Nach dem Applaus: Ein Fall für Berlin und Wien (German Edition)
muss das gutgeheißen haben. Sie können nicht einfach so an einer Stütze der Gesellschaft sägen.«
»Sagen wir so, der Steiner hat wenig Freunde und viele gute Feinde. Und wenn Sie mich fragen: Er hat sich nicht an die alte Regel gehalten, die besagt, dass man sich beim Aufstieg nicht nur Feinde machen darf, denn man trifft ja alle, denen man beim Aufstieg begegnet ist, beim Abstieg wieder.«
»Also befindet er sich im Abstieg?«
»Weiß ich nicht, wir haben ihn halt ein bisschen kürzer gemacht, basta.«
»Und dafür sind ihm Ihre Leute auf seinen Fahrten nach Berlin gefolgt?«
Der Chefredakteur runzelte die Stirn, die Frage behagte ihm nicht. »Wir haben uns helfen lassen.«
»Helfen lassen, das müssen Sie mir erklären.«
»Wir haben gar nicht so viele Leute und so schnelle Autos, um ihm auf der Strecke nach Berlin und auf seinen Wegen durch Berlin auf den Fersen zu bleiben.«
»Heißt?«
Dieser Blick hinter die Kulissen war dem Chefredakteur sichtlich unangenehm. »Wir haben ein Detektivbüro beauftragt, die sind Steiner in unserem Auftrag gefolgt.«
»Und wie heißt dieses ehrenwerte Unternehmen?«
»Das ist die renommierte Detektei Argus.«
»Welch schöner Name. Und wer hat die bezahlt? Ich gehe mal davon aus, dass die schweineteuer sind.«
»Das ist bei uns eine andere Abteilung, Promotion & Events, die ist in einer eigenen Firma platziert.«
»Wunderbar, das heißt Diversifikation, oder? Und Sie wollen mir jetzt weismachen, dass eine Hand in diesem Unternehmen nicht weiß, was die andere macht?«
Die wuchtige Figur des Chefredakteurs schien ein bisschen geschrumpft.
»Uns ging’s ja vor allem um die Fotos. Wie er mit diesen Leuten von dem dänischen Konsortium zusammenkommt, die da innerhalb von Wochen ganze Straßenzüge in Kreuzberg und Neukölln aufkaufen. Da war auch unsere Wirtschaftsredaktion dran interessiert.«
»Und die hat den ganzen Aufriss finanziert?«
»Na ja, also, sagen wir mal so: In unserer Firmengruppe sind Print- und elektronische Medien dominant, aber dazu gehört auch ein starkes Immobiliensegment, das ist ja bekannt.«
Gabi Kratochwil, die bislang nur intensiv zugehört hatte, nickte heftig mit dem Kopf.
»Ich weiß, in der Hot gibt’s am Wochenende immer die ›Wohnung der Woche‹ zu gewinnen.«
Der Chefredakteur Passer wirkte zunehmend genervt.
»Ja, genau, das sind Synergien, die wir schaffen und uns nutzbar machen.«
Bernhardt bohrte weiter.
»Also war der Steiner ein Konkurrent in Sachen Immobilien. Daher weht der Wind. Und an Dubai ist Ihre Firmengruppe wahrscheinlich genauso heiß und inniglich interessiert wie der smarte Steiner. Ich verstehe, ich verstehe sehr gut.«
Gabi Kratochwil nickte wieder, ihre Backen waren gerötet. Bernhardt war beinahe gerührt, als er erkannte, dass dieses Mädchen vom Jagdfieber gepackt war. Aus der würde was. Genau zum richtigen Zeitpunkt stellte sie die richtige Frage, und obwohl er verärgert war, weil es ihm zugestanden hätte, diesen entscheidenden Stich zu setzen, gefiel es ihm doch, wie sie sich mitreißen ließ:
»Wer hat das Foto von Hans-Günther Steiner in Berlin geschossen? Wir brauchen das Original.«
Es war verblüffend zu sehen, wie sich der Chefredakteur entspannte.
»Das Foto? Keine Ahnung. Das diente nur dazu, Steiners Aufenthalt in Berlin zu dokumentieren. Hat uns Argus zur Verfügung gestellt.«
»Und das drucken Sie dann einfach ab?«
»Ja, warum denn nicht? Der war halt in Berlin, und das zeigen wir.«
»Das Foto ist ein wichtiges Beweismittel. Wir brauchen es.«
Passer seufzte und tippte eine Nummer in sein iPhone.
»Ja, grüß dich, na, nur kurz, sag mal, der Fotograf von dem Foto, wo der Steiner in Berlin ist… Aha, ach so, wusst ich gar nicht, hm, hm, und dann habt ihr, ah ja, verstehe, macht ja nix, danke, mein Lieber, nichts für ungut, natürlich wird sich was ergeben, weiter auf gute Zusammenarbeit, klar, heute Abend ins Oswald & Kalb? Ja, warum nicht, servus, mach’s gut.«
Er wandte sich Bernhardt zu, der zu seinem Missvergnügen feststellte, dass der Chefredakteur jetzt ganz in sich selbst ruhte.
»Also, an dem Tag, als der Steiner nach Berlin gefahren ist, haben sie schon früh seine Spur verloren, der war einfach zu schnell mit seinem Superwagen. Sie hatten auch den Eindruck, dass er sie abschütteln wollte. Aber das war ja nicht weiter schlimm, wir hatten eigentlich schon genug Material. Wir wollten nur noch ein Foto mit den dänischen Investoren. Und da haben die
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