Nach dem Ende
Kudzu und den staubigen Fenstern, die schon seit ewigen Zeiten keinen Putzlappen mehr …
Hey, sagt James Grierson. Wo warst du denn?
Sie merkt, dass sie schon länger nichts mehr gesagt hat. Über manche Dinge sinnt sie nicht gern nach, weil sie sonst mit jeder Faser von Körper und Geist in diesen Gedanken versinkt.
Hmm?, macht sie.
Ich hab dich nach dem Jungen gefragt. Was ist mit ihm passiert?
Er is nich mehr bei mir.
Ist … was ist passiert?
James Grierson mit der blassen Haut und den dunklen Augen. Er ist auf einmal anders als vorher. Als könnte er im Kreis durch die Luft schwimmen.
Um ihn zum Schweigen zu bringen, beugt sie sich vor und küsst ihn fest auf den Mund. Die Flasche zwischen ihnen fällt auf den Boden, und sie schmeckt seinen Atem, der schmeckt wie ihr Atem, und er nimmt ihren Kopf in die Hände und küsst sie, als würde er sie am liebsten verschlingen.
Eine Weile ist es, als wären sie Wölfe und hätten sich ineinander verbissen.
Sie schiebt sich hoch und setzt sich rittlings auf ihn. Dann öffnet sie seinen Hosenschlitz.
Hey. Er entzieht sich ihren Küssen. Warte. Wir können nicht … du bist …
Schon okay. Sie spürt die Feuchtigkeit von seinen Lippen am Hals. Ich kann keine Babys kriegen.
Sie fasst nach unten und nimmt ihn in die Hand – er ist so heiß, als wäre er durchgekocht worden – und drückt mit ihrem ganzen Gewicht nach unten.
Nein, warte. Das geht nicht. Ich bin fünfundzwanzig, und du bist …
Klappe, antwortet sie. Mach es einfach. Ich will nich mehr denken. Komm endlich und mach es.
Sie drückt den Mund auf seinen, zieht den Slip unter dem Taftkleid beiseite, richtet sich ein wenig auf und lässt sich auf ihm nieder, die Knie tun ihr schon weh auf den Holzplanken der Bank, aber das Ding in ihr ist ein lebendiges Ding, und sie mag es, wie sich ihr Körper daran festklammert – außerdem denkt sie gern daran, wie es sich für ihn anfühlt, dieser Teil von ihr, der sie zur Frau macht. Und das Wort stammelt durch ihren Kopf – Frau Frau Frau Frau – und sie spürt es, und sie weiß es, und sie glaubt es bis in den Bauch, bis in die Zehen und sogar bis in die Zähne hinein.
Am nächsten Tag erwacht sie, als die Sonne noch tief steht. Sie tritt ans Fenster und blickt hinaus über die gepflegte Auffahrt und den lang in die Erde geschnittenen Canyon und den flachen, gemalten Himmel.
Als sie die Verbindungstür zum angrenzenden Zimmer öffnet, findet sie die massige Gestalt verknäuelt in Laken und Bettdecke. Beide Kissen liegen auf dem Boden, und eine Hand ruht auf dem Nachttisch, wo sie den Wecker umgestoßen hat.
Du bist wirklich ein Ausbund an Hilflosigkeit, Dussel.
Sie richtet den Wecker auf und versucht, das Bettzeug über den Schlafenden zu ziehen. Doch dabei löst sich das untere Ende, und jetzt sind seine Füße nackt. Also geht sie ans Bettende, um die Füße zu bedecken, aber es gibt nur einen kleinen Zipfel, der nicht lang genug ist. Schließlich lässt sie die Bettdecke ganz fallen und betrachtet ihn, die Hände in die Hüften gestemmt.
Bloß gut, dass wir diesen Platz für dich gefunden haben, Dussel. Einst steht nämlich fest: Eine Mama bin ich nich.
Als sie die Treppe hinuntersteigt, hört sie Musik aus dem Salon. Die Dame des Hauses sitzt auf einem Stuhl mit einer hohen, fächerförmigen Lehne. Sie hört Schallplatten und strickt an etwas Langem, Babyblauen.
So früh schon auf?, fragt Mrs. Grierson.
Ich schlaf nich viel.
Sie können nicht stillhalten, genau wie ich.
Wahrscheinlich.
Sie lässt sich neben Mrs. Grierson nieder und wechselt die Schallpatten für sie, wenn sie zu Ende gehen. Außer in Filmen hat sie noch nie einen Plattenspieler gesehen, und sie freut sich über den zarten Mechanismus. Die Musik ist fröhlich und schnell, mit vielen verschiedenen Blasinstrumenten, und sie klingt nach etwas, zu dem ein Saal voller Leute in Röcken und Pullis tanzen würde.
Später am Morgen gibt es ein offizielles Frühstück mit Brötchen, Marmelade und Kaffee, an dem alle Griersons teilnehmen. Richard und seine Großmutter sind um eine angenehme Unterhaltung bemüht, und James sieht Temple immer nur dann an, wenn sie ihn nicht anschaut. Sie bemerkt es aus dem Augenwinkel.
Im Anschluss legt sie mehrere Brötchen auf einen Teller und bringt ihn hoch zu dem Zimmer neben ihrem, und Maisie hilft ihr, den linkischen, bärenhaften Mann aus dem Bett zu holen, anzuziehen und zu füttern. Maisie kann das perfekt und redet mit ihm wie mit einem
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