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Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)

Titel: Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus-Ulrich Bielefeld , Petra Hartlieb
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von Argus einen Fotografen in Berlin angerufen, den sie kannten. Und der hat ihn tatsächlich aufgespürt, aber dann nur dieses verwackelte Bild geliefert, ohne die Investoren, das war schon ärgerlich. Danach ist dieser Fotograf auf eine karibische Insel abgedüst. Unter dem Motto: eine ordentliche work-life-balance herstellen, wozu für ihn das Abstellen aller elektronischen Hilfsmittel gehört, wie ich mir gerade habe sagen lassen. Die jungen Leute – so sind’s halt.«
    Bernhardt fühlte sich heftig verarscht und ärgerte sich. »Na gut, Sie superinvestigativer Superjournalist, dann rücken Sie mal die Adresse und Telefonnummer von diesen Argus-Pfeifen raus.«
    Er schaute Gabi Kratochwil scharf an, die erschrocken zurückblinzelte.
    »Notieren Sie!«
    Gabi Kratochwil zog mit leicht zitternder Hand ein Büchlein aus ihrer unförmigen, verbeulten Filztasche und notierte, wie befohlen, die Nummer, die Chefredakteur Passer nun brav aufsagte.
    »Sie können jetzt zurück in Ihr Sklavenhalterhäuschen und weiter rummauscheln und manipulieren.«
    Passer blähte sich auf. »Ihr Piefkes habt vielleicht Manieren!«
    »Küss die Hand und –«
    »Sie mich auch.«
    Draußen starrte ihn Gabi Kratochwil an. Was sah er in ihrem Blick: Erschrecken und Bewunderung? »Das war…, na ja, ich weiß nicht, wie ich sagen soll, also…«
    »Das war zu hart, meinen Sie? Für diesen Typen war das genau die richtige Behandlung, ich hätte ihm viel früher die Daumenschrauben anlegen sollen. Der hat uns einfach verarscht. In zwanzig Jahren reden Sie auch so wie ich, man verliert in unserem Beruf früh die Geduld und bald danach sein gutes Benehmen.«
    Sie liefen an der uringelb verkachelten Außenwand eines Kaffeehauses vorbei. Bernhardt stoppte abrupt.
    »Ich fasse es nicht. Der Bräunerhof, da gehen wir jetzt rein, ich muss sowieso mal was Richtiges essen.«
    Gabi Kratochwil folgte ihm in den Gastraum, der ziemlich heruntergekommen wirkte. Bernhardt war, als waberte eine nikotingelbe Wolke durch den Raum, in dem doch seit Jahren nicht mehr geraucht werden durfte, und er hatte das Gefühl, als legte sich ihm der Staub von Jahrzehnten auf die Bronchien. Er steuerte seine Begleiterin an den dritten Tisch links vom Eingang.
    »Historischer Platz.«
    »Wieso?«
    »Hier hat der Schriftsteller Thomas Bernhard jeden Mittag gesessen, wenn er in Wien war.«
    »Es gibt einen Schriftsteller, der wie Sie heißt?«
    »Hieß. Der ist schon ein paar Jahre tot. Wenn er hier reinkam, hat er sich einen Packen Zeitungen von dem Tisch da gegenüber genommen, Presse, FAZ , Süddeutsche, El País, Corriere della Sera, Times und was weiß ich noch, hat den Packen auf der Bank unter seinen Hintern geschoben und dann eine Zeitung nach der anderen hervorgeholt und gelesen.«
    »Iih, er hat sich draufgesetzt?«
    »Ja, dann konnte ihm niemand die Zeitungen wegnehmen.«
    »Und das war erlaubt? Der Kellner hat ihn nicht darauf hingewiesen, dass –«
    »Nein, Thomas Bernhard war berühmt. Damals, in den Achtzigern, habe ich noch gelesen, und da fand ich seine Bücher unglaublich gut. Das war Wortmusik, großes Beschimpfungstheater, in endlosen Litaneien ist er über die Welt und die Menschen hergezogen – eigentlich schrecklich.«
    »Und das haben Sie gelesen?«
    »Ja, das hat mir damals gefallen. Ich war ein richtiger Fan und bin deshalb hierhingepilgert, wie andere auch. Aber dann war’s mit dem Lesen auch wieder vorbei. Danach war ich ein paar Jahre Opernfreak, bis sich das auch erledigt hatte und ich regelmäßig ins Kino lief. Das waren so Leidenschaften – hab ich jetzt alles überwunden.«
    »Und was machen Sie jetzt?«
    »Jetzt? Ich meditiere, wenn ich Zeit habe.«
    »Wirklich?«
    »Nein, ist gelogen. Außer arbeiten mach ich nichts mehr. Ich freue mich höchstens auf den Sommer, wenn ich an einen märkischen See fahren, schwimmen und in den blauen Himmel starren kann.«
    »Das ist dann wie Meditation.«
    »Im weitesten Sinne.«
    Der Tafelspitz, den sie sich beide bestellt hatten, war ganz in Ordnung. Der Ober war unfreundlich, wie es das Klischee verlangte, und ließ sie lange warten, als sie bezahlen wollten. Das diffuse Licht in dem Raum machte Bernhardt müde.
    Bevor sie sich auf den Weg zu Steiner machten, ging Bernhardt noch in die Telefonzelle und rief mit seinem Handy Cellarius an. Der meldete sich auch sofort. Bernhardt berichtete in knapper Form, was er im Lauf des Morgens in Erfahrung gebracht hatte. Viel war das nicht, wie er beim Reden

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