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Mystic

Mystic

Titel: Mystic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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auf sich: das in Öl gemalte Porträt eines Priesters mit einem schmerzhaften Ausdruck um den Mund. Bis auf einen weißen Haarkranz war sein Schädel kahl. In den Händen eine Bibel haltend, stand er in einem Garten neben einer Ziervogeltränke, in deren Mitte drei kleine steinerne Pferde zu sehen waren.
    In diesem Augenblick steckte eine Frau den Kopf aus einer Tür zu seiner Rechten.
    »Ich meinte, ich hätte es klopfen hören, aber ich war gerade am Telefon«, zwitscherte Libby Curtin, die Gemeindesekretärin. Sie war Mitte zwanzig und trug ihr kastanienbraunes Haar in einem Zopf, der ihr bis zur Taille reichte. Ein einfaches Holzkreuz baumelte an ihrem Hals über einer schlichten braunen Bluse, deren Ausschnitt mit Gänseblümchen bestickt war. Sie trug eine Oma-Brille, weite blaue Hosen und Wollsocken in Birkenstocksandalen.
    »Sie sind der Filmemacher, stimmt’s?«, fragte sie. »Sie wollen einen Film über Pater D’Angelo drehen.«
    »So ungefähr«, sagte Gallagher.
    »Gott sei Lob und Dank!«, rief sie aus, klatschte in die Hände und verneigte sich, wobei sie unentwegt strahlte. Dann sah sie zu dem Ölbild hoch und senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Ist es nicht ein Jammer mit Pater D’Angelo?«
    »Ein Jammer?«
    Sie zeigte auf ein Loch in dem Bild, das sich an der linken Hüfte des Paters befand und die Größe eines Teebeutels hatte.
    »Bei uns wurde vor ein paar Monaten eingebrochen, und der Einbrecher hat das Bild vom Haken gestoßen«, erklärte sie mit leiser, verschwörerischer Stimme, die bei Gallagher ein Lächeln hervorrief. »Monsignore McColl war außer sich, das kann ich Ihnen sagen. Ein Einbruch im Pfarrhaus! Monsignore McColl wird schon mal böse, aber so wütend hab ich ihn noch nie erlebt.«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    »Ich sag ihm, dass Sie hier sind.«
    Libby Curtin eilte den Gang hinunter, klopfte an eine große, geschnitzte Flügeltür, hinter der sie gleich darauf verschwand. Gallagher sah zu dem Gemälde hoch und fragte sich, ob D’Angelos Geschichte wohl packend genug sein würde, um als roter Faden für einen einstündigen Dokumentarfilm zu dienen. Und ob D’Angelos Geschichte packend genug wäre, ihn davon abzuhalten, dauernd an Potter, Andie Nightingale und einen Mörder zu denken, der sich selbst als Charun sah. Gallagher zog ein Notizbuch aus der Tasche seiner Regenjacke und trug missmutig ein, dass das Bild mit der richtigen Beleuchtung trotz seiner Beschädigung eine dramatische Einstellung für den Film abgeben könnte.
    Die Flügeltür öffnete sich wieder. Libby Curtin steckte den Kopf heraus und winkte ihn herein.
    Gallagher trat durch die Tür und blieb abrupt stehen. Monsignore McColl ließ den schweren eichenen Schreibtisch, hinter dem er aufgestanden war, winzig erscheinen. Er war ein Grizzlybär von einem Mann, Ende vierzig, mit rotbraunem Bürstenhaar, einem kurzgeschnittenen, graumelierten Bart und einem Stiernacken, der seinen Priesterkragen zu sprengen drohte. Er hatte die Ärmel seines schwarzen Hemdes aufgekrempelt und ließ ein Paar Unterarme und Hände sehen, die man bei einem alternden Steinmetz erwartet hätte, nicht aber bei einem Priester.
    Monsignore McColls riesige Pranke ließ Gallaghers Hand nahezu verschwinden. Er drückte fest genug zu, um Gallagher zu zeigen, dass seine Körperkraft echt war, ließ dann los und sank in seinen gepolsterten Drehstuhl zurück. Der Priester verzog das Gesicht, als er auf einen Stuhl in gotischem Stil wies, der vor dem Schreibtisch stand. Er rieb sich den Bauch. »Würden Sie mich bitte einen Augenblick entschuldigen?«, fragte er. »Ich habe in letzter Zeit Probleme mit dem Magen.«
    Er ging in ein kleines Badezimmer und schloss die Tür hinter sich.
    Gallagher nutzte die Gelegenheit, um seinen Blick über die Gegenstände im Büro des Priesters schweifen zu lassen und vielleicht ein paar Hinweise auf dessen Persönlichkeit zu bekommen. Hinter dem Schreibtisch befanden sich mehrere hölzerne Aktenschränke und das obligatorische Kruzifix. Auf der rechten Seite hingen drei Fotografien. Auf der einen stand Monsignore mit reglosem Gesicht vor einer weißgekalkten Kirche unter Palmen, umgeben von Kindern in weißen Uniformen. Auf einer älteren Schwarzweißfotografie sah man einen viel jüngeren McColl im Schnee mit einer Gruppe ebenso ernst dreinblickender Jungen vor einem älteren Backsteingebäude. Einer der Knaben, ein blonder Junge mit einem abwesenden Gesichtsausdruck, erinnerte Gallagher seltsamerweise

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