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Nach dem Ende

Nach dem Ende

Titel: Nach dem Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alden Bell
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dieser ganzen Sache, und überall hat große Verwirrung geherrscht. Und diese Frau, sie war vielleicht achtzehn, neunzehn, kam aus den Bergen, wo sie gelebt hat, und sie hat nichts davon gewusst, dass die Toten zurückkommen. Ich war damals noch jung, so ziemlich in ihrem Alter, glaub ich.
    Lange bleibt er stumm. Doch als sie schon meint, dass er eingeschlafen ist, fängt er wieder an.
    Jedenfalls. Er seufzt. Sie erzählt mir, dass ihr Mann eine Woche vorher gestorben ist. Beim Jagen ausgerutscht und einen Felshang runtergestürzt. Hat sich das Genick gebrochen. Sie hat ihn auf einer Zedernlichtung beim Bach begraben, dorthin hat er sich immer zurückgezogen, wenn er genug von der Welt hatte. Sie dachte, dass es jetzt aus ist für immer und ewig, und hat um ihn getrauert. Bloß – und das erzählt sie mir, als würde ich es ihr in einer Million Jahren nicht abnehmen –, bloß dass er zu ihr zurückkommt. Eines Nachts taucht er auf, und für sie ist es eine Offenbarung reiner Liebe. Er kommt zu ihr, und er hat sie so vermisst, dass er sie am liebsten als Ganzes verschlingen möchte. So erzählt sie es. Mehrmals. Er ist zu mir zurückgekommen. Er ist zu mir zurückgekommen. Und die ganze Zeit schau ich ihr in die Augen und sehe, wie sie an den Rändern trüb werden, und ihre Haut wird allmählich grau, und ich weiß, was mit ihr passiert, auch wenn sie glaubt, dass sie nur mit ein paar Stichen zusammengeflickt werden muss, und nicht versteht, warum das Krankenhaus sie nicht versorgen will. Er ist zu mir zurückgekommen.
    Was hast du getan?, fragt Temple.
    Wieder bleibt es still in Moses Todds Zelle, und sie überlegt, ob es besser gewesen wäre, nichts zu sagen.
    Schließlich antwortet er: Ich hab sie dort sitzen lassen. Ich hätte mich drum kümmern müssen, hätte sie unschädlich machen müssen. Aber ich war noch jung. Damals hab ich noch nicht verstanden, dass die Dinge was an sich haben, das man respektieren muss, ob es schön ist oder nicht. Schließlich ist es bei allen Gesetzen so, dass man das Gefühl hat, sie passen nicht hundertprozentig.
    Sie wälzt sich auf ihrer Pritsche herum und erkennt, dass sie selten so was Wahres gehört hat. Manchmal, wenn es kein Licht zum Sehen gibt, zeigt sich alles scharf und klar. Sie lauscht auf Maurys Atem und das unaufhörliche Schleichen der gefangenen Schaben. Sie rollt sich kugelförmig zusammen wie ein kleines Mädchen.
    Willst du wissen, an was ich vorhin gedacht hab? Sie wartet nicht auf Moses’ Reaktion. An die Niagarafälle. Anscheinend sind die Leute früher immer zur Hochzeitsreise hingefahren. Flitterwochen am Rand von einem riesigen Spalt in der Erde. Klingt doch nich schlecht. Das pralle Leben, find ich.
    Moses Todd schnieft in seiner Zelle. Ich möchte dir eine Frage stellen. Warum warst nicht dorthin unterwegs, sondern hier rüber nach Westen? Ich hätte dir genauso gut nach Norden folgen können. Und vielleicht hättest du’s zu den Niagarafällen geschafft, bevor ich meine Rechnung mit dir begleiche.
    Hatte noch was zu erledigen.
    Was du nicht sagst. Möchtest du mir das nicht genauer erklären, bloß für den Fall, dass wir hier rauskommen? Das würde mir das Leben wirklich einfacher machen.
    Gute Nacht, Mose. Vergiss nicht, deine Gebete zu sagen.
    Das vergess ich nie, Kleine, das vergess ich nie.
    Am Morgen bringt Millie wieder Brot und dazu mehrere Scheiben zerkochten Speck und Weizenbrei mit Milch. Das Ganze balanciert sie auf einem Tablett, das sie mit karierten Servietten und einer Blume in einer langhalsigen Vase dekoriert hat, als würde sie ihren Gästen das Frühstück im Bett servieren. Geschickt stellt sie das Tablett auf dem Autopsietisch ab und trägt einen Teller zu jeder Zelle. Doch dann scheint sie verwirrt, weil die Teller nicht durchs Gitter passen. Also stellt sie sie einfach auf den Boden und tritt zurück, während die drei Gefangenen durch die Stäbe nach dem Essen greifen.
    Bon tit, sagt sie.
    Wie bitte?, fragt Moses.
    Bon tit.
    Moses schaut Temple an. Wirst du daraus schlau?
    Ich glaub, sie meint bon appetit.
    Ach, du meine Güte. Er wendet sich wieder an Millie. Mercy bocuh, kleine Lady. Er bedenkt sie mit einem jovialen Lächeln.
    Temple wird klar, dass Millie das Formelle des Servierens mag, die Strukturen und die Etikette eines häuslichen Lebens.
    Das Mädchen legt die Hände ineinander und sieht ihnen beim Essen zu. Als sie fertig sind, räumt sie die Teller wieder aufs Tablett und trägt alles weg. Am Nachmittag bringt

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