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Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Titel: Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus-Ulrich Bielefeld , Petra Hartlieb
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sie nur tot kennengelernt hast. Vielleicht wärst du ihr ebenfalls verfallen.«
    »Quatsch, ich verfalle niemandem.«
    »Da wär ich mir nicht so sicher. Du lässt doch nichts anbrennen.«
    »Was soll das denn heißen?! Was für ein hässliches Wort.«
    »Ja, ja, also, ich muss dann mal. Die Liste muss abgearbeitet werden. Ich meld mich, wenn es was Neues gibt.«
    »Na, dann tschüss… oder wie sagt ihr Wiener immer: baba. Du bist mir übrigens noch eine Erklärung schuldig, erinnerst du dich? Du wolltest mir erzählen, woher dieser seltsame Abschiedsgruß stammt.«
    »Stimmt, das hab ich ganz vergessen. Ich hol es nach, sobald wir wissen, wer unsere Diva ins Jenseits befördert hat. Ausführlich.«
    »Abgemacht.«
    Anna legte das Telefon auf den Schreibtisch und lächelte still vor sich hin. Irgendwie mochte sie ihn, den alten Grantler aus Berlin, auch wenn es nicht immer leicht war mit ihm. Aber heute hatte seine Stimme so warm geklungen – Anna versuchte sich an seine Augen zu erinnern. Braun oder grau?

24
    Im Rixx in der Boddinstraße waren Thomas Bernhardt und Cornelia Karsunke lange nicht mehr gewesen. Die Kneipe war nicht mehr so dunkel und wirkte nicht mehr ganz so abgeranzt wie bei ihren früheren Besuchen. Behutsame Lokalerneuerung, oder was war das hier? Wo waren die Rocker in ihren Fransen-Lederklamotten, wo ihre blonden, solariumgebräunten Bräute mit den auftoupierten Vokuhila-Frisuren? Wo waren die Rentner, die immer noch ihre klebrigen, nach Jahrzehnten aber stark ausgedünnten Elvis-Presley-Haarschnitte trugen und trübsinnig vor ihrer Molle mit Korn saßen? Waren die in Richtung Buckow und Rudow verdrängt worden?
    Vereinzelt sah man an den Tischen schon den Berliner Typus des homo creativus, junge Männer und Frauen mit schwarzen Hornbrillen, die ernst und bedeutsam vor sich hin blickten und ab und zu ein paar Zeilen in ihr kleines, weißes Notebook tippten oder über ihr iPad wischten und in kurzen Abständen ihr Smartphone zückten und telefonierten: »Nein, nicht im HAU , eher im Ballhaus, am besten Heimathafen Neukölln – Förderantrag, nee, nicht über die Bosch-Stiftung, das läuft übers Bezirksamt Neukölln – scheiß auf Buschkowsky, der ist Bürgermeister, kann uns egal sein, wir machen’s über das Kulturressort…«
    Thomas Bernhardt war irritiert. »Dass es die jetzt schon hierher verschlägt.«
    Cornelia Karsunke zog ihn in eine dämmrige Ecke, die anscheinend noch nicht renoviert worden war. Über dem Tisch hing ein Lampenschirm mit Plüschtroddeln, aus dem funzliges Licht auf den Tisch aus Holzimitat fiel. Cornelia Karsunke lächelte Bernhardt an. »Ist’s hier okay? Alles original siebziger Jahre.«
    »Da müsste ich jetzt aber auch ’ne alte schwarze Lederjacke tragen, vom Trödel, die nach Kellermuff stinkt.«
    »Und Roth-Händle rauchen. Und ich hätte ’ne Schlägermütze auf und schwarze Stiefel dazu.«
    Cornelia legte ihre Hand auf Bernhardts Hand. Er war überrascht, dass sie feucht und kalt war.
    »Wir müssen über etwas ganz anderes reden.«
    »Das hast du schon mehrmals gesagt.«
    »Und jetzt ist es so weit.«
    »Du willst mir aber keine Angst machen?«
    Sie schaute ihn lange an. Und zu Bernhardts Erstaunen wandelte sich ihr Gesicht. So hatte sie doch früher ausgesehen, dachte er, so weich, so mädchenhaft, so melancholisch, mit diesem Lächeln, so scheu und offen zugleich. Aber ihre Augen hatten nicht mehr den hellen, warmen Schein, da war etwas Dunkles, Widerspenstiges.
    »Ich kann nicht mehr mit dir zusammen sein. Wir müssen das beenden.«
    Als hätte ihm jemand in die Magengrube geschlagen, voll auf den Solarplexus. Er hatte nicht erwartet, dass sie ihn so heftig treffen könnte mit diesem einen Satz. Leichter Schwindel ergriff ihn, und ihm war, als drehte er sich taumelnd um sich selbst. Wie oft in Krisensituationen sah er sich selbst im Boxring, er war angeschlagen, er musste Zeit gewinnen, Deckung hoch, auf den Beinen bleiben, Zeit gewinnen.
    »Warum?«
    »Ich habe mit einem anderen Mann geschlafen.«
    Deckung hochhalten, an den Ringseilen abfedern, atmen. »Na ja, das ist… nicht… Warum?«
    »Weil ich jemanden brauche, auf den ich mich verlassen kann.«
    »Und da musst du –«
    »Und der mich unterstützt. Mein Leben ist ziemlich schwierig, und ich kann nicht mehr rumspielen. Ich bin zu alt dafür.«
    »Du hättest mir sagen können…«
    Er spürte die feuchte, kalte Hand. Er ließ die Deckung sinken. Sie schaute ihn eindringlich an.
    »Ich

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