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Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Nach dem Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Farris Smith
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weggehen. Nicht ohne dich. Nicht ohne Evan und Brisco. Heute Nacht, wenn es ruhiger wird, steigen wir alle vier in den Wagen und fahren hier weg, und zwar so schnell wir können. Und egal, wohin wir dann kommen, ich werde dich dort nicht verlassen. Aber du musst mir etwas versprechen.«
    Ihr ängstlicher Gesichtsausdruck verschwand. »Was?«
    »Ich sagte, du musst mir etwas versprechen.«
    »Okay, okay, was denn versprechen?«
    Er nahm die Hände von ihren Schultern und fasste sie an den Armen. »Dass du mich nicht verlässt.«
    Sie ergriff seine Hände. »Das werde ich nicht.«
    Es war, als ob sich im Zimmer ein Fenster geöffnet hätte. Er trat von ihr zurück, und sie zog sich weiter an. Sie schlüpfte in die Jeans, knöpfte das Hemd zu und zog das Sweatshirt mit der Kapuze über. Dann setzte sie sich aufs Bett.
    Er zog seine Socken und Stiefel an und sagte, er wolle rausgehen und Charlie suchen, und wenn er ihn nicht fand, würde er woanders Benzin besorgen. Vielleicht kann der Wirt uns ja dabei helfen. Er zog noch ein Hemd über und dann die Jacke. Er lief durchs Badezimmer und klopfte an Evans Tür. Evan rief »herein«. Er lag mit Brisco im Bett, bis oben hin zugedeckt, und sie schauten sich einen Zeichentrickfilm an, in dem eine Katze eine Maus jagte.
    »Ich gehe kurz mal raus«, sagte Cohen.
    Weder Evan noch Brisco nahmen ihn zur Kenntnis. Also ging er ins Zimmer und stellte sich direkt vor den Fernseher.
    »Ich sagte, ich gehe kurz mal raus. Ich versuche, etwas Benzin aufzutreiben. Und schau mal nach, ob ich Charlie finde. Wenn ich zurück bin, müsst ihr mir helfen, einiges in den Wagen zu laden.«
    »Warum das?«, fragte Evan.
    »Weil wir heute Nacht losfahren. Es wird eine Flaute geben, und die müssen wir ausnutzen.«
    »Soll ich jetzt mitkommen?«
    Cohen schüttelte den Kopf. »Nein, du bleibst bei ihm.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Entspann dich. Mariposa ist nebenan. Wenn ihr Hunger habt, geht runter und esst etwas. Aber ihr wollt bestimmt nichts im Fernsehen verpassen, schätze ich.«
    Evan hatte die letzte Bemerkung gar nicht mitbekommen, er starrte schon wieder auf den Bildschirm. Cohen schüttelte den Kopf, schloss die Tür und verließ das Zimmer. Als er die Treppe hinabstieg, stellt er sich vor, wie schön es doch wäre, ganz woanders zu sein.

41
    Der Besitzer des Cafés war nicht da, also überquerte Cohen den großen Platz. Er ging um das Haus herum, in dem Charlie wohnte, und stellte fest, dass die Tür verschlossen war. Er klopfte an, aber niemand antwortete. Wahrscheinlich konnte Charlie es auch gar nicht hören, wenn er sich im obersten Stockwerk aufhielt. Also lief er weiter, um jemanden zu suchen, der ihm einen Tipp geben konnte, wo es Benzin zu kaufen gab.
    Charlie saß oben hinter dem Fenster und sah zu, wie Cohen das Café verließ und herüber kam. Aber dann verschwand Cohen in der Gasse neben dem Haus, und Charlie entschied, dass er jetzt nicht mit ihm sprechen wollte. Er wollte nicht, dass Cohen hereinkam und ansehen musste, was er hier sah.
    Das Haus war ein Anlaufpunkt für ihn und seine Männer, seit er mit seinem Lastwagen zwischen hier und der Zone südlich der Linie hin- und herpendelte. In der ansonsten leeren Wohnung standen nur einige Klappstühle und Feldbetten, leere Bier- und Schnapsflaschen lagen auf dem Boden. Der Holzboden wölbte sich, und das Badezimmer funktionierte nur manchmal.
    Charlie stand auf und sah nach dem Mann auf dem Bett. Es war der einzige Mann, der ihm geblieben war, nachdem sie die anderen auf dem Parkplatz vor dem Casino erschossen hatten. Er lag da seit zwei Tagen und verblutete langsam, langsamer, als es Charlie recht war. Er war in den unteren Rücken und an der Schulter getroffen worden, nun lag er im Sterben. Charlie hatte versprochen, Hilfe zu holen, aber sie wussten beide, dass es die nicht gab. Am ersten Tag hatte Charlie auf ihn eingeredet und behauptet, dass sie bald schon einen ganzen Laster mit Geld hätten. Und dass sie das Geld jetzt mit weniger Leuten teilen mussten. Ich kann auch nichts daran ändern, dass sie plötzlich von überall herkamen wie gottverdammte Hornissen. Die haben die ganze Zeit dort rumgehockt und auf uns gewartet. Alle wissen, dass der Bagger uns das Tor zum Gelobten Land öffnen kann. Wenn wir fünf Minuten länger durchgehalten hätten, wären wir durchgekommen. Nur ein Schuss noch.
    Ansonsten saß Charlie die ganze Zeit am Fenster, beobachtete den Sturm und überlegte, wie er wieder zurückfahren und ohne seine

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