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Mythos

Mythos

Titel: Mythos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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Carlos, der Copilot, und Manuel, der die ganze Sache hier schlicht und einfach verschlafen hat.“
    Manuel, der Glatzkopf auf den Stockbetten, schaute auf, als er seinen Namen hörte. Er hatte ein flaches Gesicht und die Nase eines Boxers. Carlos, der Copilot im Overall, nickte Dave schweigend zu.
    York runzelte die Stirn. „Wieso sprichst du eigentlich so seltsam von diesen Leuten, die uns angreifen?“
    „Weil es keine Leute sind.“ Ein Schauer überlief den hageren Mann. „Ihr hattet keine Gelegenheit, einen Blick auf sie zu werfen, was?“, fragte er leise. „Aber ich.“
    Mit zitternden Fingern fischte er eine neue Zigarette aus der Schachtel.
    Sonntag, 21. Juni, Tunnelsystem nördlich des Río Supayacu, Peru
    Was war das für ein furchtbarer Geruch! Und wieso war es so dunkel? Pérez schloss die Augen und öffnete sie wieder. Nein, da war keine Veränderung. Er konnte nichts sehen. Sein Gesicht schmerzte. Er tastete vorsichtig nach seiner Nase und zuckte zurück. Eine Kruste zog sich über die Nasenwurzel. Alles fühlte sich taub und geschwollen an, zugleich pochte dort ein dumpfer Schmerz.
    In der Luft lag ein modriger Dunst von lange zurückliegender Feuchtigkeit, gemischt mit dem Gestank von Schweiß, Urin und Kot. Und über allem lag der süßliche Hauch der Verwesung.
    Er versuchte, sich aufzurichten. Doch ihm wurde schwindelig. Wo war oben, wo unten? Er sackte zurück. Sein Kopf stieß gegen den harten Boden.
    „Puta madre!“, flüsterte er.
    „Sind Sie wach?“
    Erschrocken fuhr Pérez zusammen. Dann erkannte er Tanriverdis Stimme. Erleichtert stieß er die Luft aus. Der Türke murmelte etwas in seiner Sprache.
    Pérez richtete sich erneut auf. Diesmal gelang es ihm. Auf die Ellbogen gestützt starrte er mit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit.
    „Tanriverdi?“, sagte er leise. „Was ist passiert?“ Seine Stimme hallte dumpf und leise von den Wänden zurück. Sie mussten sich in einem relativ großen Raum befinden.
    „Allah uludur“, stieß der Türke aus. „Ich bin froh, Ihre Stimme zu hören. Wie geht es Ihnen?“
    „Was ist denn passiert?“, wiederholte Pérez.
    Tanriverdi stieß die Luft aus. „Mahluk … diese Kreaturen. Sie sind … Ich bin in Ohnmacht gefallen, als sie den Polizisten gepackt haben.“ Seine Stimme zitterte. „Ich bin erst hier drin wieder aufgewacht. Seitdem … nichts.“
    Pérez setzte sich auf. Er stieß gegen eine Wand und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. „Die Shawi müssen wahnsinnig geworden sein, dass sie sich auf einen Kleinkrieg mit der Polizei einlassen.“
    „Shawi?“, fragte Tanriverdi. „Kennen Sie etwa den Namen dieser Kreaturen?“
    Pérez runzelte die Stirn. Sofort schoss ein Schmerz in seine Nasenwurzel.
    „Hier in der Gegend“, erklärte er, „leben die Shawi, die Chayahuita-Indianer. Vielleicht gibt es auch einige Jeberos, aber das glaube ich nicht.“ Er versuchte erneut, in der Dunkelheit etwas zu erkennen.
    „Vor langer Zeit waren die Shawi mal Kopfjäger. Vielleicht denken sie, es wäre Zeit, die alten Sitten aufleben zu lassen. Das würde den Kopf erklären, den wir gefunden haben.“
    „Sie glauben, uns hätten Indios angegriffen?“ Tanriverdi seufzte. „Aber das waren keine Indios.“
    Pérez betastete gerade erneut seine schmerzende Nase. Dann ging ihm auf, was Tanriverdi gesagt hatte. War der jetzt durchgedreht? „Keine Indios?“, fragte er nach. „Was denn sonst?“
    „Keler“, sagte Tanriverdi leise. „Sie würden glauben, ich wollte Sie belügen.“
    Pérez zog die Beine an die Brust und schaute nach oben. Da, einige Meter entfernt, tauchte in der Höhe eine graue Linie auf. Eine Öffnung in der Decke, durch die etwas Licht hereinfiel.ich herein
    Auch Tanriverdi hatte es bemerkt. „Die Sonne geht auf“, sagte er leise.
    Pérez hörte es rascheln, dann begann Tanriverdi mit dem Morgengebet. Er hörte schweigend zu und überlegte, wann er zum letzten Mal um Gottes Beistand gebeten hatte. Vor seiner Diplomprüfung. Und vielleicht hatte es sogar geholfen. Schließlich war eine gute Note dabei herausgekommen. Wenn Gott ihm schon bei solchen Dingen beigestanden hatte – vielleicht würde er ihm dann jetzt auch zur Seite stehen? Leise begann er, einen Rosenkranz aufzusagen. Und tatsächlich beruhigte ihn das monotone Wiederholen der immer gleichen Sätze.
    Die Dämmerung fand ihren Weg herein. Langsam schälten sich die Konturen des Raumes aus der Dunkelheit. Es war eine kleine Halle. Sie selbst saßen in einer

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