Nach dem Bankett.
Kazu die schreienden Farben der Lampions, die an Schnüren bis in die Wipfel der Ahornbäume hingen, deren zarte junge Blätter winzige weinrote Spitzen zeigten.
»Kommen Sie, wir wollen zu ihnen gehen und mittanzen!« rief sie Yamazaki zu und zog ihn an der Hand mit sich fort.
»Das ist aber eine Überraschung, gnädige Frau!« meinte der stellvertretende Bürgermeister.
Kazus Augen sahen bereits nichts mehr von der Landschaft. Sie ließ sich von der Tanzlehrerin zu der Gruppe der Volkstänzer führen und stellte sich mit Yamazaki in den Kreis der singenden und tanzenden Frauen und Mädchen der Stadt. Alle trugen den gleichen Happi-Überwurf und tanzten den Kisobush Kazus Hände machten automatisch die richtigen Bewegungen, und ihre Füße fanden wie von selbst die richtigen Tanzschritte.
»Wie ungeschickt Sie sich anstellen!« sagte Kazu zu Yamazaki, der einen europäischen Anzug trug und dessen Hände und Füße fortwährend in Verwirrung gerieten. Sie klopfte ihm auf die Schulter und fuhr lachend fort: »Ich werde mich vor Sie stellen, dann brauchen Sie es mir nur nachzumachen.«
»Sie sind ja ein Genie, gnädige Frau«, rief ihr die Tanzmeisterin zu. »Ich brauche Ihnen ja gar nichts mehr beizubringen.«
Der stellvertretende Bürgermeister stand außerhalb des Kreises und starrte ein
wenig hilfos auf die Tanzenden.
Nach kurzer Zeit standen die beiden städtisch gekleideten Neulinge – sie waren die einzigen ohne Happi-Überwurf – im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Kazu fühlte sich wie berauscht. Die warme, menschliche Atmosphäre, die Berührung mit den Körpern der im hellen Sonnenschein tanzenden Frauen, denen die Schweißtropfen auf der Stirn standen, ließen sie alles um sich vergessen. Sie gab sich ganz dem Tanz hin und fühlte keine trennende Wand mehr zwischen sich und den fremden Menschen, in deren Stadt sie zum erstenmal weilte. Das rasende Trommeln auf der Bühne und der kreischende Gesang auf der Schallplatte genügten, um Kazu mit den Tanzenden eins werden zu lassen. Bald rannen nicht nur ihr Schweißperlen die Wangen herunter.
Als der erste Tanz zu Ende war, ging Kazu auf den stellvertretenden Bürgermeister zu. »Ich bin ja so glücklich«, sagte sie. »Ich möchte Ihnen gern das Sado Okesa vorsingen. Es steht doch sicher ein Mikrophon auf der Bühne?«
Sie war umringt von bäuerlich aussehenden Frauen, meist mittleren Alters, denen man ansah, daß sie etwas Geld zur Seite gelegt hatten. Ihre feierlich geschminkten Gesichter waren jetzt schweißverschmiert, so daß man unter der Schminke die lederne Haut sah, die durch jahrelange Arbeit im Freien gegerbt war. Kleine, vor Neugier funkelnde Augen, freundliches, goldzahnblitzendes Lächeln, krause losgelöste Strähnen – solche Gesichter gaben Kazu ein grenzenloses Selbstvertrauen.
Der stellvertretende Bürgermeister geleitete Kazu durch die Menge zur Bühne. Die Treppe war etwas steil, aber kleine Gefahren dieser Art hatten einen gewissen Reiz für Kazu. Der stellvertretende Bürgermeister rief durch das Mikrophon: »Liebe Festteilnehmer! Wir haben die Freude, heute die Gattin des berühmten Staatsmanns der Reformpartei Noguchi Yuken bei unserem Volksliedfest zu sehen. Sie hat den weiten Weg von Tokio hierher nicht gescheut. Ich möchte nunmehr Frau Noguchi bitten, uns das Sado Okesa vorzusingen.«
Kazu ging zum Mikrophon und hielt eine kleine Ansprache: »Ich bin die Frau von Noguchi Yuken. Es hat mir so viel Freude bereitet, zu sehen, wie sehr Sie alle das heutige Fest genießen, daß ich den Wunsch verspürte, auch etwas dazu beizutragen. Ich möchte Ihnen ein Lied singen und bitte Sie, danach zu tanzen.«
Kazu klatschte in die Hände, um den jungen Trommlern den Takt anzugeben. Durch die Menge vor ihr ging ein Murmeln, aber als Kazu zu singen anfng, wurde es ruhig, und man begann unbefangen zu tanzen.
»Nach Sado, nach Sado neigen sich alle Bäume und Gräser.
Wie schön ist es in Sado, wie lebt man in Sado schön.
Tränen trüben meine Augen, gedenk ich der alten Zeit,
Ob, Bucht der Liebe, in einer Nacht, da der Mond verschleiert war.«
Kazu tanzte und sang, bis die Sonne unterging. Zwischendurch waren einige Mitglieder des Volksliedervereins zu ihr auf die Bühne gestiegen und hatten ih ein Lied beigebracht, das man hier in Santama oft sang.
Als die Dämmerung hereinbrach, wurden alle Lampions, die an den Ästen de Bäume hingen, zu gleicher Zeit
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