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Nach Dem Sommer

Nach Dem Sommer

Titel: Nach Dem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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Schmerz und die Kälte schnitt mir in die Haut am Hals, mir wurde übel. Den Wolf vor mir hatte ich beinahe aus den Augen verloren und der Wolf in mir kam plötzlich immer näher.
    »Sam!«, rief Grace. Sie hielt mich am Hemd fest, zwang mich, stehen zu bleiben, und warf ihren Mantel über mich. Ich hustete, rang nach Luft und versuchte, den Wolf, der in mir aufstieg, wieder hinunterzuschlucken. Grace schlang die Arme um meinen schlotternden Körper und schimpfte: »Was hast du dir nur dabei gedacht? Was hast du nur -«
    Sie sprach den Satz nicht zu Ende. Sie zog mich mit sich zurück durch den Wald, beide stolperten wir, meine Knie gaben immer wieder nach. Ich wurde langsamer und langsamer, besonders als wir am Graben anlangten, doch Grace zauderte keinen Augenblick und zerrte mich am Ellbogen bis zum Bronco.
    Im Auto vergrub ich mein eisiges Gesicht an ihrem warmen Hals und ließ mich unkontrolliert zitternd in ihre Arme sinken. Ich spürte jede einzelne meiner Fingerspitzen, jeden einzelnen Nadelstich, der schmerzhaft in ihnen pochte.
    »Was machst du denn nur?«, fuhr Grace mich an und drückte mich so fest an sich, dass ich kaum noch atmen konnte. »Sam, das kannst du nicht machen! Da draußen ist es eiskalt! Was hattest du überhaupt vor?«
    »Ich weiß es nicht«, murmelte ich an ihrem Hals, die Fäuste zum Aufwärmen zwischen uns geballt. Ich wusste es wirklich nicht. Alles, was ich wusste, war, dass Jack ein unbekanntes Risiko darstellte und dass ich ihn weder als Mensch noch als Wolf einschätzen konnte. »Ich weiß es nicht«, wiederholte ich.
    »Sam, das ist es nicht wert«, sagte Grace und drückte ihr Gesicht fest an meine Wange. »Und wenn du dich verwandelt hättest?« Ihre Hände schlossen sich eng um meine Handgelenke, ihre Stimme klang plötzlich rau. »Was hast du dir nur dabei gedacht?«
    »Gar nichts«, antwortete ich der Wahrheit entsprechend. Ich lehnte mich zurück. Endlich war mir so warm, dass ich zu zittern aufhörte. Ich presste die Hände gegen die Lüftung. »Tut mir leid.«
    Eine ganze Weile lang hörte man nichts als das unregelmäßige
    Grollen des Motors im Leerlauf. Dann sagte Grace: »Heute hat mich Isabel angesprochen. Jacks Schwester.« Sie hielt inne. »Sie sagte, sie hätte mit ihm geredet.«
    Ich antwortete nicht, drückte meine Finger nur noch fester an die Lüftungsschlitze, als könnte ich die Wärme körperlich greifen.
    »Trotzdem kannst du nicht einfach hinter ihm herrennen. Mittlerweile ist es viel zu kalt und außerdem ist es das Risiko nicht wert. Versprich mir, dass du so was nie wieder machst, ja?«
    Ich senkte den Blick. Wenn sie so klang wie jetzt, konnte ich ihr einfach nicht in die Augen sehen. »Und was war jetzt mit Isabel?«, wollte ich wissen. »Was hat sie noch gesagt?«
    Grace seufzte. »Ich weiß auch nicht. Sie weiß, dass Jack am Leben ist. Sie glaubt, die Wölfe haben was damit zu tun. Und sie glaubt, dass ich etwas weiß. Was machen wir jetzt?«
    Ich stützte die Stirn auf die Hände. »Keine Ahnung. Wenn Beck doch nur hier wäre.«
    Dabei musste ich an die zwei einsamen Briefumschläge in seinem Postfach denken und an den Wolf im Wald und meine Fingerspitzen, die noch immer prickelten. Vielleicht war Beck ja auch hier.
    Die Hoffnung schmerzte noch mehr als die Kälte.
    Womöglich war es gar nicht Jack, nach dem ich hätte suchen sollen.

  Kapitel 31 - Sam (12°C)
    N achdem ich mir einmal eingestanden hatte, dass Beck noch immer ein Mensch sein könnte, war ich besessen von dieser Vorstellung. Ich schlief schlecht, meine Gedanken kreisten um alle nur erdenklichen Möglichkeiten, wie ich ihn aufspüren könnte. Auch Zweifel mischten sich darunter - jedes andere Rudelmitglied hätte die Post holen oder Milch kaufen können -, aber ich konnte einfach nicht aufhören, darüber nachzudenken. Schließlich siegte die Hoffnung.
    Am nächsten Morgen plauderten Grace und ich beim Frühstück über alles Mögliche: ihre Mathehausaufgaben - Analysis, ein Thema, mit dem ich absolut nichts anfangen konnte -, ihre reiche, abgedrehte Freundin Rachel und darüber, ob Schildkröten eigentlich Zähne hatten; in Wirklichkeit aber dachte ich nur an Beck.
    Als ich Grace an der Schule abgesetzt hatte, versuchte ich mir noch eine Weile einzureden, dass ich nicht schon längst wieder auf Becks Haus zusteuerte.
    Er war nicht da. So viel wusste ich.
    Aber es konnte schließlich nicht schaden, mich noch einmal zu vergewissern.
    Auf dem Weg dachte ich über das nach, was Grace

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