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Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition)

Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition)

Titel: Mythos Übergewicht: Warum dicke Menschen länger leben. Was das Gewicht mit Stress zu tun hat - überraschende Erkenntnisse der Hirnforschung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Peters
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einen – die Tiere der Art daphnia lumholtzi (oder Typ B) – lassen sich einen spitzen Helm wachsen, wenn sie feststellen, dass sich Räuber im Wasser befinden. Diese Maßnahme ist so erfolgreich, dass sie das Risiko, gefressen zu werden, und den damit verbundenen Stress deutlich und nachhaltig reduziert. Stressforscher sprechen in so einem Fall von einer steilen Reaktionsnorm. Das heißt im Fall der Typ-B-Krebse, dass ihnen ein beachtliches Repertoire von Erscheinungsformen zur Verfügung steht: im Frieden rundlich – bei Stress mit Schutzhelm. Die Krebstierchen vom Typ A hingegen bleiben in ihrer Reaktionsfähigkeit immer gleich, nämlich rundlich. Sie verfallen zwar in hektische Aktivität, wenn sich ein Raubfisch nähert, aber ihre Ausweichstrategie ist vergleichsweise primitiv, weil sie keinen nachhaltigen Schutz bewirkt oder für Stressabbau sorgt. Im Gegenteil – der Stresslevel bleibt hoch und kann sogar weiter ansteigen, zum Beispiel wenn der Druck der Jäger zunimmt. Die Reaktionsnorm der Wasserkrebse vom Typ A ist demnach flach. Ihre Aktivitätsmuster sind dagegen hoch, stellen aber lediglich den Versuch dar, die fehlende phänotypische Plastizität – also die Fähigkeit, sich physisch dauerhaft anzupassen – auszugleichen. Bildhaft gesprochen: Wer ohne Helm Motorrad fährt, kann noch so vorsichtig sein und aufpassen, im Fall eines Sturzes bleibt sein Kopf schutzlos.
    Wobei wir wieder beim Menschen wären. Nehmen wir an, ein junger Mann tritt nach dem Studium seine erste Arbeitsstelle an. Er glaubt, er sei durch seine Ausbildung an der Universität gut auf seine Aufgabe vorbereitet. Aber nach ein paar Wochen oder Monaten muss er feststellen, dass die Firma, für die er arbeitet, Personal einspart und gleichzeitig die Anforderungen an die Belegschaft erhöht. Somit verschlechtert sich das Betriebsklima, und das Konkurrenzdenken verschärft sich. Jeder fürchtet, seinen Job zu verlieren. Ohne es zu ahnen, ist unser junger Mann unter Haie (Stressoren) geraten. Nun gelten im menschlichen Haifischbecken andere Gesetzmäßigkeiten als in einem See in Afrika. Wer sich unter menschlichen Haien bewegt, muss normalerweise nicht um Leib und Leben fürchten. Es ist auch nicht unbedingt die Absicht der Menschen, zu Haien zu mutieren – es sind fast immer die Umstände, die das Haifischbecken und somit den Stress erzeugen. Gefressen zu werden, kann hier bedeuten, seinen Arbeitsplatz zu verlieren; eine Art finanziellen und sozialen Tod zu erleiden, da man aus dem beruflichen Lebensumfeld eliminiert wurde. Kompliziert ist auch der Umstand, dass in einem menschlichen Haifischbecken nicht immer leicht zu erkennen ist, wer ein Hai ist und wer nicht. In einem beruflichen Umfeld können Vorgesetzte, die die Vorgaben der Geschäftsleitung umsetzen oder aus eigener Motivation handeln, ebenso das Verhalten von Haien an den Tag legen wie neidische oder konkurrenzfixierte Kollegen. »Mobbing« sei hier als Stichwort genannt. Wer in einem derartigen Revier unterwegs ist, läuft Gefahr, sich permanent unsicher zu fühlen und unterschwellig ständig Angst zu haben, dass man den Anforderungen nicht genügt oder aus irgendeinem anderen Grund »gefressen wird«. Die Folge ist Stress – möglicherweise lang anhaltender psychosozialer Stress, der dort entsteht, wo Konflikte für den Einzelnen schwer oder gar nicht lösbar sind und die Möglichkeit, die Situation zu kontrollieren, stark eingeschränkt ist. Um besser verstehen zu können, warum es so schwierig ist, mit so einer Situation umzugehen, und warum sich Menschen in einer derartigen Lage oft hilflos und ausgeliefert fühlen, sollten wir einen Blick auf die Vorgänge im Gehirn werfen, die zur Entstehung von chronischem Stress führen.
    Amygdala – der Ort im Gehirn, an dem das Gefühl erzeugt wird, das wir als »Stress« erleben
    Die Zentrale des Stresssystems, also der Ort, an dem Stress im Gehirn entsteht, ist die Amygdala, der so genannte Mandelkern. Dabei handelt es sich um einen Teil, der räumlich den zerebralen Hemisphären (Großhirnhälften) zugeordnet ist. Funktional ist es ein Areal des Gehirns, das für unser emotionales Erleben entscheidend ist. Eine wichtige Rolle spielen dabei Muster der Wiedererkennung – zum Beispiel in Gefahrensituationen. Diese Wiedererkennungsmuster helfen bei der Analyse potenzieller Gefahren. Und damit wir auch ja nichts verpassen, verschafft uns die Amygdala das Gefühl hoher Erregung (die ganze Palette der Angstempfindungen), wenn

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