Mythor - 123 - Duell der Steinmänner
Aeda halblaut. Der Angesprochene sah auf und kam langsam näher.
»Ich habe dich in den letzten Stunden vermißt«, sagte Aeda sanft.
»Ich hatte zu tun«, verteidigte sich Larboo. Mythor konnte sehen, wie der Blick des Mannes schnell zwischen Sadagar und Necron hin und her wanderte. Die beiden sahen ebenso gleichgültig drein wie zuvor Larboo.
»Du bist nicht zufällig im Labyrinth gewesen?« fragte Aeda.
Mythor entging nicht, daß sich die Nackenmuskeln des Mannes verkrampften. Feine Schweißperlen erschienen auf seiner Stirn. Sadagar war damit beschäftigt, aus einem prall gefüllten Lederschlauch Wein in seinen und Necrons Holzbecher zu füllen.
»Was hätte ich dort zu suchen gehabt«, stotterte Larboo schließlich. Er merkte, daß seine Stimme ihn verriet, und das machte ihn noch aufgeregter.
»Das wollte ich von dir wissen«, antwortete Aeda. »Du bist dort gewesen.«
Larboo schüttelte heftig den Kopf. Zu sagen wagte er nichts.
»Du bist seit vielen Jahren bei der Bande, länger noch als ich«, sagte Aeda. »Im Beutemachen warst du immer groß, nicht wahr. Schade, daß du davon nicht lassen kannst.«
»Ich verstehe nicht«, antwortete Larboo. Zu der Angst, die ihn gepackt hatte, kam jetzt noch die Verwirrung über Aedas seltsames Verhör.
»Du pflegst immer alles einzustecken, was du findest«, sagte Aeda. »Beispielsweise eines von Sadagars Messern – es steckt in deinem Gürtel, du brauchst nur die Jacke…«
Larboo versuchte sich mit einem gewagten Satz in Sicherheit zu bringen, aber dort wo er landete, stand bereits Mythor und hielt ihm Altons Klinge an die Gurgel.
»Du wirst noch früh genug ins Laufen kommen«, sagte Mythor. »Zurück!«
Kreideweiß im Gesicht schritt Larboo zurück. Sadagar und Necron waren aufgestanden. Sie sahen Larboo ruhig an.
Der Galgenstrick hatte im Labyrinth gesehen, was die beiden mit ihren Messern anstellen konnten, und jetzt saß ihm die Furcht im Mark. Er schnappte nach Luft, seine Hände öffneten und schlossen sich wieder.
»Her mit dem Messer«, forderte Sadagar.
In Larboo arbeitete es. Man konnte förmlich sehen, welche Gedanken in seinem Schädel umhergingen.
Mythor ahnte, was er machen würde – ein rascher Griff zum Gürtel, ein Wurf, der bei dieser kurzen Entfernung ein Treffer sein mußte, dann die allgemeine Verwirrung nützen und weg… so sah Larboos Plan aus.
»Ich habe es zufällig gefunden«, sagte Larboo. »Natürlich bekommst du es zurück.«
Mythor sah, wie die Hand zum Gürtel ging. Die beiden Steinmänner rührten sich nicht.
Dann bewegte sich Larboos Arm. Etwas blitzte im Licht des Feuers. Im nächsten Augenblick stieß Larboo einen erschreckten Schrei aus.
Er hatte, um die Verwirrung so groß wie nur möglich zu machen, auf Aeda gezielt, aber das Messer hatte nicht getroffen. Eine Handbreit vor Aedas Kehle war es angehalten worden – Sadagars Linke und Necrons Rechte hatten zur gleichen Zeit zugepackt und das Geschoß im Flug aufgefangen. Aeda hatte sich nicht um Haaresbreite bewegt. Ihr Gesicht war ausdruckslos.
Sadagar und Necron starrten einen kurzen Augenblick ihre Hände an, dann grinsten sie plötzlich.
»Ich glaube, wir werden dir zeigen müssen, wie man mit einem Messer umgeht«, sagte Sadagar. Er steckte sein Messer in den Gürtel.
»Ich habe keine Waffe mehr«, stammelte Larboo. Necron bewegte sich und schritt um den Banditen herum, bis er in dessen Rücken stand. Larboo drehte sich halb herum, so daß er beide Männer sehen konnte.
»So macht man das!« sagte Sadagar.
In rasend schneller Bewegung hatte er eines seiner Messer aus dem Gürtel gebracht und geworfen. Larboo stieß einen Schrei aus, obwohl er gar nicht getroffen worden war. Necron hatte die Klinge auf der anderen Seite aufgefangen.
»Oder so!« sagte der Steinmann. Das Geschoß kehrte mit der gleichen Geschwindigkeit in Sadagars Hand zurück.
Larboo zuckte.
Er wußte, daß er in einer Falle saß, und sein verzweifelt herumwandernder Blick verriet nur eine Sorge – er wollte herausfinden, welches Schicksal ihm drohte.
Sadagar und Necron lächelten freundlich, das verhieß nichts Gutes. Aedas Gesicht wirkte wie versteinert und bot Larboo keinerlei Anhaltspunkte. Er selbst zum Richter über sich gesetzt, hätte keinen Augenblick gezögert, den Schuldigen zu töten, und da Larboo sich andere Menschen nicht edelmütiger vorstellen konnte als sich selbst, war er fest davon überzeugt, daß diese Augenblicke die letzten seines Lebens
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