Mythor - 036 - Die Inseln der Verfemten
ließ die Stirn nass werden vom Schweiß, der dann herabtropfte, vielleicht gar ins Auge – bitter musste der büßen, der deswegen im Getümmel auch nur für die Zeit eines Herzschlags die Übersicht verlor.
Meter um Meter, Schritt für Schritt kämpfte sich Mythor an Kaschkas heran.
Wäre er ein Feigling gewesen, der Anführer der Cirymer, ein leichtes wäre es für Mythor gewesen, ihn aufzustöbern und niederzumachen. So aber stand Kaschkas stets im dicksten Getümmel und wütete unter den ermüdeten Coromanen mit aller schrecklichen Kunstfertigkeit seines kriegerischen Handwerks.
»Kaschkas!« schrie Mythor. »Her zu mir, wenn du Mut hast!«
Kaschkas stieß einen Wutschrei aus. Er hatte den Ruf gehört. »Ich komme, Mythor!« schrie er. »Macht Platz, ihr elenden Coromanenhunde, Platz da für mich und mein Schwert!«
Zahlreiche Cirymer warfen sich auf Mythor, um ihn daran zu hindern, mit Kaschkas zu streiten. Sie fielen unter Mythors Hieben, aber sie hielten ihn immer wieder auf. Gleichzeitig fielen die Coromanen mit aller Wut über Kaschkas her, und was Mythor von dem Cirymer zu sehen bekam, erwies ihn als beherzten Kämpfer, der nicht nur dreinzuschlagen wusste, sondern jeden Winkelzug des Kampfes kannte und geschmeidig anzuwenden wusste .
Die beiden Erzfeinde wurden vom Getümmel auseinandergetrieben.
Einen Augenblick lang versuchte Mythor herauszufinden, wie die Schlacht stand, aber er konnte nicht viel erkennen. Ruß wirbelte über das Schlachtfeld, irgendwo schrien Pferde, ein halbes Dutzend Hunde schnappten nach allem, was sich finden ließ. Längst gab es keine klaren Fronten mehr; die Cirymer und Coromanen bekämpften sich in kleinen und größeren Knäueln, und es ließ sich beim besten Willen nicht sagen, wer in diesem Kampf die Oberhand gewinnen konnte.
Der einzige, der auf dem Schlachtfeld nicht zu sehen war, war Coroman Hassif, und der Grund dafür war einsichtig – Kalahar war ohnmächtig geworden. Besinnungslos lag er am Boden, vergessen in dem blutigen Getümmel, unbeachtet. Ausnahmsweise würde er damit zufrieden sein, vermutete Mythor in einer herzschlaglangen Kampfpause.
»Her zu mir, Lorvanerfreund!« schrie Kaschkas, und er hängte, um den Kampf unvermeidlicher zu machen, noch ein paar Liebenswürdigkeiten in seiner eigenen Sprache an, die Mythor zwar nicht verstand, deren Tonfall aber eindeutig verriet, wie sie einzuschätzen waren.
Dann endlich standen sich die beiden Kontrahenten gegenüber, und noch im gleichen Augenblick stieß Kaschkas zu.
Zu geschickt und abgefeimt, sein Schwert nur zum Dreinschlagen zu benutzen, rammte er es nach vorn, und Mythor wurde von der Klinge voll getroffen. Wilder Schmerz zuckte von der Brust her hoch, aber die Klinge drang nicht durch, der Stoß wurde vom Waffenrock weitgehend aufgefangen und gemildert.
Immerhin war Mythor für einen kurzen Augenblick verwirrt, und Kaschkas war kein Kämpfer, der seinem Gegenüber eine zweite Chance gab. Er ließ das Schwert in die Höhe schnellen, die Klinge fuhr auf Mythors Hals zu.
Mythor wich aus, dann ließ er Alton einen Halbkreis beschreiben. Die herrliche Klinge sauste durch die Luft, und irgendwo auf ihrem Weg traf sie Kaschkas’ Schwert und seine Helmzier. Beides flog, in Stücke gehauen, davon und fiel auf den Boden.
Kaschkas stieß einen Wutschrei aus, machte einen Satz seitlich und rückwärts zugleich und griff an den Gürtel. Die kleine Keule, ein metallener Stachelball an kurzer Kette, saß locker. Einen Herzschlag später flog Mythor das tödliche Geschoß entgegen.
Der Helm der Gerechten fing den Anprall auf, aber wieder war Mythor ein wenig benommen.
Kaschkas war kein Feigling, aber auch kein Dummkopf. Er sah ein, dass er gegen das Gläserne Schwert mit aller Tapferkeit und Geschicklichkeit nichts auszurichten vermochte. Er suchte sein Heil im Rückzug.
Seine Leute sahen das und wichen ebenfalls zurück. Einmal in Bewegung geraten, wurde aus dem Rückzug schnell eine panische Flucht. Die Cirymer sahen ihren Anführer weichen, und da wichen sie eilends mit. Wie die Schlacht zu diesem Augenblick stand, zeigte sich sehr rasch.
Vom eiligen Rückzug des Gegners gerade noch vor der eigenen Niederlage bewahrt, blieben die meisten Coromanen dort, wo sie gerade standen. An Verfolgung dachten sie nicht.
Sie waren froh, die eigene Haut gerettet zu haben, und die Cirymer mussten sich mit der Demütigung abfinden, dass ihr meisterlicher Plan misslungen war.
Die Lage war wieder ausgeglichen –
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