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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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hinunter zur Erde hängen ließen. Das untere Drittel der Vorderseite war über und über mit Zeichnungen bedeckt.
    Sie standen fasziniert und ratlos vor den seltsamen Bildern, die jemand vor langer Zeit tief in den Felsen geritzt hatte. Konzentrische Kreise, Spiralen, Wellenmuster, Striche, die entfernt an Gesichter erinnerten – alles ging ineinander über und bildete ein verwirrendes Durcheinander.
    York warf Tilly einen irritierten Blick zu. „Wirst du daraus schlau?“
    Tilly zuckte mit den Achseln.
    „Wonach suchen wir eigentlich genau?“, fragte d’Albret.
    „Ritz schreibt, dass es eine Art Plan geben muss, auf dem der Río Huallaga, der Paranapura, der Cachiyacu und der Sillay zu sehen sind“, erklärte Tilly. „Dann soll man die östlichen Zuflüsse des Río Sillay zählen bis zu dem, der mit einem Schlangensymbol markiert ist.“
    D’Albret ging ein Stück um den Stein herum. Die Linien auf der Vorderseite, dachte er, sind so verwirrend, dass Ritz sie nicht gemeint haben kann. Aber der Felsen hatte schließlich noch drei weitere Seiten.
    Einige Stellen waren mit Moos bewachsen und hinter den Ranken versteckt. Er fand eine flache Stelle auf einer der Seiten und kratzte einen Fetzen Moos weg. Dahinter lag blanker Fels mit weiteren chaotischen Zeichnungen. Die anderen folgten seinem Beispiel.
    Auf der Rückseite des Steines, in einer Höhe, die d’Albret mit ausgestrecktem Arm gerade noch erreichte, krallte sich ein kleiner Baum in die Ritzen des Felsens.
    D’Albret sprang in die Höhe, klammerte sich mit beiden Händen an den dünnen Stamm des Baumes und riss mit Gewalt daran. Die Wurzeln des Baumes lösten sich aus den schmalen Spalten. Eine glatte Fleibtos latte Fche trat zutage. Eine Fläche mit Linien. Er rief nach den anderen.
    York hob anerkennend die Augenbrauen. „Das sieht sehr interessant aus“, sagte er zufrieden. Innerhalb einer Viertelstunde hatten sie mithilfe ihrer Messer mehrere Quadratmeter Felsen mit einem Gewirr feiner, langer Linien freigelegt. In drei Metern Höhe wurde die Fläche von einem Kreis geschmückt, den ein Wellenmuster umspielte.
    „Das ist es“, jubelte Tilly.
    York trat einen Schritt zurück, holte seinen Fotoapparat heraus und machte eine Reihe von Bildern.
    „Wenn das dort oben die Sonne darstellt, ist es also Süden“, stellte Tilly fest. York nickte und zog eine Karte des Distrikts Datem del Marañón aus einer der vielen Taschen seiner Hose. Er fuhr mit dem Finger darauf herum und verglich die Angaben mit der Felszeichnung. Dann drehte er sich zu den anderen herum und verzog sein Gesicht zu einem breiten Grinsen.
    Tilly trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. „Was ist jetzt?“
    „Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren“, verkündete York laut, „ist die gesuchte Karte.“
    Er nahm einen Stock und wies auf eine Stelle der Petroglyphen. Eine kleine, spindelförmige Mulde war dort in den Felsen geschlagen, umgeben von einem Kreis. Das Symbol erinnerte an das Auge eines Reptils mit der typischen schlitzförmigen Pupille.
    Tilly schlug mit der Faust in die Hand. „Ja!“, rief sie. „Das dürfte das Schlangensymbol sein.“ Sie kniff die Augen zusammen. „Das Symbol markiert den zweiten Fluss aus dem Osten ab dem Punkt, wo der Río Sillay aus den Bergen kommt. Wie heißt er?“
    „Auf meiner Karte hat er leider keinen Namen“, stellte York fest. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und hinterließ dabei einen Schmutzstreifen.
    „Wir sind ganz dicht dran“, verkündete er, legte den Kopf in den Nacken und stieß einen wilden Schrei aus.
    „Und wenn sich die Situation in den letzten 500 Jahren geändert hat?“, fragte van der Merwe. Sie befanden sich wieder auf dem Rückweg ins Camp.
    York drehte sich zu ihm um. „Diese Zeichnung entspricht der Karte so auffällig, dass das offensichtlich nicht der Fall ist. Selbst die Verzweigungen von dem Zufluss des Río Sillay nach Süden und Norden stimmen überein.“
    Er schüttelte lachend den Kopf. „Nein, mein Junge“, rief er. „Wir müssen nur noch am Ufer dieses Flusses die Säule mit dem Götzenbild finden.“
    „Ist das nicht ein Problem?“, fragte d’Albret. „Das könnte doch sonst wo an diesem Flussufer sein.“
    York ließ sich nicht die Laune verderben. „Ritz schreibt, dass er dem Río Sillay und dem markierten Fluss über eine Entfernung von vier bis fünf Leguas gefolgt war und abends auf eine Sandbank mit einem Götzenbild und einem gepflasterten Weg gestoßen

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