Nach all diesen Jahren
schnell wie möglich.“ Plötzlich durchflutete ihn ein Gefühl unglaublicher Freude. „Besser gesagt, sobald es arrangiert werden kann. Ich werde alles sofort in die Wege leiten. Standesamt … und ein kleiner Empfang …“ Er blickte Sarah an, sah ihre hochroten Wangen, die goldenen Locken, die ihr über die Schultern fielen. Ihn überkam der Drang, seine Hände in ihren Haaren zu vergraben, sie an sich zu ziehen …
„Obwohl – du hast immer von einer Märchenhochzeit geträumt. Darum solltest du entscheiden, wie du es gern hättest. Von mir aus kannst du tausend Leute einladen und in der St. Pauls Kathedrale heiraten.
Sarah wollte schon erwidern, dass es ihr völlig egal sei, da es ja keine „echte“ Hochzeit sein würde. Gut, sie waren einmal zusammen gewesen. Gut, sie waren miteinander ins Bett gegangen und sie hatte sich der irrigen Hoffnung hingegeben, sie würden ein Paar werden. Aber er hatte sie damals nicht geliebt, und er liebte sie auch jetzt nicht. Diese Ehe sollte lediglich seine Interessen bezüglich seines Sohnes wahren. Und das auch nur, weil sie seinen Vorschlag, seine Geliebte zu werden, abgelehnt hatte.
Er betrachtete diese Hochzeit wahrscheinlich als Geschäftsabschluss. Außerdem erschien es ihm vermutlich leichter, sie zu heiraten, als sich auf einen anderen Menschen einzulassen. Ursprünglich hatte er wahrscheinlich angenommen, ein Zusammenleben ohne Trauschein würde eine Trennung einfacher machen – ohne diese ganzen rechtlichen Folgen. Aber als Ehemann wäre seine Position, sollte es wegen des Sorgerechts jemals zu juristischen Auseinandersetzungen kommen, eine weitaus stärkere.
Sarah sah ihn an. Warum soll ich jetzt eine Diskussion über die Feier anzufangen? fragte sie sich. Es ist ja sowieso nicht das, was ich mir wünsche.
„Eine kleine Feier“, stimmte sie zu.
„Aber doch ganz traditionell“, fügte Raoul hinzu. „Ich nehme an, das würde dir – und deinen Eltern – gefallen. Hast du nicht einmal ein Armband deiner Großmutter erwähnt? Das jeweils von der Mutter auf die Tochter übergeht?“
„Hast du eigentlich irgendetwas vergessen, was ich dir jemals erzählt habe?“, fragte sie unwirsch. Sie fand es schrecklich, wie er ihr all ihre Träume wieder ins Gedächtnis rief, nur um ihr umso grausamer klarzumachen, wie anders die Realität aussah. „Ich glaube, sie hat es verloren.“
„Sie hat es verloren?“
„Ja. Beim Unkrautjäten. Irgendwie muss der Verschluss sich gelöst haben …“ Sarah zuckte die Achseln. „Auf jeden Fall gibt es kein Armband mehr.“
„Wie schade!“
„Ja.“ Sarah runzelte die Stirn. „Wie stellst du dir das alles eigentlich konkret vor? Wir heiraten … und dann wohnen wir alle zusammen hier?“
„Richtig.“
„Und dein Apartment?“
Gleichgültig zuckte Raoul mit den Schultern. Es war ihm egal. Sein Apartment interessierte ihn überhaupt nicht mehr. Es gefiel ihm auch nicht mehr: die kühle, seelenlose Atmosphäre, die abstrakten Gemälde, die er nur aus Investitionsgründen erworben hatte, und die teure, aber unbenutzte Küche. All das schien zu einem Menschen zu gehören, der er nicht mehr war.
„Ich werde es wohl behalten. Ich bin nicht darauf angewiesen, es zu vermieten oder zu verkaufen.“
„Warum willst du es behalten?
„Warum interessiert dich das?“
„Reine Neugierde.“ Wahrscheinlich behält er es als Liebesnest, dachte Sarah. Sie zwang sich, diesen Gedanken zu unterbrechen. „Es ist doch dein Zuhause. Sicher ist es dir wichtig.“
„Überhaupt nicht. Ich habe es gekauft, als ich meine erste Million gemacht hatte, aber du wirst es nicht glauben: Ich bin seiner in letzter Zeit wirklich überdrüssig geworden. Wahrscheinlich habe ich mich daran gewöhnt, dass alles etwas chaotischer ist.“ Er lächelte. Plötzlich fühlte er eine Riesenlast von seinen Schultern fallen.
In Sarahs Kopf überschlugen sich dagegen die Gedanken. Raoul will in diesem Haus leben! Die Vorstellung verursachte ihr eine Gänsehaut. Wird er auf seinen „ehelichen Pflichten“ bestehen?
„Ich finde, wir sollten vorher über … über gewisse Dinge reden“, stammelte sie.
Überrascht blickte Raoul auf ihre Hand, die sie auf seinen Arm gelegt hatte.
„Ich meine, was deine Erwartungen … und so … betrifft“, fügte sie hinzu.
Er runzelte die Stirn. „Willst du eine Liste?“
„Natürlich nicht! Aber wir sollten schon darüber reden …“
„Es wird so einfach beziehungsweise so kompliziert, wie wir es
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