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Nach Dem Sommer

Nach Dem Sommer

Titel: Nach Dem Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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Zimmertür nichts anhaben konnte. Ihre Schlüssel klimperten, als sie auf den Boden fielen. Leise vor sich hin fluchend, hob sie sie auf und warf sie wieder auf den Papierstapel. »Hast du schon gegessen? Mir ist so nach was zum Knabbern. Bei dem Ausflug haben wir Paintball gespielt! Dads Firma hat uns eingeladen.«
    Irritiert sah ich sie an. Die Hälfte meines Gehirns war immer noch mit Shelby beschäftigt, die ums Haus strich und Sam, oder auch mich, belauerte. Oder uns beide, während wir zusammen waren. »Wegen der Gruppendynamik, oder wie?«
    Mom gab keine Antwort. Sie riss den Kühlschrank auf und fragte: »Haben wir was da, was ich beim Fernsehen essen kann? Mein Gott, was ist denn das?«
    »Eine Schweinelende, Mom. Die gibt's morgen.«
    Sie schüttelte sich und machte den Kühlschrank wieder zu. »Sieht aus wie eine gekühlte Riesenschnecke. Sollen wir zwei einen Film gucken?«
    Ich sah an ihr vorbei den Flur hinunter und hielt nach Dad Ausschau, aber der Flur blieb leer. »Wo ist denn Dad?«
    »Der ist mit den neuen Kollegen was trinken gegangen. Du tust ja so, als würde ich nur fragen, weil er nicht da ist.« Mom veranstaltete ein ziemliches Getöse in der Küche, schüttete sich schließlich eine Schüssel Cornflakes ein und ließ die Schachtel offen auf der Arbeitsplatte stehen, während sie schon in Richtung Couch unterwegs war.
    Es gab eine Zeit, da hätte ich die seltene Gelegenheit, mich mit Mom auf die Couch zu kuscheln, begeistert ergriffen. Aber jetzt kam sie damit zu spät. Jemand anderes wartete auf mich.
    »Ich fühl mich nicht besonders«, erwiderte ich. »Ich glaube, ich gehe lieber früh schlafen.«
    Mir war nicht klar gewesen, dass ich gehofft hatte, sie würde ein enttäuschtes Gesicht machen, bis es ausblieb. Sie sprang nur auf die Couch und schnappte sich die Fernbedienung. Ich war schon im Begriff zu gehen, als sie noch sagte: »Übrigens, lass bitte keine Müllsäcke an der Hintertür stehen, ja? Da haben schon Tiere drin herumgewühlt.«
    »Okay«, antwortete ich. Ich hatte das Gefühl, genau zu wissen, welches Tier das gewesen war. Ich überließ sie ihrem Film, suchte meine Schulsachen zusammen und schleppte das Ganze hinüber in mein Zimmer. Als ich die Tür öffnete, fiel mein Blick auf Sam, der sich in mein Bett gekuschelt hatte und im Schein der Nachttischlampe ein Buch las, ganz selbstverständlich, als gehörte er dorthin. Er musste gehört haben, wie ich hereinkam, aber er sah nicht auf, sondern las erst das Kapitel zu Ende. Mir gefiel es, wie er beim Lesen dalag, vom Winkel, in dem er den Kopf über die Seiten beugte, bis hinunter zu seinen Füßen in den dicken Wollsocken.
    Endlich legte er den Finger als Lesezeichen ins Buch, schlug es zu und lächelte zu mir auf. Die zusammengezogenen Augenbrauen verliehen ihm seinen gewohnt bekümmerten Gesichtsausdruck. Einladend streckte er den Arm aus. Ich ließ meine Schulbücher aufs andere Ende des Betts fallen und legte mich zu ihm. Mit einer Hand hielt er das Buch fest, mit der anderen strich er mir übers Haar, und so lasen wir die letzten drei Kapitel gemeinsam. Es war ein eigenartiges Buch, in dem alle Menschen außer dem Protagonisten und seiner Freundin von der Erde entführt worden waren. Und diese beiden mussten nun entscheiden, ob es ihre letzte Mission sein sollte, die anderen Menschen zu finden, oder ob sie die Erde für sich behalten und sie ganz in Ruhe wiederbevölkern sollten. Als wir fertig waren, rollte sich Sam auf den Rücken und starrte an die Decke. Langsam zog ich mit den Fingern Kreise auf seinem flachen Bauch.
    »Wie würdest du dich entscheiden?«, fragte er.
    In dem Buch hatten die Hauptfiguren nach den anderen gesucht, nur um schließlich getrennt zu werden und allein zu enden. Aus irgendeinem Grund ließ Sams Frage mein Herz ein wenig schneller schlagen und ich knüllte eine Handvoll seines T-Shirts in der Faust zusammen.
    »Blöde Frage«, entgegnete ich.
    Sams Mundwinkel kräuselten sich.
    Erst viel später wurde mir klar, dass Olivia mich nicht zurückgerufen hatte. Als ich bei ihr anrief, sagte mir ihre Mutter, sie sei immer noch unterwegs.
    Eine leise Stimme in mir rief: Unterwegs? Wo denn? Wo soll man denn in Mercy Falls schon hingehen?
    In dieser Nacht träumte ich von Shelbys Gesicht an meinem Fenster und Jacks Augen, die mich im Wald anblickten.

  Kapitel 33 - Sam (5°C)
    I n dieser Nacht träumte ich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder von Mr Darios Hunden.
    Ich wachte auf, zitternd und

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