Mythor - 037 - Der Koloss von Tillorn
weiß es nicht«, gab er zu. »Es ist mehr, ich spüre es, aber ich begreife nicht ganz.«
»Fangen wir von vorn an«, sagte Vangard. Mythor bemerkte, dass die anderen sich ein wenig zurückgezogen hatten und schwiegen. Nur er und Vangard bestritten die Unterhaltung.
»Was hast du in der Gruft der Gwasamee bekommen? Ausrüstung?«
»Nein, das nicht«, stieß Mythor hervor. »Ahnungen, Wissen, Bilder… Ich habe damals wenig verstanden. Jetzt würde ich vielleicht mehr begreifen.«
Mythor unterbrach sich. Ein Gefühl ungeheurer Verwirrung hatte ihn befallen. Er fühlte sich außerstande, die einander widerstrebenden Gefühle und Gemütsregungen auszudrücken. Er sah Vangard an, starrte beinahe durch ihn hindurch.
»Es geht nicht um die Waffen?« fragte er im Selbstgespräch. »Nicht um das bloße Wissen? Aber was ist dann an den Fixpunkten zu finden? Was ist es denn, das so schwer zu erringen ist?«
Er fixierte Vangard. Ein ungeheurer Gedanke hatte ihn durchfahren. Er erinnerte sich an…
…die Lichtburg, Xanadas grausiges Heim. Dort hatte er Alton gewonnen, die herrlichste der Waffen. Dort hatte der Königstroll zu ihm gesprochen…
»Man muss sich der Waffen würdig erweisen«, murmelte Mythor. Vangard nahm er gar nicht mehr wahr. Er grub sich förmlich in sein Inneres hinein, horchte auf seine Gefühle, auf winzige Andeutungen.
»Es geht nicht um die Waffen«, murmelte er wieder. »Es geht darum, wie man sie erwirbt, wie man sie besitzt, wie man sie anwendet. Alton lag mir von Anbeginn an nicht recht in der Faust, und ich weiß auch, warum – weil ich etwas Schändliches getan hatte. Geht es darum, Vangard? Dass diese Prüfungen nicht dazu dienen, den Waffenerwerb zu erschweren… sondern… etwas zu lernen?«
Vangard fasste ihn bei der Hand. »Grüble jetzt nicht darüber nach!« sagte er begütigend. »Dir wird frühzeitig alles einfallen, was du wissen musst, um wahrhaft der Sohn des Kometen zu werden.«
»Wahrhaft der Sohn des Kometen«, wiederholte Mythor wie gebannt, dann kehrte er binnen eines Herzschlags in die Wirklichkeit zurück. »Da ist ja immer noch dieser Betrüger!«
»So nennst du ihn«, sagte Vangard. »Aber tröste dich, ich neige dazu, dir zu glauben. Du scheinst mir der rechte Sohn des Kometen zu sein. Ich werde dir helfen.«
»Dank dafür, Vangard«, sagte Mythor. Noch etwas fiel ihm ein. »Ich will dir etwas zeigen, komm mit.«
Mythor führte den Zwerg in das Vorratslager und zeigte ihm den metallenen Spiegel. »Jedesmal, wenn ich hineinschaue, sehe ich Fronjas Bild darin«, sagte Mythor.
Jetzt sah er auch sich selbst, und er sah Fronja, und er sah, dass sie ihm zulächelte.
Vangard lächelte ebenfalls. »Du trägst ihr Bildnis in dir, und dort wird es bleiben, auch wenn es von außen nicht zu erkennen ist. Jeder Spiegel wird es dir zeigen, wenn du willst.«
Mythor lächelte zufrieden. »Und du wirst mir helfen?« fragte er den Zwerg.
Vangard nickte. »Ich habe versucht, mich mit den eigentümlichen Gegebenheiten dieses Ortes vertraut zu machen«, sagte er zögernd. »Ich habe viel gelernt in diesen langen Jahren des Wartens, und es ist mir gelungen, einiges an Wissen zusammenzutragen und zu erwerben. Ich kann sogar den mächtigen Schild des Kolosses in Maßen bedienen.«
»Du fängst mit dem Schild das Mondlicht ein und holst damit Leute zu dir?«
»Das war ich«, bestätigte Vangard. »Und ich werde dir auch den Weg weisen, der dich zum Koloss führen wird. Du weißt, dass der Koloss von Tillorn hohl ist?«
»Ich habe es angenommen«, sagte Mythor. »Wissen darüber bekomme ich erst durch dich.«
»Es ist einfach«, sagte Vangard. »Wir müssen warten, bis der Mond seine vollste Rundung erreicht hat. In dieser Nacht wird das Wasser aus dem Kessel zur Gänze verschwinden – dann kannst du von hier aus hinübergehen und den Koloss erklettern. Durch das Helmvisier kann man das Innere erreichen.«
»Und was werde ich dort finden?«
»Das vermag ich dir nicht zu sagen«, antwortete Vangard. »Meine Kraft reicht dazu nicht aus.«
Mythor sah den alten Mann an. »Du weißt viel über mich«, sagte er. »Ich weiß nichts über dich. Wir werden warten müssen, bis das Wasser im Kessel völlig abgelaufen ist – bis dahin kannst du erzählen.«
Vangard nickte.
*
»Was soll das heißen, wir haben ihn nicht bekommen?«
Kaschkas starrte den Boten finster an. Der Cirymer trat nervös von einem Bein aufs andere.
»Habt ihr eine neue Brücke gebaut?« wollte Kaschkas
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