Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)
unterstützte ihn und forderte ihn strikt auf, nichts mehr zu sagen.
Aber Bernhardt ließ nicht locker. »Herr Steiner, Sie müssen nicht aussagen, denn wir wissen schon alles, und ich erzähle Ihnen, wie es wirklich war. Sie müssen, ach nein, Sie müssen noch nicht mal, Sie können, wenn Sie wollen, zustimmend nicken.«
Steiner schaute ihn verwirrt an.
»Fangen wir bei Groß an. Der hat im Krankenhaus eine umfassende Aussage gemacht. Warum er im Krankenhaus liegt, da kommen wir noch drauf. Groß war erschüttert über den Tod Sophie Lechners, das glauben wir ihm ohne weiteres, aber er war auch in Geldnöten, seine geliebte Sophie hat ihn nämlich nicht mehr mit hochgezogen im Theater, mit den großen Rollen war’s vorbei. Ebbe auf dem Konto, Geld musste her, unabhängig von allen großen versponnenen Theaterträumen. Und was macht dieser nette Junge? Trotz seiner echten oder nur gespielten Erschütterung erneuert er die Erpressung Ihnen gegenüber. Damals, so lange ist’s noch gar nicht her, waren Sie noch ein anderer Mann. Wer Sie erpresst, muss früh aufstehen.«
In Steiners starrem Blick mischte sich Überraschung mit Unruhe.
»Ja, Groß musste weg. Sie waren jetzt schon auf einem sehr abschüssigen Weg. Selbst wollten Sie sich nicht noch mal die Hände schmutzig machen, also musste Ihr Mann fürs Grobe ran, Nemeczek.«
»Nein, das stimmt nicht.«
»Herr Steiner, Sie halten mich für dumm und meine Kollegen dazu. Sind wir aber in der Regel nicht. Den Nemeczek haben meine Kollegen in Berlin vor einer Stunde gefunden, der hat rumtelefoniert an heiklen Orten, für ihn heiklen Orten, wo er sich auf gar keinen Fall aufhalten durfte, wenn er sich nicht schwer verdächtig machen wollte. Und da er das sehr genau wusste, ist er in einem schönen, gutbürgerlichen Hotel mit mildem Luxus in Berlin auf Tauchstation gegangen, auf die Matratze, wie der Mafioso sagt. Und ist sofort zusammengeklappt, als meine Berliner Kollegen ihn hatten. Die mussten ihm noch nicht mal die Daumenschrauben anlegen. Er hat sich uns an den Hals geworfen, Kronzeuge will er sein. Und er hat gesungen: Er hat Groß hoch oben auf einem Windrad deponiert, in Ihrem Auftrag. Was haben Sie dazu zu sagen?«
»Ja.«
»Sie geben das zu?«
Der Rechtsanwalt sprang neben Steiner. »Nein, das gibt mein Mandant nicht zu.«
»Ja.«
Steiner klang jetzt, als hätte er auf Autopilot geschaltet. Der Rechtsanwalt rang die Hände. Bernhardt schaute Anna Habel an, die übernahm. »Herr Steiner, es ist gut, dass Sie Ihr Gewissen erleichtern. Aber da ist noch was.«
»Ja.«
»Sie wissen, was ich meine?«
»Ja.«
»Gilda Beyer.«
»Ja.«
»Die hat’s auch nicht lassen können mit der Erpressung. Groß hat sie mit ins Boot geholt. Dass der dann von Nemeczek aufs Windrad verfrachtet wurde und beinahe erfroren wäre, wusste sie nicht. Auch sie wollte das große Rad drehen. Typischer Fall von Selbstüberschätzung. Da waren Sie übrigens schon ganz schön in Panik. Sie haben sich einfach auf die Schnelle einen Killer geschnappt, für 10 000 Euro. Kein besonders heller Typ, da hätten Sie sich mal ein bisschen was Besseres gönnen können. Den haben die Kollegen gerade eing’näht, er hat sofort gestanden.«
»Ja.«
»Jetzt hätten wir noch einen allerletzten Punkt. Das ist zwar der harmloseste, aber der, der mich am meisten ärgert.«
Hans-Günther Steiner blickte Anna erwartungsvoll an.
»Warum haben Sie mich im Keller des Burgtheaters eingesperrt? Wollten Sie mir einen Schrecken einjagen, oder wollten Sie, dass ich erfriere?«
»Ich habe was?« Steiner warf den Kopf in den Nacken und bellte ein trockenes Lachen. »In den Keller der Burg? Na, das ist ja mal originell. Aber leider nicht meine Idee.«
»Das leugnen Sie? All die Morde geben Sie zu, und das leugnen Sie?«
Bevor Steiner etwas sagen konnte, schob sich eine vertraute Gestalt in Annas Blickfeld. Robert Kolonja, eine monströse Schiene am linken Bein, zwei blitzblaue Krücken und ein verlegenes Lächeln im Gesicht. »Das war er ausnahmsweise nicht.«
»Robert! Was machst du denn hier?« Anna rannte auf ihn zu, und fast hätte er das Gleichgewicht verloren.
»Hey, nicht so stürmisch, ich bin ein bisschen wackelig auf den Beinen. Was ich hier mache? Ich bin gestern zurückgekommen, und als du deinen Ausflug in die Berge angetreten hast und nicht erreichbar warst, haben mich unsere Youngsters in ihrer Verzweiflung angerufen.«
Die beiden Youngsters, Kratochwil und Motzko, lächelten
Weitere Kostenlose Bücher