Mythor - 070 - Abenteuer in Erron
der größte aller Küchenmeister war. Obwohl ihn das betäubende Aroma fast ohnmächtig werden ließ vor Verzückung, ließ er dennoch seine eigentliche Aufgabe nicht aus den Augen.
Rückwärts näherte er sich dem Quell solchen Wohlbehagens, und er rührte weiter in seinem Kessel herum, damit er seiner Pflicht genügen konnte.
»Herrlich!« schwärmte er. »Unvergleichlich!«
Betäubende Süße umfing ihn, Sinnentaumel griff nach seinem Gemüt. Echtes Ambrakraut – es mußte einen ganzen Haufen davon geben.
Immer stärker wurde die Ausdünstung, immer unwiderstehlicher. Es war, als nähere sich Secubos Reittier einer wundersamen Schatzkammer voll der erlesensten Köstlichkeiten.
Als endlich das Diatron anhielt, war Secubo halb bewußtlos vor Entzücken. Er schwankte heftig, aber er schaffte es, von seinem Reittier zu gleiten, ohne den Kessel fallen zu lassen.
Was er sah, schlug ihn in seinen Bann.
Er stand mit seinem Diatron in einem Talkessel. Die anderen Teilnehmer des Ausflugs standen irgendwo herum, Secubo nahm sie gar nicht wahr.
Er sah nur die blauen Flechten, die an den steilen Klippen des Tales herabwuchsen. Ambrakraut, so weit das Auge reichte.
Unvorstellbar.
»Herrlich!« sagte jemand neben Secubo. »Ich habe niemals etwas Herrlicheres gesehen.«
Das wollte Secubo wohl glauben, denn ihm erging es nicht anders.
»Diese Frau ist wahrhaft unvergleichlich!«
Mit einem Schlag war Secubo wieder wach.
Er wußte, daß neben ihm einer seiner Lehrlinge stand. Diese Burschen waren frech, faul und gefräßig, aber keiner von ihnen war so geschmacklos, von Frauen zu schwärmen, wenn er echtes Ambrakraut vor sich hatte.
Also handelte es sich um Spuk.
Und im gleichen Augenblick, da Secubo dies dachte, war der Zauber auch schon verflogen.
Nur nackte Wände starrten ihn an, ein erschreckender Anblick. Ein paar Schritte entfernt stand das Diromo der Königin, sie selbst stand auf dem Felsboden und schüttelte den Kopf.
Secubo schüttelte sich.
Hereingelegt hatte man die Karawane. Zauberisches Gaukelspiel hatte jeden auf seine Weise in diesen Talkessel gelockt, unwiderstehlich.
Und jetzt gab es kein Heraus mehr.
Secubo brauchte gar nicht weit zu gehen, um es zu erproben.
Ein paar Schritte auf den Ausgang zu genügten. Heiß und würgend stieg die Angst in seiner Brust hoch, legte sich auf den Atem und schnürte ihn ab. Es gab keinen Zweifel – wenn er noch einen Schritt weiter machte, würde die Angst noch stärker werden. Sie würde sich steigern und steigern, bis er sie nicht mehr ertrug – bis er wahnsinnig wurde oder schreiend umkehrte.
Die Falle war perfekt.
Secubo wich in das Innere dieser unsichtbaren, aber um so wirksameren Falle zurück. Mit jedem Schritt wuchs sein Wohlbehagen, und als er die Sänfte der Königin erreicht hatte, fühlte er sich fast schon wieder wohl in seiner Haut.
Und als er prüfend durch die Eierspeise rührte, glitt erneut ein verzücktes Lächeln über sein Gesicht. Die Beschaffenheit war goldrichtig. Eine Geschmacksprobe stellte Secubo vollends sicher – er hatte eine Meisterleistung vollbracht.
Was scherte es ihn da, daß er keine Möglichkeit sah, aus dieser entsetzlichen Falle herauszukommen?
*
Secubo betrachtete das Gesicht der Königin. Es wirkte gelangweilt. Verzweifelt sah Secubo zu, wie Berberi seine Köstlichkeit gedankenlos in sich hineinlöffelte – so, als handele es sich um irgendeinen Brei, den man mehr aus Gründen der, Sättigung hinabschlang, als daß man ihn seiner inneren Harmonie wegen genoß.
»Gierhals«, murmelte Secubo.
»Was machen wir damit?« fragte Berberi den Offizier neben ihr. Es war Kulan, den Secubo am wenigsten von allen mochte. Ein hagerer Mann mit schlechten Manieren, der Secubo ein ums andere Mal gekränkt und verletzt hatte.
Kulan runzelte die Stirn.
»Eine magische Falle«, sagte er. »Das steht fest. Es ist auch ersichtlich, daß wir auf der alten Heer- und Handelsstraße festgehalten werden. Früher oder später muß hier jemand vorbeikommen, der uns finden wird.«
»Er wird ebenfalls in diese Falle hineintappen«, sagte Berberi.
Secubo hätte gerne gewußt, mit welcher inneren Verlockung die magische Falle die Königin angezogen hatte. Als sich Berberis Gesicht ein wenig rötete, begann Secubo einiges zu ahnen.
»Vielleicht nicht«, sagte Kulan. Es klang wenig zuversichtlich.
Berberi verzog unwillig das Gesicht.
»Mit vielleicht ist niemandem gedient«, sagte sie hart.
Mit einer beiläufigen Bewegung reichte
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