Nach dem Sturm: Roman (German Edition)
Hände unter die Achseln geschoben. Seine Kleider waren noch immer feucht, und er konnte nicht spucken, selbst wenn er es wollte. Sein Mund war ausgetrocknet, seine Kehle schmerzte, und die Muskeln an Bauch und Brust waren verspannt. Er zitterte, weil er Fieber hatte. Am liebsten wäre er gerannt, aber das war sicher keine gute Idee. Im Gestrüpp bewegte sich was. Er erstarrte, und das Ding im Gebüsch erstarrte ebenfalls. Am Ende der Straße kniete er sich hin und ruhte sich kurz aus. Dann stand er auf und lief weiter. Auf dem zweispurigen Highway kam er besser voran, hier gab es keinen Schlamm und keine tiefen Pfützen.
Er ging immer weiter. Nach einer Stunde hoffte er, die Hälfte des Weges zurückgelegt zu haben. Als er an einer Geißblatthecke vorbeikam, blieb er stehen und steckte seinen Kopf hinein, öffnete den Mund und schüttelte die Zweige. Das Regenwasser spritzte in sein Gesicht, und er leckte die erfrischenden Tropfen auf wie ein durstiger Hund. Das Wasser rann über die Blätter in seinen Mund und seine Kehle und linderte für einen kurzen Moment das Fieber. Er ging weiter den Zaun entlang und schüttelte weitere Zweige, um seinen Durst zu stillen. Dann setzte er sich ein paar Minuten hin, bevor er weiterging. Nach einer Stunde konnte er seine Zufahrt sehen. Nun ging er schneller, denn er wusste, dass dort Wasserflaschen auf ihn warteten, trockene Kleider, ein Fläschchen mit Aspirin und ein trockener Ort, wo er sich hinlegen konnte. Halb ging er, halb rannte er, humpelnd wie ein Krüppel, weil seine kalten, nassen Füße halb taub geworden waren. Aber der Gedanke, endlich wieder zu Hause zu sein, trieb ihn an. Er erreichte die Zufahrt und eilte über den roten, glitschigen Matsch, so schnell, wie sein schmerzender Körper es zuließ. Aber als er die Einfahrt zu seinem Grundstück erreichte, sah er die Reifenspuren und die offen stehende Tür, und seine freudige Erwartung wandelte sich in Verzweiflung.
Vor dem Haus blieb er stehen, spähte in alle Richtungen und horchte.
Als der Kopf des Hundes in der Tür erschien, ging er auf ihn zu. Sie trafen bei den Treppenstufen zusammen, er strich dem Hund über den Kopf, ging an ihm vorbei und trat ins Haus.
Das Feldbett und die Decken im vorderen Zimmer waren weg, die Schranktür stand offen, das Gewehr und sein schwarzer Regenmantel waren verschwunden. Die Radiatoren, die er mit dem Strom aus den Generatoren antrieb, um zu heizen, waren ebenfalls weg. Er humpelte in die Küche. Die Kühlbox mit den Wasserflaschen war nicht mehr da, die Regale waren geleert worden. Alle Dosen fehlten. Alle Packungen waren fort. Er kniete sich hin und öffnete die unteren Schränke, und das wenige, das er dort verstaut hatte, war noch da, sogar ein gutes Dutzend Wasserflaschen. Er macht eine auf, trank sie leer, warf sie zur Seite und öffnete die nächste. In einer alten, längst vergessenen Flasche war noch etwas Whiskey. Er schraubte sie auf und nahm einen Schluck. Es brannte in der Kehle und wärmte ihn. Er nahm noch einen Schluck und verzog das Gesicht. Dann setzte er sich auf den Boden und wartete ab, dass der Schnaps seine Wirkung tat. Er durchsuchte die unteren Schränke, aber da war nichts zu essen, weil er alle Nahrungsmittel zur Sicherheit weiter oben aufbewahrte. Er stand auf und zog die Schublade auf, in der er die Medikamente verstaut hatte, Verbandszeug, Antibiotika, Wundsalben, Tabletten. Sie war leer; nur ein kleines Fläschchen Aspirin, das nach hinten gerutscht war, hatten sie nicht entdeckt. Mit zitternden Händen gelang es ihm, die Kappe abzunehmen. Er schob sich eine Handvoll der kreideartigen Tabletten in den Mund und spülte sie mit Wasser hinunter.
Er zitterte jetzt noch mehr, als er in den vorderen Raum zurückging. Dort zog er die nassen Kleider aus, während der Hund ihm dabei zusah. Er ging in den Flur zum Kleiderschrank und stellte fest, dass einige, aber nicht alle seine Sachen verschwunden waren. Er nahm eine Jeans heraus, Socken und zwei langärmlige Hemden, zog alles an und schaute den Flur entlang. Die Gipswände, mit denen er die Eingänge zu den Schlafzimmern verbarrikadiert hatte, waren zerschlagen und aus den Türöffnungen gebrochen worden. Er verfluchte sich, weil er die Wände eingebaut, aber nicht verputzt hatte. Was zum Teufel nützte es, eine Zimmertür unsichtbar zu machen, wenn man die Wand nicht einheitlich strich? Blöde Idee, wirklich. Er ging zurück ins vordere Zimmer, zog die nassen Stiefel an, lief den Flur entlang und
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