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Nach dem Bankett.

Nach dem Bankett.

Titel: Nach dem Bankett. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yukio Mishima
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dienen sollten, waren jetzt welk, vertrocknet und braungefeckt, aber die Muscheln bewahrten den Widerschein der Abendröte längst vergangener Zeiten. Kazu schnellte die Knöpfe wie Murmeln gegeneinander und lauschte auf das kalte Klicken beim Zusammenprall. Dann überlegte sie, ob man die Knöpfe nicht als Schachfguren gebrauchen könne, und wählte als König das Paar mit dem Einhornwappen des europäischen Königshauses. Die Knöpfe mit dem kaiserlichen Chrysanthemenwappen sollten die Dame sein. Aber das schien ihr dann doch nicht ganz in Ordnung, und so beschloß sie, das Chrysanthemenwappen zum König zu machen . . . ›Sicher wird er ihren Vorschlag annehmen‹, dachte Kazu. Sie verließ sich ganz auf ihre Intuition. Plötzlich fühlte sie sich freudig erregt, da sie den Augenblick nicht mehr fern glaubte, in dem die trennende Wand, die zwischen ihr und Noguchis Intellekt – seiner Bibliothek – stand, zusammenstürzen werde. Und zweifellos würde dann der Tag kommen, an dem sich herausstellte, daß ihr Leben noch nicht zu Ende war.
       ›Sicher wird er annehmen!‹ jetzt war sie schon überzeugt davon. Vom Gang her hörte sie den ungewohnten Klang von Noguchis Lachen, das sich mit dem seiner Gäste mischte. Kazu stand auf, schob die Tür ein wenig zur Seite und sah zu ihnen hinüber. Aus dem Gästezimmer fel Licht auf den Gang, und sie lauschte dem lustlosen Lachen – es hörte sich fast an wie Husten –, das in Wellen zu ihr herüberklang.

    Eine Stunde später verließen die Gäste das Haus. Kazu hatte vorsorglich einen Mietwagen bestellt. Noguchi verabschiedete sich an der Haustür von seinen Gästen, und Kazu brachte sie bis zum Tor. Es war ziemlich heftiger Wind aufgekommen, und hinter den Wolken, die über den Himmel jagten, stand klein
    und glänzend der Mond – wie eine Reißzwecke an der Wand.
       Im trüben Licht der Torlampe wirkte Kimuras Gesicht mausartig und erstarrt Nur um seinen Mund herum lag ein seltsam weicher Zug.
       Kazu ergrif den Ärmel seines Anzugs und zog Kimura zur Wand. »In meinem Restaurant verkehren zwar nur Konservative. Aber ich hofe, daß Sie mi trotzdem Vertrauen schenken«, rannte sie.
       »Selbstverständlich, gnädige Frau.«
       »Dann sagen Sie mir bitte, ob mein Mann bereit ist, sich der Wahl zu stellen.«
       »Sie wissen Bescheid? Das erstaunt mich. Es ist uns leider nicht gelungen heute schon eine Antwort zu erhalten. Aber Ihr Mann hat uns versprochen, uns in einigen Tagen Bescheid zu geben.«
       Kazu drückte mit einer mädchenhaften Geste ihre gefalteten Hände an die Brust. Die Gedanken, die ihr den ganzen Abend durch den Kopf gegangen waren wurden zu einem festumrissenen Plan. »Ich bitte Sie, versuchen Sie, meinen Mann dazu zu überreden! Was die Finanzierung anbetrift . . . Verzeihen Sie mi daß ich es erwähne: aber darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Ich verspreche Ihnen, daß der Reformpartei keine Unkosten entstehen sollen.«
       Kimura setzte zu einer Erwiderung an, aber Kazu, die es immer ausgezeichne verstand, ihren Gesprächspartnern das Wort abzuschneiden, sagte: »Abe meinem Mann dürfen Sie davon kein Wort sagen. Es muß völlig geheim bleiben. Das ist die einzige Bedingung, unter der ich die volle Verantwortung übernehme.«
       Sie hatte dies alles in fiegender Hast hervorgestoßen und begann nun plötzlich den Gästen mit heller, lauter Stimme die üblichen Abschiedsworte zuzurufen »Oh, meine Herren, haben Sie niemanden, der Ihnen die Aktentasche trägt Wollen Sie denn die schweren Taschen auf den Schoß nehmen? Das tut mir abe leid!« Damit schob sie die beiden zum Wagen.
       Noguchi, der an der Haustür stand, hörte nur diese letzten Worte und war seiner Frau vor, etwas Unpassendes gesagt zu haben.

Das wirklich »Neue Leben«

    Von nun an kam jeden Montag ein Mann namens Yamazaki Soichi zu Noguchi und hielt ihm einen zweistündigen Vortrag über Fragen der Verwaltung Tokios. Noguchi hörte wie ein gewissenhafter Schüler zu und schrieb alles sorgfältig mit einem Füllfederhalter, den er vor zwanzig Jahren gekauft hatte, in ein Heft ein. Die ganze Woche wiederholte er dann eifrig das Gehörte, tat aber sonst nichts.
      Yamazaki, ein rotgesichtiger Mann und Schützling des Ausschußvorsitzenden Kusakari, war Noguchi beigeordnet worden, weil er ein meisterhafter Wahlkampfstratege war. Er selber hatte keinerlei Interesse an öfentlichen Ämtern; er war einer der zutiefst enttäuschten

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