Mythor - 054 - Vina, die Hexe
die Platte gelockert haben. Sie bewegte sich und begann sich leicht zu drehen.
»Auch das noch«, knurrte Mythor. »Weg hier!«
Er zerrte Ramoa einfach mit sich. Ein paar natürlich entstandene Steinstufen führten nach oben. Er zog die Feuergöttin hinter sich nach oben.
Gerade noch rechtzeitig.
Die Felsplatte drehte sich noch weiter und stürzte ebenfalls in die Tiefe.
Nachträglich wurde es Mythor jetzt warm. Er konnte es kaum fassen, daß sie es tatsächlich geschafft hatten. Sie waren auf die nächste Insel gekommen und der heimtückischen Falle der Fischköpfe entronnen.
Er sah Ramoa an. Erschrocken sah er, daß sie aus einer Wunde am rechten Oberarm stark blutetet Sie mußte sich beim Absturz verletzt haben. Sie selbst schien es nicht einmal bemerkt zuhaben!
»Deine Wunde«, machte Mythor sie erst darauf aufmerksam. »Wir müssen sie verbinden und…«
Sie sah überrascht die stark blutende Stelle an, dann schüttelte sie den Kopf und wehrte Mythors Hände ab. »Laß nur«, sagte sie. »Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht.«
Ihrem entspannten Gesicht nach schien sie keine Schmerzen zu spüren. Seltsam, dachte Mythor. Ist sie so unempfindlich?
Er dachte an Oniak und seine Beinverletzung. Wäre der kleine Mann nicht den Fischköpfen zum Opfer gefallen, wäre er ein paar Tage später am Fieber gestorben. Vielleicht wäre er jetzt auch schon tot.
Und jetzt war Ramoa verletzt.
War sie die nächste, die sterben würde?
Aber das war nur eines der Probleme, von denen er bedrängt wurde. Das andere waren die Fischköpfe.
Sie waren unten ans Steilufer geklettert und bewegten sich zwischen den schroffen Steinen. Und so wie Mythor sie sehen konnte, sahen die Fischköpfe auch ihn und die Feuergöttin oben auf den Felsen.
Die Jagd ging weiter.
Und irgendwann kam der Abend.
Irgendwann, ehe die Dunkelheit hereinbrach, hörte die Wunde der Feuergöttin auf zu bluten. Aber das, erinnerte sich Mythor, besagte noch gar nichts. Oniak hatte zwischenzeitlich auch zu bluten aufgehört.
Der Sohn des Kometen machte sich immer mehr Sorgen um Ramoa. Denn nicht allein, daß sie die einzige war, die sich halbwegs mit den Gegebenheiten der Blutigen Zähne auskannte (wenn auch nur vom Hörensagen), sie war auch eine Gefährtin, an deren Anwesenheit er sich bereits gewöhnt hatte. Und schon zu viele Menschen waren gestorben, die Mythor gekannt hatte.
Jeder Verlust nagte an ihm.
*
Wieder hatten sie abwechselnd Wache gehalten. Immer wieder hatte Mythor ihren Lagerplatz umkreist, wenn er an der Reihe war, aufzupassen, und mehrmals hatte er auch Spuren der Fischköpfe gefunden aber nie sie selbst. Es schien, als fürchteten sie die Nacht trotz ihrer Besessenheit. Sie beobachteten Mythor und Ramoa nur, griffen aber nicht an, sondern zogen sich sofort zurück, wenn er ihnen näher kam. Er begann sich seine Gedanken darüber zu machen. Bei Tageslicht griffen sie an, nicht aber bei Nacht…? Gehörte das alles zu einem Ritual, das er, Mythor, nicht begriff, weil er nicht in diese Welt gehörte? Aber Ramoa schien auch nichts darüber zu wissen.
Gegen Morgen stellte Mythor überrascht fest, daß sich Ramoas Wunde geschlossen hatte. Nicht einmal eine Narbe war zurückgeblieben. Fast war er geneigt, an einen Traum zu glauben, aber dann sah er die dunklen Flecken an Ramoas Kleidung, die ihm verrieten, daß sie wirklich verletzt gewesen war und stark geblutet hatte. Die Wunde war verheilt, und nichts an der Feuergöttin deutete auf eine Schwächung durch den Blutverlust hin. Es war, als sei nichts gewesen.
Sie selbst sah ihn nur verwundert an, als er sie darauf ansprach, und zuckte mit den Schultern. Für sie war es offenbar normal, daß eine starke Verletzung über Nacht spurlos verheilte.
»Wir müssen weiter«, sagte er. »Die Fischköpfe sind noch in der Nähe. Wenn wir hier bleiben, werden sie bald wieder angreifen.«
»Ich weiß«, gab sie zurück. »Sie werden uns verfolgen, bis sie uns haben. Selten genug wagen sich Opfer in ihre Nähe. Ich hoffe nur, daß sie nicht von verschiedenen Seiten kommen und uns zwischen sich nehmen.«
»Je schneller wir uns bewegen, desto schlechter sind ihre Aussichten, uns zwischen die Messer zu bekommen.«
Sie setzten ihren Weg fort, hin und wieder von Pflanzen behelligt. Die Fischköpfe folgten ihnen. Vielleicht fühlten sie sich auf dem Land auch nicht sicher genug, sondern warteten, bis wieder Wasser auftauchte, um dort den nächsten Überfall zu starten.
Ramoa begann
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