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Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition)

Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition)

Titel: Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Peters
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Seit Jahrzehnten ist dieser Effekt in der medizinischen Literatur bekannt: Wird bei einem Menschen, der Typ- 2 -Diabetes hat, die Kalorienzufuhr stark eingeschränkt – zum Beispiel durch eine Diät oder eben durch eine bariatrische Operation –, normalisieren sich die Blutzuckerwerte. Drastisch formuliert: Auch wer mit Typ- 2 -Diabetes in ein Notstandsgebiet gerät, wird wegen der Nahrungsknappheit zumindest für die Dauer des Aufenthalts seinen Diabetes loswerden – allerdings wird er auch hungern. An diesem Punkt zeigt sich, dass die Befürworter der bariatrischen Chirurgie unsauber argumentieren. Doch wie beurteilt die Hirnforschung den operativ herbeigeführten Abfall der Blutglukose? Zweifelsohne verschwindet nach solchen Operationen der Diabetes vollständig. Das geschieht aber nur deshalb, weil der operierte Patient keine Chance mehr hat, durch Mehressen auch mehr Kalorien zu sich zu nehmen. Er hat zwar keinen Diabetes mehr, aber sein Gehirn ist dafür zu lebenslangem Hungern verurteilt. Was also auf den ersten Blick wie eine fantastische Heilung aussieht, ist in Wahrheit eine fatale Nebenwirkung: Indem sie die Blutzuckerwerte senkt, destabilisiert die bariatrische Operation den an sich robusten Hirnstoffwechsel eines dicken Menschen.
    Und damit wären wir bei der Frage, welche Nachteile und Risiken diese Eingriffe bei genauem Hinsehen bergen. In der Medizin gilt grundsätzlich bei jeder Therapie die Abwägung zwischen Nutzen und Risiken für den Patienten – eine Behandlung gilt dann als sinnvoll, wenn der Nutzen die Risiken übersteigt. Die Chirurgen führen also ins Feld, dass bei den operierten Patienten das Körpergewicht reduziert und gehalten wird. Außerdem normalisieren sich die Blutzuckerwerte, Typ- 2 -Diabetes verschwindet nachhaltig. Solche Ergebnisse lösen natürlich zunächst bei Laien wie auch bei manchen Experten starke Assoziationen aus: Schließlich gelten sowohl Übergewicht als auch Typ- 2 -Diabetes als zwei der größten Gesundheitsrisiken unserer Zeit. Diese auszuschalten, kann sich doch eigentlich nur positiv auswirken – oder nicht?
    Letztlich gibt es in der Medizin bei der Beurteilung, wie nützlich eine Therapie ist, nur eine echte, harte Währung – nämlich die Sterblichkeitsrate: Leben Menschen in einer vergleichbaren Lebenssituation mit einer vergleichbaren Erkrankung mit oder ohne die fragliche Therapie länger? Das ist die Frage, der sich die bariatrische Chirurgie stellen müsste, was sie aber nicht tut. Bis heute fehlen nämlich hinreichend aussagekräftige klinische Studien, um die Erfolge und Risiken der Operationsverfahren tatsächlich beurteilen zu können. Es gibt zwar durchaus Studien, die die Erfolge betonen und die von Chirurgen auch immer wieder angeführt werden, aber nicht eine von ihnen genügt den wissenschaftlich erforderlichen Standards – weil sie nicht randomisiert sind; das heißt, die Studienteilnehmer wurden nicht durch ein Losverfahren zufällig (randomisiert) der Therapie- beziehungsweise Kontrollgruppe zugeteilt. Daraus ergeben sich eine Reihe von Unschärfen: In den vorliegenden Studien zur bariatrischen Chirurgie kann nicht ausgeschlossen werden, dass operierte Patienten von vorneherein ein niedrigeres Sterblichkeitsrisiko hatten, verglichen mit den nichtoperierten Patienten der Kontrollgruppe. So wird nicht jeder OP -Anwärter tatsächlich operiert, es gibt diverse gesundheitliche Ausschlussgründe (etwa Herzinfarkt oder Schlaganfall), auch Patienten mit psychischen Erkrankungen und Suizid-Risiko werden nach psychiatrischem Gutachten nicht mehr auf die OP -Liste gesetzt. Außerdem sind in diesen Studien die Ergebnisse womöglich auch dadurch verzerrt worden, dass man eher besonders gesunde Personen für die zu operierende Studiengruppe ausgewählt hat, während es bei der Kontrollgruppe genau umgekehrt gewesen sein könnte. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass in den Studien dicke Patienten, die wegen einer anderen (möglicherweise schwerwiegenden) Erkrankung in Behandlung waren, der Kontrollgruppe zugeteilt wurden. Man muss kein Experte sein, um erkennen zu können, dass diese Verfahren erhebliches Potenzial verzerrter Ergebnisse bergen. Im Gegensatz dazu treten beim Zufallsprinzip (Randomisierung), bei welchem Patienten mit einem vergleichbaren Gesundheitszustand – und die gleichermaßen für eine Operation geeignet scheinen – in die OP - beziehungsweise in die Kontrollgruppe gelost werden, derartige statistische Verzerrungen, die man

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