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Nach Dem Sommer

Nach Dem Sommer

Titel: Nach Dem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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Stammeshäuptling. Unter ihr konnte ich den Umriss seiner eckigen Schultern ausmachen und musste daran denken, wie sich seine Haut unter meinen Fingern angefühlt hatte. Mein Blick entging ihm nicht und er sah mich eine halbe Sekunde lang an, bevor er in den dunklen Flur verschwand.
    Etwas nagte an mir, hungrig und voller Sehnsucht.
    Als er fort war, saß ich auf der Couch und überlegte hin und her, ob ich ihm nun in die Waschküche hinterhergehen sollte oder nicht. Schließlich siegte die Vernunft. Ich brachte die Suppenschalen in die Küche und ging dann wieder zurück ins Wohnzimmer, um das Sammelsurium auf dem Kaminsims etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich wollte verstehen, was es mit diesem Werwolf namens Beck auf sich hatte, dem das Haus gehörte. Der Sam aufgezogen hatte.
    Das Wohnzimmer sah genauso aus, wie das Haus von außen gewirkt hatte: gemütlich und bewohnt. Viel Karo, viel Rot und dazwischen dunkle Holzakzente. Die eine Wand bestand fast vollkommen aus hohen Fenstern, durch die der mittlerweile dunkle Winterabend unerlaubt einzudringen schien. Ich kehrte den Fenstern den Rücken zu und betrachtete ein Foto auf dem Kamin: über das Bild verteilte Gesichter, die in die Kamera lächelten. Es erinnerte mich an das Foto von Rachel, Olivia und mir, und ich spürte den Verlust wie einen kleinen Stich, bevor ich mich wieder auf die Gesichter konzentrieren konnte. Von den sechs Leuten auf diesem Foto fiel mein Blick sofort auf Sam. Eine etwas jüngere Version von Sam mit sommerlich gebräunter Haut. Neben ihm stand das einzige Mädchen auf dem Bild, ungefähr in seinem Alter, mit weißblondem Haar bis über die Schultern. Sie war auch die Einzige, die nicht in die Kamera lächelte. Stattdessen sah sie Sam so eindringlich an, dass sich mir der Magen zusammenzog.
    Eine sanfte Berührung am Hals ließ mich herumfahren, bereit, mich zu verteidigen. Sam machte einen Satz nach hinten, lachte und hob die Hände. »Ganz ruhig!«
    Ich schluckte das Knurren hinunter, das mir im Hals saß, und kam mir etwas albern vor, als ich mir die immer noch prickelnde Stelle rieb, wo Sam mich geküsst hatte. »Beim nächsten Mal machst du dich besser bemerkbar.« Ich deutete auf das Foto. Das namenlose Mädchen neben ihm stand auf meiner Beliebtheitsskala noch immer ziemlich weit unten. »Wer ist das?«
    Sam ließ die Hände sinken, trat hinter mich und nahm mich in den Arm. Seine Kleider rochen sauber und seifig; seine Haut verströmte seit seiner Beinaheverwandlung zuvor einen Hauch von Wolfsgeruch. »Shelby.« Er legte die Hand auf meine Schulter, schmiegte seine Wange an meine.
    »Sie ist hübsch.« Ich bemühte mich, es unverfänglich klingen zu lassen.
    Sam knurrte, sanft und wild zugleich, und in mir spannte sich alles an vor Sehnsucht. Er presste mehr den Mund auf meinen Hals, als dass es ein Kuss war. »Ihr seid euch schon begegnet, weißt du?«
    Man musste nicht gerade Sherlock Holmes sein, um darauf zu kommen. »Die weiße Wölfin.« Und dann fragte ich ihn einfach, ich wollte es eben wissen. »Warum guckt sie dich so an?«
    »Ach, Grace«, stöhnte er und nahm die Lippen von meinem Hals. »Ich hab keine Ahnung. Sie ist - ach, ich weiß auch nicht. Sie denkt, sie sei in mich verliebt. Sie will in mich verliebt sein.«
    »Warum denn?«, fragte ich.
    Er lachte auf, aber fröhlich klang es nicht. »Warum fragst du mich so was Kompliziertes? Ich weiß es nicht. Sie hat wohl ein ziemlich schweres Leben gehabt, bevor sie zum Rudel gestoßen ist. Sie ist gern eine Wölfin. Sie gehört gern dazu. Vielleicht liegt es an dem engen Verhältnis, das ich zu Beck habe - sie denkt wahrscheinlich, wenn wir zusammen wären, würde sie noch mehr dazugehören.«
    »Es ist durchaus möglich, sich wegen deiner Persönlichkeit in dich zu verlieben«, verkündete ich.
    Sein Körper spannte sich hinter mir an. »Es hat aber nichts mit meiner Persönlichkeit zu tun. Sie ist... besessen.«
    »Ich bin auch besessen«, entgegnete ich.
    Sam stieß langsam die Luft aus und ließ mich los.
    Ich seufzte. »Na, jetzt hau doch nicht gleich ab.« »Ich versuche hier gerade, mich zu benehmen.«
    Ich lehnte mich wieder an ihn und musste über seinen besorgten Blick schmunzeln. »Ganz so angestrengt musst du's ja nicht versuchen.«
    Er atmete tief ein und wartete einen schier unendlichen Augenblick, dann küsste er mich sanft auf den Hals, ein Stückchen unterhalb des Ohrs. Ich drehte mich in seinen Armen, um ihm einen Kuss auf den Mund zu geben, den

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