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Nach Dem Sommer

Nach Dem Sommer

Titel: Nach Dem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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nicht nach mir. »Nein. Nein. Die sind gebissen worden. Beck, die sind gebissen worden.«
    Ich wandte mich ab, verschränkte die Hände hinter dem Kopf, drehte mich wieder um, um die drei anzusehen. Der Junge zitterte immer heftiger, aber seine Augen verfolgten jede meiner Bewegungen. Hilfe. »Verdammt, Beck. Was hast du gemacht? Was zum Teufel hast du gemacht?«
    »Bist du fertig?«, fragte Beck ruhig.
    Ich drehte mich wieder weg, kniff fest die Augen zu und öffnete sie wieder. »Fertig? Wie sollte ich denn fertig sein? Beck, die verwandeln sich.«
    »Ich sage gar nichts dazu, bevor du dich nicht beruhigt hast.«
    »Beck, siehst du das hier?« Ich lehnte mich gegen den Tahoe und sah zu dem Mädchen hinein, das sich mit den Fingern in die Fußmatte krallte. Sie war vielleicht achtzehn und trug ein enges Batikshirt. Langsam ging ich ein paar Schritte rückwärts, weg vom Wagen, als würden sie dadurch verschwinden. »Was soll das alles?«
    Hinten im Auto fing der Junge an zu stöhnen, er vergrub sein Gesicht in den gefesselten Händen. Seine Haut wurde dunkel, als er sich tatsächlich zu verwandeln begann.
    Ich drehte mich weg. Ich konnte das nicht mit ansehen. Ich wollte mich nicht daran erinnern, wie es sich angefühlt hatte in diesen ersten Tagen. Die Hände noch immer hinter dem Kopf verschränkt, drückte ich mir die Arme über die Ohren, fest wie ein Schraubstock, und sagte immer wieder »Verdammt! Verdammt! Verdammt!«, so lange, bis ich mir sicher war, dass sein Wimmern aufgehört hatte. Es waren noch nicht einmal Hilfeschreie; vielleicht spürte er, dass Becks Haus zu abgeschieden lag, als dass ihn jemand hören würde. Vielleicht hatte er aber auch einfach schon aufgegeben.
    »Hilfst du mir, sie ins Haus zu bringen?«, fragte Beck.
    Ich fuhr herum und sah einen Wolf, der sich noch von Kabelbinder und T-Shirt befreite, zusammenzuckte und knurrte, als das Batikmädchen zu seinen Füßen wimmerte. In dem Augenblick aber war Beck schon mit einem Satz im Wagen, geschmeidig wie eine Raubkatze, und hatte den Wolf auf den Rücken geworfen. Mit einer Hand griff er nach der Schnauze des Tiers und starrte ihm in die Augen. »Komm ja nicht auf die Idee, Ärger zu machen«, zischte er dem Wolf zu. »Du hast hier nichts zu melden.«
    Beck ließ die Schnauze des Wolfs los, dessen Kopf mit einem dumpfen Geräusch auf der Fußmatte aufschlug, völlig ergeben. Der Wolf fing wieder an zu zittern; binnen Kurzem würde er sich wieder zurückverwandeln.
    Mein Gott. Das konnte ich nicht mit ansehen. Es war so schlimm, als müsste ich es selbst immer und immer wieder durchmachen. Irgendwann wusste man nicht einmal mehr, in welchem Körper man gerade steckte. Ich sah weg, zu Beck. »Du hast das so geplant, oder?«
    Beck lehnte sich an den Rahmen, als lägen da nicht ein zuckender Wolf und ein wimmerndes Mädchen hinter ihm. Und der dritte -, der bewegte sich immer noch nicht. War er tot?
    »Sam, das ist wahrscheinlich mein letztes Jahr. Ich glaube nicht, dass ich mich nächstes Jahr zurückverwandeln werde. Es war dieses Jahr schon schwierig genug, ein Mensch zu bleiben. Ich bin froh, dass ich mich überhaupt verwandelt habe.« Er sah, wie mein Blick zu den verschiedenfarbigen Kragen an seinem Hals huschte, und nickte. »Wir brauchen dieses Haus. Das Rudel braucht es. Und das Rudel braucht Leute, die es beschützen. Die sich noch verwandeln können. Das weißt du doch. Auf normale Menschen können wir uns nicht verlassen. Wir können uns nur selbst beschützen.«
    Ich sagte nichts.
    Er seufzte tief. »Das ist auch dein letztes Jahr, Sam, stimmt's? Ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass du dich dieses Jahr überhaupt zurückverwandeln würdest. Als ich mich verwandelt habe, warst du immer noch ein Wolf, und das hätte eigentlich umgekehrt sein sollen. Ich weiß nicht, warum du nur so wenig Zeit hast. Vielleicht wegen dem, was deine Eltern dir angetan haben. Das ist echt eine Schande. Du bist der Beste von allen.«
    Ich sagte nichts und ich hätte auch gar nicht den Atem dazu gehabt. Ich konnte nur auf die eine Stelle starren, wo Beck ein bisschen Blut im Haar hatte. Es war mir vorher gar nicht aufgefallen in seinem kastanienbraunen Haar, aber das Blut hatte eine einzelne Strähne zu einem dicken Strang verklebt.
    »Sam, wer hätte denn sonst auf das Rudel aufpassen sollen? Shelby vielleicht? Wir brauchten einfach mehr Wölfe. Mehr Wölfe, die noch ganz am Anfang stehen, dann ist das Problem für die nächsten acht oder zehn Jahre

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