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Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Titel: Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus-Ulrich Bielefeld , Petra Hartlieb
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habe dir mehrmals gesagt, dass ich Verlässlichkeit brauche. Und als du mit dieser blöden Wienerin rumgemacht hast, da ist es passiert. Du warst weg, du hast dich nicht bemüht um mich, du hast gespielt, du wolltest nicht wirklich.«
    »Das stimmt nicht, ich wollte –«
    »Du hattest so viele Möglichkeiten, aber du wolltest nicht wirklich. Es ist sehr schmerzlich für mich, du hast mir viel bedeutet.«
    »Viel bedeutet…« Bernhardt merkte, wie er wütend wurde.
    »Das ist ungefähr das Blödeste, was du sagen konntest. Viel bedeutet! So blöd zu reden!«
    »Du hast recht, ich verstehe, wenn du wütend bist. Aber du hast selbst dafür gesorgt, dass wir jetzt an diesem Punkt sind.«
    »Ach, ich bin für diese Situation verantwortlich? Na toll.«
    »Sei nicht böse, es ist besser so. Ich habe mit meinem Freund gesprochen, der wird mich unterstützen.«
    »Ach, du hast mit ihm –«
    »Nein, es ist anders, komplizierter.«
    »Dann sag mir doch, wie’s ist, damit ich was begreife.«
    »Du musst das nicht wissen. Ich will dir nicht weh tun.«
    »Nett, danke.«
    Wenn Bernhardt später an diesen Abend dachte, fiel ihm immer zuallererst der Moment ein, als die Wut in ihm zusammengesackt und erloschen war. Je ferner der Abend lag, desto glücklicher war er darüber, dass er ruhig geblieben war.
    Sie saßen noch eine Zeitlang beisammen. Sie blockte seine nur noch halbherzig, sozusagen pflichtgemäß vorgebrachten Fragen ab. Als er ihre Hand ergriff, war die immer noch feucht und kalt, wie jetzt auch seine eigene. Irgendwann erhob sie sich. »Bringst du mich nach Hause?«
    Sie gingen den kurzen Weg zu ihrer Wohnung. Sie hatte den Arm um seine Schulter gelegt. Vor ihrer Haustür küsste sie ihn leicht auf den Mund. Im milden Licht der Gaslaterne sah er, wie eine Träne sich aus ihrem Augenwinkel löste und langsam über ihre Wange in den Mundwinkel lief. Wie ein flüssiger Kristall, dachte er, der gleich einfrieren wird.
    Eine Stunde später stand er am Tresen im Renger & Patzsch in der Merseburger Straße nahe seiner Wohnung. Er hatte es nicht geschafft, gleich nach Hause zu gehen. Eigentlich mochte er das Restaurant nicht. All die Alt-68er, die sich hier als Gourmets aufspielten, gingen ihm schwer auf den Senkel. Aber jetzt war es genau richtig. Zielstrebig trank er einen halben Liter Tegernseer Helles nach dem anderen. Ein Kellner, der aus den zwanziger Jahren ins Diesseits gebeamt zu sein schien, mit ausrasierten Schläfen und Nacken, dem die dünnen grauen Haare in die Stirn fielen, sprach Bernhardt an, nachdem der innerhalb einer guten Stunde fünf Halbe runtergeschüttet hatte.
    »Schwerer Tag heute?«
    »Ging so.«
    »Ich würde an die Kopfschmerzen morgen denken.«
    »Werd ich nicht haben, da hab ich noch genügend Restalkohol.«
    »Trotzdem. Ich würde jetzt mit einem Schnaps abschließen – und dann in die Falle.«
    Ganz gegen seine Art folgte Bernhardt dem wohlmeinenden Rat des Kellners.
    In seiner Wohnung griff er zum Telefonhörer und rief Cornelia an. Sie war freundlich, aber abweisend, im Hintergrund hörte man die Kinder und eine ruhige Männerstimme.
    »Na, du wirst ja schon unterstützt.«
    »Ja, wie ich dir gesagt hatte.«
    »Und du meinst, mit uns ist nichts mehr drin?«
    Es fiel ihm schwer, klar und deutlich seine Worte zu artikulieren.
    »Nein.«
    »Und wenn ich mich ändere?«
    »Du wirst dich nicht ändern. Aber versuch’s trotzdem.«
    »Aber wir könnten doch –«
    Und dann kam der Satz, der Bernhardt in dieser Nacht und noch viele Jahre später durch den Kopf spuken würde: »Komisch, wenn der andere nicht mehr will, dann fängst du erst richtig an, oder?«

25
    Es war kurz vor zehn, als Anna aus einem unruhigen Schlaf schreckte. Sie hatte am Abend zuvor lange nicht einschlafen können und musste den Wecker überhört oder einfach abgestellt haben. Ihr Handy befand sich in den Tiefen ihrer Handtasche, und die war in der Küche – deshalb hatten die zahlreichen Anrufe sie auch nicht geweckt. Blitzwäsche, Zähneputzen und ein paar frische Klamotten – sie brauchte nicht länger als zehn Minuten, um das Haus zu verlassen. Auf dem Rücksitz eines überheizten Taxis schrieb sie eine SMS an Motzko: Bin in zehn Minuten da. Wenn der Hofrat fragt, erfinden Sie etwas.
    Im Büro war niemand zu sehen, auf ihrem Schreibtisch hatten sich Notizen angesammelt, obenauf ein gelber Zettel: Hofrat anrufen . Sie schob ihn tief nach unten, machte sich eine große Tasse Kaffee und legte ihr Kipferl auf den

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