Mythor - 129 - Fluch über Nykerien
spielen ein Spiel, das größte und höchste, das es jemals gegeben hat. Haben wir deinen Auftrag erfüllt, dann wirst du, König Volcar, für uns, die wir zu verblendet sind dazu, entscheiden, mit wem von uns beiden Aeda nach Recht und Sitte verbunden bleiben soll.«
Aeda stieß mir ihren Ellenbogen in die Seite. Ich wußte, daß es ihr gefiel, uns beide zur gleichen Zeit zum Narren zu halten, und ich war für meinen Teil entschlossen, diesem Treiben ein Ende zu setzen. Sadagar funkelte mich bösartig an.
»Seltsame Belohnung«, sagte Volcar. »Das könnt ihr sofort haben, wenn ihr wollt.«
Ich hob beide Hände.
»Gemach, König Volcar. Wisse, daß wir dieses Weib beide gleichermaßen lieben – und daß derjenige, der bei deiner Entscheidung allein zurückbleiben muß, dich hassen wird wie kein Geschöpf sonst. Der Verlierer wird dich so hassen, das kann ich beschwören, daß er alles daran setzen wird, dich zu töten.«
»Das soll er wagen«, rief Volcar verblüfft aus.
»Versprich ihm Straffreiheit, falls er es schafft!«
Jetzt hielt es im Saal keinen mehr auf seinem Sitz. Es war üblich am Hof des Königs von Nykerien, daß jedem, der in seiner Gegenwart blankzog, der Kopf zwischen die Füße gelegt wurde – und vor der Schärfe dieses Gesetzes waren nicht einmal Prinzen königlichen Geblüts sicher. Die Person des Königs galt als unantastbar, von allen Lichtgöttern geheiligt.
»Was wagst du, frecher Frevler!« schrie seine Tochter.
»Mehr noch – gib ihm, falls er es schafft, dich zu töten, deine Tochter zum Weibe. Ob als Belohnung oder als Strafe, das bleibe dahingestellt.«
Volcar hielt sich die Seiten vor Lachen, während die Blicke seiner Tochter eines klarstellten – sollte ich derjenige sein, der sie zum Weibe bekam, würde ich des Nachts kein Auge zutun dürfen an ihrer Seite. Und das ganz bestimmt nicht aus Gründen der Zärtlichkeit und Sehnsucht.
»Aberwitz, eine Verhöhnung der Götter!«
Diese und andere Rufe schwirrten durch den Saal. Volcar sah mich aus leicht verschleierten Augen an.
Es war offensichtlich – wie auch immer das Spiel ausging, sobald Aedas Gemahl bestimmt war, wurde der Verlierer von allen Kriegern und Schergen Nykeriens erbarmungslos gehetzt, von bezahlten Meuchelmördern und anderem Gesindel, das Volcar anheuern würde, ganz zu schweigen.
In Volcars Augen spiegelte sich, daß er brütete.
Zunächst einmal konnte er uns dadurch schlagen, daß er uns eine schlechterdings nicht erfüllbare Aufgabe stellte. Aber dann war er um den zweiten prickelnderen Teil des Spiels gebracht – also würde die Aufgabe lohnend sein.
Dann kam die Frage, für wen er sich entscheiden würde – und ich ging davon aus, daß Volcar Sadagar für den weniger gefährlichen Gegner hielt. Immerhin hatte Sadagar schon einige Lebensjahrzehnte beisammen, während ich mich der Blüte meiner Jahre rühmen durfte. Außerdem konnte sich Volcar ausrechnen, daß ich als der Ideengeber dieses Aberwitzes einige Rankünen vorbereitet hatte, ihm ans Leben zu gehen. Auch unter diesem Gesichtspunkt war es für Volcar besser, wenn er Aeda mir gab.
Ich warf einen Blick auf Aeda.
Sie fieberte. Dieses wahnwitzige Spiel – Mord und Totschlag, Frevel und Verbrechen – nur um ihrer Gunst willen; die Frau mußte noch geboren werden, der nicht das Blut heißer pulste, wenn um ihrer Liebe willen ein König seinen Kopf riskierte. Im Thronsaal herrschte atemlose Stille.
Sadagar starrte mich an, als wollte er mir auf der Stelle die Gurgel durchschneiden. Ahnte er, daß er bei diesem Spiel der Verlierer sein würde, sein mußte?
Im günstigsten Fall konnte er außer Landes fliehen und sich in irgendeinem abgelegenen Winkel vor Volcars Häschern verbergen; als Nebenbuhler jedenfalls war er dann ein für allemal ausgeschaltet.
Es war eine saubere Bande, die da beieinandersaß. Mordgedanken in jedem Herzen.
Die Volcar-Tochter hatte Zeit gefunden nachzudenken, und mein infames Plänchen paßte nun auch ihr ins Konzept – der Mann, der es schaffte, ihren Vater zu ermorden, würde es wohl auch fertigbringen, die lästigen Brüder aus dem Weg zu räumen. Dann war der Weg für die Tochter frei…
Volcar wiederum erwog, welchen Auftrag er uns geben sollte – natürlich einen, der ihm größtmöglichen Nutzen brachte, der es wert war, daß er das wenn auch geringe Risiko einging, von Sadagar ermordet zu werden.
Sadagar, auch er hatte sich beruhigt, erwog seine Chancen, mich ein für allemal aus dem Feld zu
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