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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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dieses Gebiet lag tatsächlich exakt dort, wo es der steinernen Karte von Balsapuerto zufolge liegen musste. Wieder erwies sich der Schweizer Landsknecht als zuverlässige Quelle. Und sie waren ganz dicht dran. Ganz dicht.
    Er trank seine Bierflasche auf einen Zug leer. Wenn das kein Grund zu feiern war. Dann bemerkte er, dass Dan ihn irritiert anschaute. Er ließ das breite Grinsen von seinem Gesicht verschwinden und heuchelte Anteilnahme. „Schlimm“, sagte er.
    „Unsichtbare Mörder“, sagte der Missionar und senkte den Blick. „Das ist doch heidnischer Unsinn.“ Er lehnte sich zurück und schaute zu den Frauen hinüber, die im Licht der Öllampen hockten und ein Lied sangen.
    „Ich erzähle euch jetzt einmal etwas.“ Dan lallte leicht. Er hatte zu viel Masato getrunken. Im Gegensatz zu York hatte er offenbar kein Problem mit Getränken, die aus den Körpersäften anderer Menschen hergestellt wurden. Andererseits tranken Christen schließlich auch das Blut Christi.
    „Wir haben doch Bibelbilder, mit denen wir hier denjenigen, die nicht lesen können und wenig Spanisch verstehen, zeigen, wovon wir reden.“ Dan schlug die Beine übereinander und putzte umständlich seine Brille. „Darunter sind Bilder, wie Noah nach der Sintflut mit den Tieren die Arche verlässt. Und da fliegt auch so ein großer schwarzer Vogel davon. Einer meiner Kollegen hat erzählt, dass er diese Bilder einigen Candoshi gezeigt hat. Und die haben in dem Vogel sofort einen gigantischen schwarzen Adler wiedererkannt, der angeblich in der Nähe ihrer Dörfer gelebt und ihnen die Babys entführt hat.“
    Er blinzelte Amaringo kurzsichtig an. „Sie waren empört, dass Noah diesen bösen Vogel mit auf die Arche genommen hat.“
    Amaringo hatte sich eine Zigarette angezündet und York und dem Missionar ebenfalls welche angeboten. Sie rauchten schweigend.
    „Der Alcalde von Balsapuerto hat uns erzählt, die Jesuitenmissionare hätten den Matararo auch El Raptor genannt“, sagte York. „Haben die vielleicht diese Adler gemeint?“
    „Die Candoshi leben weit im Norden“, sagte Amaringo. „Ich glaube nicht, dass sie jemals Kontakt mit dem Matararo hatten. Und der Matararo ist ganz sicher kein schwarzer Adler, der Babys entführt.“
    Dan klopfte auf den Tisch, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. „Raptor“, verkündete er bedeutungsschwanger, „ist nicht nur das spanische Wort für Entführer.“ Er machte eine Pause und trank aus seiner Schale. Weiße Tropfen hingen in seinem Schnurrbart. „Raptor ist lateinisch. Und es heißt Räuber.“
    York fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Das waren alles doch nur Märchen, um Kinder zu erschrecken.
    „Matararo oder schwarzer Adler“, lallte Dan plötzlich, „das ist doch völlig egal. Apu, du weißt, wir haben die bösen Geister mit Gottes Hilfe verjühs Hilfeagt. Sie können im Wald toben und schreien – manchmal höre ich sie nachts dort –, aber Gott beschützt uns, und die bösen Geister wissen das. Wir haben nichts zu befürchten, wenn wir auf Gott vertrauen.“
    Amaringo nickte. Für ihn was das Thema offensichtlich beendet.
    York sah, wie Tilly am Nachbartisch in ein großes Stück Fleisch biss, das im Gegensatz zu dem Zeug im Topf richtig appetitlich aussah.
    Dan folgte seinem Blick und schüttelte den Kopf. „Schweinefleisch“, erklärte er. „Das essen hier nur die Frauen. Die Männer nie. Ist so Sitte.“
    Wie dämlich, dachte York ärgerlich. Muslime durften gar kein Schweinefleisch essen, Juden nur koscheres Fleisch, Christen am Freitag nur Fisch – was sollte das alles?
    D’Albret hielt ihm einen Teller mit einem der Fische unter die Nase. Dankbar lächelte er dem Priester zu.
    Der Franzose setzte sich neben Dan und betrachtete den evangelikalen Missionar mit neugieriger Miene.
    „Sie versuchen also, die Menschen hier zum christlichen Glauben zu führen?“, fragte er mit einem harmlosen Lächeln.
    Der Amerikaner breitete die Arme aus. „Mit Gottes Hilfe.“
    „Ich dachte, die meisten Indigenen hier wären bereits Christen.“
    „Die katholische Kirche hat die Shawi schon vor langer Zeit vergessen“, sagte Dan. „Viele sind noch, oder wieder, Animisten – oder ihre Religion ist eine Mischung aus Resten des katholischen Glaubens und einer Menge Aberglauben. Es gibt nicht viele katholische Kirchen hier draußen, aber immer mehr von unseren. Einfache nur, aber im rechten Glauben errichtet.“
    Er schüttelte den Kopf. „Ohne die Taufe droht den Menschen in

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