Nach alter Sitte
von einer Kapazität von fünfhundert Rindern. Und es stimmt, er erwähnte, dass die Leute im Ort davon nicht begeistert sind.«
»Wieso musst du bestätigen, dass das stimmt, was ich da eben gesagt habe?«, brummte Lorenz.
»Weil du dich mit der Viecherzahl vertan hast, da musste ich dich korrigieren, und da wollte ich nur ...«
»Stopp!«, dröhnte die Kock. »Ihr hört euch an wie ein altes Ehepaar. Ist ja nicht zum Aushalten!«
Bärbel lachte. »Das sag ich ja auch immer.«
Die Kommissarin wandte sich an Rita. »Sag mal, sind die immer so?«
Rita grinste. »Eigentlich schon. Du wolltest sie befragen.«
Ella Kock seufzte. »Manchmal ist dieser Job eine echte Knochenarbeit. Ich werd jetzt noch mal mit dem Naas Junior sprechen. Der hat kein Alibi, und ein Motiv hat er auch. Immerhin erbt er den Hof, ohne dass sein Vater das ganze Geld für einen Betrieb ausgibt, den keiner will.«
Mit diesen Worten ließ sie die Gruppe stehen und eilte dem Naas’schen Wohnhaus entgegen.
Lorenz grinste Rita an: »Siehste, so ist die Polizeiarbeit richtig. Die Frau teilt mir wenigstens mit, was sie gerade so denkt.«
Rita schüttelte den Kopf. »Die Kock ist aber auch ’ne Marke.« Dann sah sie auf ihre Uhr. »So, ich muss mal wieder. Soll ich euch nach Nideggen fahren?«
»Das wär ’ne gute Idee«, meinte Benny. »Dann kann ich noch was bleiben. Ich hab ja heut Nachmittag meinen Freien, und es ist ja eigentlich schon Mittag, oder?«
Bärbel lachte. »Wir werden der Klinkenberg schon verklickern, dass dein Arbeitstag vorbei ist. Viel Spaß!«
Benny blinzelte Bärbel verschmitzt zu, dann ging er zu Vera Distel hinüber, die am gegenüberliegenden Rand der Baugrube stand und schon mehrmals in seine Richtung geschaut hatte.
Lorenz sagte leise: »Der in Ehren ergraute Ermittler hätte sich durchaus vorstellen können, dieses Mädchen zu adoptieren. Für alles andere war er zu alt, und ein wenig beneidete er den jungen Pfleger.« Dann sah er zu Gustav und Alexander hinüber und kraulte nachdenklich seinen weißen Bart.
19. Kapitel
Die Sonne war schon seit Stunden hinter dem Odenbleuel untergegangen. Doch Vera und Benny hatten das nicht beachtet. Längst war die Grabungsstätte verlassen und menschenleer. Die beiden waren zum nahe gelegenen Grillplatz spaziert und hatten sich dort auf einer Bank niedergelassen, von der aus sie einen schönen Blick in die blumenübersäten Wiesen des Odenbachtales hatten. Doch eigentlich hatten sie nur Augen füreinander. Obwohl Benny den Drang verspürte, dem hübschen Mädchen alles Mögliche zu erzählen, hielt er sich zurück und hörte lieber zu. Mit einer hellen, weichen Stimme ließ Vera ihn am Verlauf ihrer Kindheit teilhaben. Ein Mädchen im Kölner Stadtviertel Ehrenfeld, das hieß, neben der Schule hauptsächlich Tanzausbildung als Funkenmariechen, später, als sie mit Jungs abzuhängen begann, der Wechsel vom Karnevalstanz zum Capoeira. Vera begann, Benny diese tänzerische Kampfsportart zu erläutern. Der war sofort Feuer und Flamme und konterte mit seiner Kendo-Ausbildung. Und natürlich kannte er auch Capoeira, und dann hatten die beiden ein Thema gefunden, bei dem sie nicht merkten, wie es dunkel und langsam auch kühl wurde. Sie zeigte ihm, wie man während des Kampfes immer in Bewegung war und dabei stets lächelte. Er bewunderte ihre anmutigen Bewegungen und setzte dann, nachdem er sich einen kräftigen Ast aus dem Buschwerk gegriffen hatte, eine Kendo-Schrittfolge mit angetäuschten Stockhieben dagegen. Und dann dauerte es nicht lange, bis sie sich im Spiel berührten und sich dann nicht mehr voneinander lösen mochten. Sie küssten sich, fordernd und leidenschaftlich von der ersten Berührung ihrer Lippen an. Benny versuchte, seine Hände im Zaum zu halten, registrierte dann aber erstaunt, dass Vera intensivere Berührungen verlangte. Kurz durchzuckte ihn der Gedanke, ob ihm dies nicht vielleicht etwas zu schnell ging, doch dann überwältigten ihn die angenehmen Aspekte des Tempos, das sie vorlegte. Es fiel ihnen noch kurz auf, dass sie vom Obergeschoss des nahe gelegenen Forsthauses vielleicht beobachtet werden könnten, doch dies wurde ihnen schnell gleichgültig. Genauso wie alles andere um sie herum.
Es dauerte eine halbe Stunde, bis sie die Kühle der hereinbrechenden Eifelnacht zu spüren begannen. Vera sah Benny in die Augen und sagte leise: »Wow. So was mache ich normalerweise nicht.«
Benny lag die Antwort auf der Zunge, dass sie das alle sagen würden,
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