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Nach Dem Sommer

Nach Dem Sommer

Titel: Nach Dem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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meinem Sessel herüber, der ein, zwei Meter von ihm entfernt stand. Etwas in seinem Blick ließ den Platz neben ihm auf der Couch schrecklich leer erscheinen.
    »Ich hab doch keine Angst vor dir!«, rief ich. »Denkst du das wirklich? Ich dachte nur, du hättest gern Platz beim Essen.«
    Im Gegenteil, ich wäre jederzeit gern zu ihm unter die Decke gekrochen - besonders jetzt, da er so kuschelig und sexy aussah in den alten Sportklamotten, die er sich aus seinem Zimmer geholt hatte. Aber momentan wollte ich - musste ich einfach meine Gedanken ordnen, und das würde ich ganz sicher nicht schaffen, wenn ich mich zu ihm setzte.
    Sam lächelte, die Erleichterung stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. »Die Suppe ist lecker.«
    »Danke.« Eigentlich war sie gar nicht so lecker - tatsächlich schmeckte sie nach Konservendose und nicht viel mehr, aber ich war hungrig genug, dass es mir egal war. Und das mechanische Löffeln half mir, den Gedanken an Sam in der Badewanne von mir zu schieben.
    »Erzähl mir mehr über diese Vulkaniersache«, bat ich. Ich wollte, dass er weiterredete, ich wollte seine menschliche Stimme hören.
    Sam schluckte. »Diese was?«
    »Die Sache mit der Gedankenverschmelzung, wie bei Star Trek. Du hast doch gesagt, du hättest mir den Wald gezeigt, als du noch ein Wolf warst. Und dass ihr Wölfe so miteinander sprecht. Erzähl mir mehr davon. Ich will wissen, wie das geht.«
    Sam beugte sich vor und stellte seine Schale auf den Boden. Als er sich wieder zurücklehnte und mich ansah, wirkte er müde. »So ist das nicht.«
    »Hab ich irgendwas behauptet? Wie ist das nicht?«
    »Das ist keine Superkraft«, entgegnete er. »Sondern ein Trostpreis.« Ich sah ihn nur an und er fügte hinzu: »Für uns ist das die einzige Möglichkeit, überhaupt miteinander zu kommunizieren. An Wörter können wir uns nicht erinnern. Und selbst wenn wir das mit unserem Wolfsverstand hinkriegen würden, könnten wir sie immer noch nicht aussprechen. Alles, was wir haben, sind also diese kleinen Bilder, die wir einander schicken können. Simple Bilder. Postkarten von der anderen Seite.«
    »Kannst du mir jetzt nicht so eine schicken?«
    Sam kauerte sich wieder auf der Couch zusammen und verkroch sich tiefer unter der Decke. »Gerade wüsste ich noch nicht mal, wie das geht. Jetzt, wo ich ich bin. Ich mache das doch nur, wenn ich ein Wolf bin. Wozu sollte ich es im Moment auch brauchen? Jetzt habe ich schließlich Worte. Ich kann dir alles sagen, was ich will.«
    Ich überlegte, ob ich sagen sollte: »Aber Worte sind nicht genug«, doch der bloße Gedanke tat schon erstaunlich weh. Also antwortete ich: »Ich war aber kein Wolf, als du mir den Wald gezeigt hast. Heißt das, ihr Wölfe könnt auch mit anderen Rudelmitgliedern sprechen, wenn die gerade Menschen sind?«
    Unter schweren Lidern hinweg warf Sam mir einen flüchtigen Blick zu. »Ich weiß es nicht. Soweit ich mich erinnere, hab ich es nie bei jemand anderem probiert. Nur mit Wölfen.« Wieder fragte er: »Warum sollte ich auch?«
    In seiner Stimme schwangen Bitterkeit und Überdruss mit. Ich stellte meine Suppenschale auf den Beistelltisch und setzte mich zu ihm auf die Couch. Er hob die Decke an, sodass ich mich an ihn kuscheln konnte, und legte seine Stirn an meine, die Augen geschlossen. Eine Weile blieb er so, dann schlug er die Augen wieder auf.
    »Ich wollte dir zeigen, wie du nach Hause kommen würdest«, murmelte er. Sein Atem traf warm auf meine Lippen. »Ich wollte sicher sein, dass du mich auch findest, wenn du dich verwandelst.«
    Ich ließ die Finger über das Dreieck nackter Haut an seinem Hals gleiten, das aus dem lose geschnittenen Sweatshirt hervorlugte. Als ich antwortete, klang meine Stimme ein wenig wacklig. »Und ich hab dich gefunden.«
    Am anderen Ende des Flurs piepste der Wäschetrockner, ein seltsam geschäftiges Geräusch in dem leeren Haus. Sam blinzelte und lehnte sich zurück. »Ich hole dann mal meine Sachen.« Er machte den Mund auf, als wollte er noch etwas sagen, und wurde stattdessen bloß rot.
    »Deine Sachen sind später auch noch da«, gab ich zurück.
    »Ja, und wir auch, wenn wir den Bronco nicht knacken und den Schlüssel rausholen«, entgegnete Sam. »Und das sollte wohl besser früher als später passieren. Vor allem, weil du diejenige bist, die es machen muss. Ich kann nicht so lange da draußen bleiben.«
    Widerstrebend rutschte ich ein Stück zurück, damit er aufstehen konnte, die Decke um sich gehüllt wie ein

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