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Mythor - 087 - Der Hexenhain

Mythor - 087 - Der Hexenhain

Titel: Mythor - 087 - Der Hexenhain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Paul
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schienen in unergründliche Fernen gerichtet zu sein. »Ein Männeralter beträgt ungefähr fünfzig Jahre, das der Frau wird auf sechzig geschätzt, und doch gibt es Alte, die den hundertsten Winter erlebt haben. Wir Hexen können den Tod hinausschieben, Zaubermütter werden steinalt, und die Zaem hat vor dreieinhalb Großkreisen ihr Amt angetreten und ist im Geiste noch so jung wie eh und je. Von Fronja, unserer Ersten Frau, sagt man, daß sie die ewige Jugend gepachtet hätte…«
    »Erzähle mir mehr von Fronja«, verlangte ich.
    Sie schüttelte lächelnd den Kopf.
    »Du stehst erst am Anfang, Mythor, du darfst noch nicht so hoch greifen, sondern mußt den Weg zum Gipfel Schritt um Schritt, Stufe für Stufe gehen. Ich bin bereit, dir diese Stufen zu legen. Gemeinsam könnten wir höchste Höhen erreichen. Wenn es wahr ist, daß du ein Mann aus Gorgan bist, ein Sohn des Kriegers, dann könntest du für das Heute werden, was Caeryll für das Gestern war. Mit meiner Hilfe könntest du seine Nachfolge antreten…«
    »Genug!«
    Das war Tertish. Sie stand auf einmal zwischen uns, und ihr finsterer Gesichtsausdruck ließ sie mir wie einen Rachedämon erscheinen.
    »Verhexe mir Mythor nicht«, sagte sie streng. »Zeige uns jetzt besser unser Nachtquartier.«
    »Tertish hat recht«, sagte Vilge zu mir und erhob sich vom Ruhelager. »Es ist spät, und morgen ist auch noch ein Tag. Dann zeige ich dir meine Schätze, und vielleicht weckt das deine Erinnerung an ein früheres Leben, in dem du Caeryll gewesen bist.«
    »Schluß, habe ich gesagt!« rief Tertish wütend.
    Ohne ein weiteres Wort führte uns Vilge in einen langgestreckten Raum, der durch eine leuchtende Schiebewand geteilt werden konnte und so Tertishs Lager von meinem trennte.
    Vilge sah mich zum Abschied noch einmal aus ihren grünen Augen an, und ich glaubte eine geheime Verschwörung darin zu lesen.
    Tertish setzte sich mit überkreuzten Beinen auf ihr Lager, und es schien, als sei es ihre Absicht, die Nacht durchzuwachen. Sollte sie meinetwegen, ich war zum Umfallen müde und streckte mich behaglich aus.
    Vilges letzte Worte gingen mir nicht aus dem Sinn.
    … vielleicht weckt das deine Erinnerung an ein früheres Leben, in dem du Caeryll gewesen bist …
    War dieser Ausspruch blanker Unsinn, oder ein neuer Köder, den Vilge für mich auslegte, um mich zu fesseln? Wie auch immer, der Gedanke wühlte mich auf. Ich mußte ihn verscheuchen, um nicht auf Abwege zu geraten. Es gab so schon genug der Versuchungen links und rechts des Weges. Ich mußte geradeaus blicken - mein Ziel war Fronja.
    Seit ich von Ambes Puppen deren Lebensgeschichte erfahren hatte, wußte ich auch, daß ich für Fronjas Zustand verantwortlich war. Ich teilte mir die Schuld mit Ambe. Sie hatte den Aasen Vangard mit Fronjas magischem Bildnis nach Gorgan geschickt, damit er es dem Sohn des Kometen überreiche und ihn auf diese Weise dazu bringe, die Tochter des Kometen aufzusuchen. Ich dagegen hatte in meiner Unwissenheit dem Dhuannin-Deddeth die Möglichkeit geboten, sich über das in meine Brust tätowierte Bildnis Fronjas zu bemächtigen. Das sah ich ganz klar, obwohl sich dieses Bild nur aus Vermutungen und vagen Hinweisen aufbaute. Aber allein die Ahnungen genügten, um die Rettung Fronjas zu meiner heiligsten Pflicht zu machen.
    Das durfte ich nie vergessen!
    Und dann war da noch die Drohung der Zaem, Fronja durch den Tod zu »erlösen«. Fronja schickte keine Träume mehr… ich tastete im Halbschlummer nach Vinas Ring, von dem sie gesagt hatte, daß er eines Tages der Schlüssel zu Fronja sein könnte. Er hatte mir bereits zweimal Träume beschieden, in denen ich Fronja zusammen mit fünf und dann sechs Zaubermüttern sah. Wurde die Tochter des Kometen von ihnen bedroht oder beschützt? Der letzte Traum brach ab, und dann erhielt ich von Fronja kein Lebenszeichen mehr. Ich mußte sie für tot halten - aber das war doch ein zu schrecklicher Gedanke.
    Nun klammerte ich mich wieder an die Hoffnung, daß alles anders war, daß die Tochter des Kometen noch lebte und nur ihre Träume versiegt waren und sie sich nicht einmal mehr den Eaden von Spayol auf diese Weise mitteilen konnte.
    Hast du die ewige Jugend gepachtet, Fronja?
    Was kann ich Sterblicher dir dann schon sein?
    … EIN FRÜHERES LEBEN, IN DEM DU CAERYLL GEWESEN BIST!
    Gute Träume, Mythor!
    Aber solche waren mir nicht beschieden.
    Statt dessen kamen die Truten und quälten mich, ohne mir zu nahe zu kommen oder mich gar zu

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