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Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Nach dem Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Farris Smith
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schon drübergefahren.«
    »Und warum hat es dann so lange gedauert, bis wir hier hergekommen sind?«
    »Weil es nicht meine erste Wahl war.«
    »Da kommen wir niemals rüber«, sagte Mariposa.
    »Wir können es, und wir werden es tun.«
    Cohen fasste ihre Hand und drückte sie.
    »Vergiss nicht, Charlie, wenn wir ertrinken, dann kriegst du dein Geld nicht.«
    Charlie nahm einen Schluck aus dem Flachmann und dachte nach.
    Der Lastwagen wurde vom Wind hin und her geworfen. Der Fluss vor ihnen schien anzuschwellen, während sie zusahen. Weder die Brücke noch das andere Ufer waren zu erkennen.
    »Wir müssen abwarten«, sagte Cohen. »Das ist ein reißender Strom.«
    »Bitte«, sagte Mariposa.
    »Wir müssen einfach in einem Schwung durch«, sagte Charlie.
    »Blödsinn«, sagte Cohen. »Wir müssen ein Stück zurück und abwarten oder einen anderen Weg nehmen.«
    »Das geht schon.«
    »Das geht nicht, verdammt«, schrie Cohen, fasste über Mariposa hinweg und verpasste dem alten Mann einen Stoß. Charlie ließ den Flachmann fallen und rutschte zurück. Sie fingen an, miteinander zu ringen, über Mariposa hinweg, die schrie, sie sollten damit aufhören. Ihre Stimme klang schrill. Sie hielten sich fest, zerrten aneinander, und dann stieß Charlie den Lauf der Pistole gegen Cohens Ohr.
    »Tu das nicht wieder, Cohen, sonst wird es dir leidtun«, sagte Charlie.
    Cohen bewegte sich nicht. Mariposa wurde still.
    »Jetzt beruhigt euch. Alles ist in Ordnung.«
    »Ist es nicht.«
    »Halt den Mund, verdammt noch mal!«
    Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper und wiegte sich vor und zurück, während sie beobachtete, wie das Wasser über die Brücke und die Straße strömte.
    »Tu das Ding weg«, sagte Cohen. Der Lauf der Pistole berührte noch immer sein Ohrläppchen.
    »Ich nehme sie jetzt weg«, sagte Charlie. »Aber kein Scheiß mehr, verstanden? Wir bleiben sitzen. Warten ab. Und dann werden wir über diese Brücke fahren.«
    Er nahm die Pistole von Cohens Ohr weg. Cohen lehnte sich zurück.
    Mariposa drückte sich an ihn und legte ihren Kopf gegen seine Brust. Sie fing an, vor sich hin zu reden, und sagte, lieber Gott, hol uns hier raus, hol uns hier raus, bitte.
    »Tu das nicht«, sagte Cohen mit zusammengebissenen Zähnen, aber Charlie ignorierte ihn.
    Cohen senkte den Kopf auf ihre Schulter. Er war angespannt und verzweifelt. Ein weiterer Windstoß, und es fühlte sich an, als wollte der Laster umkippen. Cohen merkte, dass er es wieder getan hatte. Er war wieder dabei, eine Frau an einem Ort zu verlieren, an den er sie niemals hätte bringen dürfen.
    Eine Seite der Brüstung der Brücke bog sich, brach ab und verschwand im reißenden Strom. Charlie drehte sich zu ihm um, und im schwachen Schein des Armaturenbretts wirkte sein betrunkenes, bösartiges Grinsen wie das eines Dämons aus der Unterwelt. Er hob die Waffe an, um Cohen zu verdeutlichen, dass er sie nicht weggelegt hatte.
    Cohen schüttelte müde den Kopf.
    Charlie sagte: »Auf geht’s«.
    Er legte den Gang ein und trat auf das Gaspedal.
    Der Lastwagen tauchte in den Fluss ein, und sofort spürten sie den Druck des Wassers. Verdammt, stieß Charlie hervor, als er überrascht feststellte, wie stark die Strömung wirklich war. Er ließ den Flachmann fallen und umklammerte das Lenkrad. Der Laster wurde nach links geworfen, dorthin, wo die Brüstung fehlte. Charlie gab weiter Gas, und der Motor gab ein gurgelndes Geräusch von sich. Dann bäumte sich die Brücke unter ihnen auf, und der hintere Teil des Lasters sank nach unten. Die drei Insassen kippten nach hinten und starrten nun nach oben, als hätte jemand ihnen den Stuhl weggezogen. Mariposa schrie, während Charlie wild am Lenkrad drehte, als würde das noch etwas bringen. Der hintere Teil des Lasters schwang herum, aber der vordere Teil blieb irgendwo hängen und bewahrte sie davor, weggeschwemmt zu werden. Wasser drang ein und überflutete den Fußboden, die Scheinwerfer strahlten in den Himmel. Cohen schob Mariposa zurück, beugte sich über sie und schmetterte seine rechte Faust in Charlies Gesicht. Charlie brüllte auf wie ein verwundeter Bär und ließ die Pistole fallen. Cohen duckte sich, um danach zu suchen, aber in diesem Moment wurde der hintere Teil des Lasters von der Kabine abgerissen, kippte zur Seite und verschwand im reißenden Fluss.
    Die Kabine fiel auf die Fahrerseite, und Mariposa und Cohen lagen jetzt auf Charlie, zappelten panisch herum, verhedderten sich und kämpften gegeneinander.

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