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Nach dem Ende

Nach dem Ende

Titel: Nach dem Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alden Bell
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neues Loch in die Welt ficken. Beim Allmächtigen, ich schwör’s dir, ganz allein könnt ich einen neuen Grand Canyon ficken.
    Jetzt mach mal halblang, Royal. Wir ham noch was vor. Wir sollen Mama was davon bringen.
    Royal tritt an den Tisch und füllt die Spritze mit ungefähr der doppelten Menge der Dosis von der klaren Flüssigkeit, die sie sich injiziert haben. Kläffend und mit klappernden Füßen folgt er Bodie hinaus.
    Na, fragt Moses Todd, nachdem die beiden verschwunden sind, hast du eine Ahnung, was die da treiben?
    So was wie die is mir noch nie untergekommen.
    Mir auch nicht.
    Das sind keine Schaben.
    Nein.
    Aber was dann?
    Er zuckt die Achseln. Mutanten?
    Besonders hübsch sind sie jedenfalls nich.
    Da sind wir uns einig, mein Lämmchen.
    Hey, was meinst du, was die sich da reindrücken? Bestimmt kein Meth.
    Eher ein selbstgemachtes Gebräu, nach meinem Gefühl. Und ich frag mich, ob das vielleicht was mit ihrer Größe und ihrem Aussehen zu tun hat.
    Willst du damit sagen, sie haben sich selbst umgewandelt?
    Ich sag gar nichts, außer dass ich mir dieses Zeug bestimmt nicht in den Frühstückskaffee schütten werde.
    Sie wendet den Blick nach hinten. Neben ihr ist eine leere Zelle, dann folgt die Zelle mit den Fleischsäcken, sieben sind es, die im Kreis herumwandern und gegeneinanderstoßen wie Blinde. Wozu sie wohl die Schaben einpferchen?, sagt sie.
    Weiß nicht. Vielleicht benutzen sie sie für was. Vielleicht essen sie sie. Hab ich schon gesehen.
    Ja, antwortet sie, ich auch.
    Ziemlich pervers, wenn du mich fragst. Er schüttelt den Kopf. Die Nahrungskette sollte nur in eine Richtung gehen, finde ich.
    Sie wird still, weil sie sich an die Jäger erinnert. An den Teller mit salzigem Fleisch, das nach Rosmarin geschmeckt hat.
    Moses Todd seufzt. Hab die Schnauze voll vom Spekulieren. Jetzt kommt’s erst mal drauf an, dass ich hier abhaue.
    Was willst du machen, die Gitterstäbe auseinanderbiegen?
    Weiß nicht. Irgendwas fällt mir schon ein.
    Super. Sobald du einen Plan hast, sag Bescheid. Ich muss jetzt erst mal eine Runde schlafen.
    Später kommt Millie herein, das Mädchen aus dem Wald. Sie hat einen Laib Brot dabei, den sie in drei Stücke reißt und ihnen in die Zellen schiebt. Dann öffnet sie einen Beutel und nimmt drei rohe Maiskolben heraus, die sie ihnen ebenfalls gibt.
    Was habt ihr mit uns vor?, fragt Moses Todd.
    Das Mädchen antwortet nicht.
    Wir können nicht hierbleiben. Wir müssen weg.
    Wortlos verlässt Millie den Raum.
    Temple macht Maury auf sich aufmerksam und hält ihren Maiskolben hoch. Sie zeigt ihm, wie man ihn schält, und fordert ihn auf, sie nachzuahmen.
    Die Sonne geht unter, und das rechteckige Fenster verdunkelt sich. Sie legt sich wieder schlafen.
    Tiefe Nacht. Maurys schwerer Atem und das unermüdliche Schlurfen der Schaben. Die Welt um Temple auf ihrer Pritsche ist so schwarz, dass es keinen Unterschied macht, ob sie die Augen öffnet oder nicht. Ihr Verstand verläuft sich immer wieder in wirre Träume, die so flach sind, dass sie kaum die Wände des Kellers überwinden können, in dem sie gefangen ist.
    Einmal hört sie aus der rußschwarzen Finsternis neben sich das Ächzen von Federn und Moses Todds Stimme, die kaum mehr ist als ein Flüstern.
    Hey, Kleine. Bist du wach?
    Ja, ich bin wach.
    Das allein scheint ihn fürs Erste zufriedenzustellen. Die Bestätigung des Wachseins, der geteilten Schlaflosigkeit.
    Dann fragt er: Worüber denkst du nach?
    Ich? Über gar nix. Wenn du eine Gutenachtgeschichte brauchst, Mose, da bin ich die Falsche.
    Okay. Schön.
    Sie wartet auf seine Stimme, aber sie kommt nicht, und bald fühlt sie sich bedrängt von der Dunkelheit, die in alle Winkel ihres hellwachen Gehirns einsickert.
    Nach einer Weile hält sie es nicht mehr aus. Warum?, fragt sie. Worüber hast du denn nachgedacht?
    Er holt tief Atem. Ach, nur etwas, was ich vor langer Zeit mal gesehen hab.
    Was war das?
    Es war an einem Ort namens Sequarchie. Er spricht langsam. Das liegt in Tennessee. Ich war nur auf der Durchreise, und da saß eine Frau vor dem Krankenhaus auf dem Bordstein, an einen Hydranten gelehnt. Sie wollten sie nicht behandeln, weil sie gebissen worden war – hat sich ein zusammengeknülltes Männerflanellhemd an den Hals gedrückt. Es war völlig durchweicht, und sie hat ständig nach einer trockenen Stelle gesucht, um das Blut aufzusaugen, aber da war nichts Trockenes mehr, also hat sie es nur zum Hinpressen benutzt. Das war noch ganz am Anfang von

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