Er sollte zufrieden sein mit dem Mann, der geschossen hat, aber er ist es nicht.
Der Tod ist nicht nützlich, wenn Merlin nicht weiß, wo der Gral ist. Ein letztes Geheimnis, mit ins Grab genommen, nützt ihm nichts.
Jetzt möchte er es selbst tun, will Galahad entgegentreten. Will ihm in die Augen blicken und den Gral fordern. Er weiß, dass Galahad seinen Schwur
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