Nach alter Sitte
nicht.«
»So wie ich euch beide kenne, wird keiner von euch etwas davon zu Papier bringen«, frotzelte Gustav.
»Selbst wenn ich wollte, ich fürchte, dazu komme ich nicht mehr, wenn dieses Rollkommando da vorne mit mir fertig ist«, sagte Lorenz und wies in die Richtung, aus der die Kommissarin Ella Kock heranstiefelte, in Begleitung von Rita Bertold.
»Da haben wir ja Mister Marple und sein Ermittlerteam«, donnerte die Kommissarin los, noch einige Meter von Lorenz und den anderen entfernt. Als Ella Kock vor Lorenz stand und dieser sich sehr klein und schmächtig vorkam, fuhr sie mit unverminderter Lautstärke fort: »Wenn ich mich nicht irre, ist mein Vorgänger ums Leben gekommen, als er in einem Fall ermittelte, in dem Sie die Nase drin hatten. Hoffen Sie mal besser nicht drauf, dass mir dasselbe passiert.«
»Selbst wenn ich das hoffen würde, was ich natürlich nicht tue, hätte ich nicht den Mut, Ihnen das hier ins Gesicht zu sagen«, entgegnete Lorenz. »Aber was immer Sie von mir wollen, bitte versprechen Sie mir, mich in Gegenwart meiner Enkeltochter nicht zu schlagen, ja?«
Zum ersten Mal sah er in den Augen der Kommissarin so etwas wie ein Lächeln. »Keine Angst«, sagte sie in deutlich angepassterer Lautstärke. »Wenn ich einen Kerl schlage, dann … ach nee, das gehört nicht hierher. Ich denke, Rita kann Ihnen zuerst einmal ein kleines Detail unserer Ermittlungsarbeit offenbaren.«
Rita nickte und fuhr fort: »Opa, die Email-Adresse, mit der du angeschrieben worden bist, wurde auf deinen Namen und deine Adresse angelegt. Ich hoffe, nicht von dir.«
»Natürlich nicht!«, rief Lorenz aus. »Kann man das denn so einfach machen?«
»Klar«, antwortete Rita. »Eine solche kostenlose Email kannst du ohne jede Überprüfung deiner Angaben auf irgendeinen Namen anlegen. Da will dich jemand so richtig ärgern.«
»Oder aber unser Opa Bertold ist doch nicht so clever wie wir denken, und er schickt sich selbst Nachrichten, um uns zu täuschen«, fügte Ella Kock hinzu.
»Das glauben Sie doch selbst nicht«, sagte Alexander Grosjean.
»Wir sind nicht in der Bibelstunde, mein Schöner«, dröhnte die Kock. »Mein Glaube interessiert hier einen Scheiß!«
Lorenz konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Er war also offenbar nicht der Einzige, dem das überaus gepflegte Äußere von Gustavs Freund auffiel. Das rächte sich aber sofort, denn die Kommissarin fuhr fort: »Und Sie haben bald gar nix mehr zu lachen. Ich gehe mit Amateurermittlern unerbittlich um, das will ich nur mal gesagt haben!«
»Schon verstanden«, sagte Lorenz. »Aber Sie wollten doch sicherlich mehr, als nur etwas über diese elektronische Postgeschichte zu plaudern.«
»Ganz richtig. Ich will von Ihnen wissen, was genau der Inhalt des Streites war, den Sie am Vorabend des Mordes mit dem Opfer hatten. Wie kam es dazu? Das habe ich nämlich immer noch nicht so recht verstanden.«
»Naas kam zu mir, weil er die Mitteilung bekommen hatte, dass er nicht weiterbaggern dürfe, bis die Archäologen das Gelände gesichtet hätten. Und er machte mich dafür verantwortlich, wenn er seinen Riesenstall nicht weiterbauen dürfte. Denn ich hatte ja bei ihm zuerst gebuddelt und eine Meldung gemacht.«
»Und darüber gerieten Sie in Streit?«
»Eigentlich nicht. Ich habe ihm gesagt, dass er nicht ganz dicht ist, wenn er missachtet, welche Möglichkeiten sich durch die Entdeckung eines antiken Schlachtfeldes vor seiner Haustür ergeben würden. Oder so ähnlich. Er sagte mir, dass er mich gerne mit dem Bagger plattmachen würde. Das gilt unter alten Eiflern noch nicht als Streit.«
»Ach so.«
»Eben.«
Rita fragte: »Weißt du genau, dass der Naas hier einen Großstall bauen wollte? Sein Sohn und ein Nachbar behaupten das auch, aber es liegt kein Bauantrag vor.«
Lorenz zuckte mit den Achseln. »Ich weiß auch nur, was der Alte mir gesagt hat. Da war sein Sohn übrigens dabei.«
»Wie? An dem Abend vor dem Mord?«, fragte Ella Kock.
»Nein, am Tag vorher, als Gustav und ich hier waren.«
»Und – was sagte Naas Junior zu alldem?«
»Er schien auch nicht sehr begeistert vom Plan seines Vaters. Das Schlachtfeld schien ihm interessanter. Und er erwähnte, dass einige Leute im Ort es gar nicht gerne sehen würden, wenn er einen Stall für vierhundert Rindviecher baut, das würde nicht in die Landschaft passen.«
»Fünfhundert«, fügte Gustav hinzu.
»Was?«, fragte Ella Kock.
Gustav erklärte: »Ich war ja dabei. Rolf Naas sprach
Weitere Kostenlose Bücher