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Mythor - 129 - Fluch über Nykerien

Mythor - 129 - Fluch über Nykerien

Titel: Mythor - 129 - Fluch über Nykerien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terrid Peter
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zurück.
    »Das glaube ich einfach nicht«, ächzte Necron. Er hob ein halbverfaultes Brett auf, das Schild eines Gasthauses. Es zerbröselte unter seinen Fingern.
    »Zur Königsburg!« stieß Sadagar hervor.
    Die Platten, mit denen die Mole hergerichtet worden war, zeigten breite Risse. Unkraut schoß daraus hervor.
    Mythor schätzte, daß dieser Hafen seit vermutlich einem Jahrzehnt den Naturgewalten preisgegeben war – dementsprechend sah Nykor aus.
    Ein paar Schritte entfernt war eine Statue zu sehen. Necron blieb davor stehen.
    »Ich kenne ihn«, stieß er dumpf hervor. Mythor glaubte, ein ersticktes Schluchzen hören zu können.
    Die Statue stellte einen Mann dar, der eine seltsam verkrümmte Haltung eingenommen hatte. Das Gesicht drückte ein wenig Angst und viel Erstaunen aus – soweit es poch zu erkennen war. Die Stürme und Salzwinde eines Jahrzehnts hatten an dem Stein genagt, Pflanzen hätten ihn umrankt und sich in den Ritzen festgesetzt. Nase und ein Ohr waren von der Witterung bis zur Unkenntlichkeit abgeschmirgelt.
    »Da ist noch einer!« stieß Aeda hervor.
    Es war ein Weg das Grauens, den die fünf in den nächsten Stunden zurücklegten.
    Erst vereinzelt, dann in immer größeren Ansammlungen stießen sie auf Statuen, und deren Anblick hatte Mythor sofort verraten, was es mit dem Ausdruck der Steinleute auf sich hatte.
    Niemand hätte Mythor einreden können, die Nykerier hätten sich ihre Zeit damit vertrieben, Aberhunderte lebensgroßer Statuen anzufertigen und willkürlich aufzustellen, ohne Sinn und Plan und künstlerischen Geschmack. Was dort stand, teilweise schon umgefallen und geborsten, erstarrt in jeder nur denkbaren Stellung, mit den unterschiedlichsten Ausdrücken in den deutlich erkennbaren Gesichtern – das waren versteinerte Menschen. Männer und Kinder, Greise und Frauen, auch die Tiere hatten zum größten Teil dieses Schicksal erlitten.
    Jäh war das Verhängnis über die Unglücklichen hereingebrochen. In einem Wirtshaus waren zwei Männer mitten im Faustkampf erstarrt; im Hintergrund lehnte einer über einen Tisch, der längst verrottet war, und strich vermutlich Geld ein. Gier stand in den Zügen geschrieben. Sichtlich zufrieden mit den Geschäften, hatte sich der feiste Wirt gerade über den Bauch gestrichen – so war er erstarrt. Aus einer Durchreiche ragte ein Frauenkopf, ein Mund, der ersichtlich Vorwürfe loswerden wollte, war mitten in der Bewegung erstarrt.
    Die Zahl der Opfer mehrte sich, je näher die fünf dem Palast des Königs kamen. Einer der Türme war zusammengestürzt, vermutlich ein Erdbeben hatte Teile der Befestigung einstürzen lassen. An versteinerten Wachen vorbei, die mit ausdruckslosen Gesichtern eine große Schar verzweifelter Bittsteller zurückdrängte, betraten die fünf den Palast.
    Auch hier das gleiche Bild, das ganz Nykor bot.
    Mitten im Lauf hatte ihn das Verhängnis ereilt, die Hände gefüllt mit Schmuck, am Gürtel zwei prallgefüllte Geldkatzen, den Kopf angstvoll zurückgewendet…
    In einem Winkel entdeckte Mythor eine Gestalt, die lachte – ein Mann mit krausen Haaren, einem mächtigen Schnauzbart, in der Hand einen Pokal, das Gesicht einer Gruppe Fliehender zugewandt, die unter der Last ihrer Habe fast zusammenbrach – so hatte den unerschütterlich fröhlichen Zecher die Versteinerung ereilt.
    Vielleicht der Narr an diesem Hof, vielleicht der Weiseste.
    »Volcar«, stieß Necron hervor. Er deutete auf einen Körper auf einem Ruhebett. »Ihn hat es schlafend erwischt – im Rausch.«
    Mythor sah sich in dem großen Saal um. Spinnweben waren zu sehen, es lag Staub herum. Die kostbaren Vorhänge waren zerschlissen, die Polster verfault. Jede Bewegung ließ Staubwolken aufwirbeln, in denen sich die Strahlen der Sonne deutlich abzeichneten. Sie fielen durch geborstene Fenster, durch Löcher in der Decke.
    »Ich glaube, es fehlt noch etwas an eurer Geschichte«, sagte Mythor halblaut.
    Necron nickte.

6.
    »Nimm und zähle, König Volcar. Es ist geschehen, was wir erwartet haben – wir sind einander ebenbürtig. Keiner hat auch nur einen Kupferling mehr eingenommen als der andere.«
    Zwei kleine Fässer standen vor dem Herrscher Nykeriens, bis an die Dauben gefüllt mit Münzen. Das Jahr war um; zu dritt waren wir vor Volcar erschienen und hatten das Ergebnis unserer Bemühungen vorgeführt. Als Händler hätte ich sicherlich mehr einnehmen können – so wie Sadagar als Spieler weit mehr Gewinn erzielt hätte. Aber auch so konnte sich

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